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FUSSBALL: Richtig oder falsch? 7 Mythen über Kunstrasenplätze im Faktencheck

FUSSBALL

Richtig oder falsch? 7 Mythen über Kunstrasenplätze im Faktencheck

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    Der Kunstrasenplatz in Veitshöchheim, eines von acht künstlichen Fußball-Spielfeldern in Würzburg und Umgebung.
    Der Kunstrasenplatz in Veitshöchheim, eines von acht künstlichen Fußball-Spielfeldern in Würzburg und Umgebung. Foto: Julien Becker

    In diesem Frühjahr werden Fußballer in der Region oft im Dauereinsatz sein. Der Grund: Wegen der Witterungsverhältnisse vor allem im Herbst 2023 wurden zahlreichen Spiele abgesagt. Die Konsequenz ist eine große Menge an Nachholspielen.

    Besser dran sind Vereine, die über Kunstrasenplätze verfügen. Sie müssen weniger Absagen und können in der kalten Jahreszeit besser trainieren.

    Bezirksspielleiter Bernd Reitstetter hat bereits an die Vereine appelliert, sich solche Kunstrasenplätze zuzulegen. Allerdings ist bei denen manches anders als bei den üblichen Rasenspielfeldern. Sieben Mythen über die künstlichen Spielfelder im Faktencheck

    1. Kunstrasenplätze sind teurer als normale Sportplätze

    Stimmt. Gunter Fleischhacker, der seit rund 30 Jahren Geschäftsführer und Gesellschafter einer Sportplatzbau-Firma im Würzburger Stadtteil Lengfeld ist, sagt: "Die Neuerrichtung eines Kunstrasens kostet zwischen 500.000 und 600.000 Euro, bei einem Naturrasen sind es 200.000 bis 250.000 Euro." Bemerkenswert: Vor etwa einem Jahrzehnt waren die Preise nur etwa halb so hoch.

    2. Ein Kunstrasen muss alle zwölf bis 15 Jahre erneuert werden

    Stimmt im Prinzip. Allerdings muss nach den ersten zwölf bis 15 Jahren kein komplett neuer Sportplatz angelegt werden. "Für den Aufbau eines Kunstrasenplatzes braucht es verschiedene Schichten. Drainage, Schotterschicht, elastische Tragschicht, dann kommt das Kunstrasenelement obendrauf", erklärt Gunter Fleischhacker. Ist das Spielfeld nach 15 Jahren abgenutzt, muss dann lediglich die oberste Schicht ersetzt werden. Die elastische Schicht, also der Untergrund, halte etwa 40 bis 45 Jahre.

    Der oberste Schicht eines Kunstrasenplatzes, wie dieser hier in Veitshöchheim, muss in der Regel nach etwa 15 Jahren erneuert werden.
    Der oberste Schicht eines Kunstrasenplatzes, wie dieser hier in Veitshöchheim, muss in der Regel nach etwa 15 Jahren erneuert werden. Foto: Julien Becker

    3. Kunstrasenplätze sind ökologisch fragwürdig

    Stimmt in geringerem Maße als früher. Hauptkritikpunkt von Umweltschützern war das sogenannte "Infill". Also das Material, das zwischen den aus Polyethylen – einem thermoplastischen Kunststoff – bestehenden Halmen aufgefüllt wird, um den Platz weich zu halten. Dieses "Infill" besteht bei Tausenden von Kunstrasenplätzen in Deutschland aus einem Granulat, das aus alten Autoreifen gewonnen worden und als Mikroplastik eingestuft ist. "Durch Wind, Regen und die Schuhe und Kleidung der Sportler gelangen die kleinen Kunststoffteile in die umliegende Natur. Von dort werden sie in umliegende Gewässer und letztlich auch ins Meer geschwemmt", schreibt die Stiftung "Ökotest" auf ihrer Homepage.

    Gunter Fleischhacker (Archivbild) führt seit fast 30 Jahren die von seinem Vater 1959 gegründete Firma für Sportplatzbau im Würzburger Stadtteil Lengfeld.
    Gunter Fleischhacker (Archivbild) führt seit fast 30 Jahren die von seinem Vater 1959 gegründete Firma für Sportplatzbau im Würzburger Stadtteil Lengfeld. Foto: Claudia Schuhmann

    Allerdings ist die Verwendung des Mikrogranulats aus Autoreifen seit 2020 verboten. "Seitdem werden andere Materialien verwendet wie Sand oder Kork, also ein nachwachsender Rohstoff", erklärt Fleischhacker. Auch seien die Hersteller bemüht, dem Umweltgedanken anderweitig Rechnung zu tragen, indem sie Produkte aus CO2-neutraler Herstellung verwendeten oder wiederverwendbare Materialien benutzten. Mit der Zeit werde so das für die Umwelt schädliche Gummigranulat verschwinden.

    4. Die Einrichtung von Kunstrasenplätzen überfordern die Vereine finanziell

    Stimmt nicht, wenn seriös geplant und kalkuliert wird. "Das war eine gewaltige Investition", sagt Jochen Mill, Sportleiter beim Fußball-Landesligisten TuS Frammersbach zum Bau des Kunstrasenplatzes in der Spessart-Marktgemeinde im Jahr 2014. "Zwischen 330.000 und 360.000 Euro" habe das künstliche Spielfeld gekostet. "Trotz einiger Zuschüsse und zinsgünstiger Kredite musste der Verein das größtenteils selbst stemmen, was auch durch die Unterstützung von Sponsoren gelungen ist."

    Genaueres zu den Modalitäten der Förderung ist beim Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) zu erfahren: "Der Freistaat Bayern fördert die Neuerrichtung von Kunstrasenplätzen durch Sportvereine mit einem Zuschuss und ggf. mit einem Darlehen. Der Zuschuss-Fördersatz liegt zwischen 20 und 55 Prozent und ist abhängig davon, in welcher Kommune der Verein seinen Sitz hat", schreibt Katharina M. Schwarz, Mitglied der BLSV-Geschäftsleitung, auf eine Anfrage dieser Redaktion. Neben der staatlichen Förderung könnten Vereine oft auch mit finanzieller Unterstützung durch Kommune oder Landkreis rechnen.

    Bei der TuS Frammersbach haben sie den Schritt, den Platz zu errichten, jedenfalls nicht bereut, betont Jochen Mill. Zehn Jahre nach der Inbetriebnahme seien die entstandenen Verbindlichkeiten weitgehend abgebaut.

    5. Kunstrasenplätze nützen nur dem Vereinssport

    Stimmt oft, aber nicht immer. Die meisten Kunstrasenplätze werden von Vereinen unterhalten, die selbst darüber entscheiden, ob sie die Sportstätte anderen überlassen. Es gibt aber auch kommunale Kunstrasenflächen, zum Beispiel in Aschaffenburg, Schweinfurt oder Kitzingen.

    In Kitzingen ist der Platz in der Sickershäuser Straße öffentlich zugänglich: "Der Kunstrasenplatz wurde hauptsächlich für die Allgemeinheit, zur Stärkung der Siedlung, gebaut. Allein aus diesem Grund war hier eine Förderung möglich. Es war zudem immer schon beabsichtigt, dass die örtlichen Vereine in den Abendstunden und teilweise am Wochenende den Platz benutzen dürfen", heißt es in der Antwort der Stadt Kitzingen auf die Anfrage dieser Redaktion.

    In der Schweinfurter Willi-Kaidel-Straße liegt der Schwerpunkt der Nutzung zwar auf dem Vereinssport, doch auch der Schulsport spielt eine Rolle. "Die Plätze werden auch für den Schulsport von den Schweinfurter Mittelschulen, den Walther-Rathenau-Schulen, der Wilhelm-Sattler-Realschule sowie dem Celtis-Gymnasium genutzt", heißt in einer Antwort der Stadt Schweinfurt auf eine Anfrage dieser Redaktion.

    6. Vereine machen sich mit der Vermietung von Kunstrasenplätzen im Winter die Taschen voll

    Stimmt nicht. Wenn im Winter Naturrasenplätze nicht bespielbar sind, vermieten Betreiber von Kunstrasenplätzen – also Vereine oder Kommunen – zwar ihre Sportplätze oft an andere Klubs, die dort Trainingseinheiten absolvieren oder Spiele austragen. "Finanziell lohnend ist das nicht", sagt Jochen Mill aus Frammersbach und verweist auf die hohen Baukosten.

    Im Jahr 2012, als dieses Bild entstand, hat Jochen Mill den Bau des Kunstrasenplatzes in Frammersbach mit angestoßen. Heute ist der Sportleiter der TuS Frammersbach mit dem Projekt rückblickend zufrieden.
    Im Jahr 2012, als dieses Bild entstand, hat Jochen Mill den Bau des Kunstrasenplatzes in Frammersbach mit angestoßen. Heute ist der Sportleiter der TuS Frammersbach mit dem Projekt rückblickend zufrieden. Foto: Yvonne Vogeltanz

    Dass diese Aussage zutreffend ist, unterstreicht ein Rechenbeispiel aus Kitzingen, wo die Kommune je nach Benutzer Mietkosten von zehn bis 50 Euro pro Stunde in Rechnung stellt. Geht man von einer Durchschnittsmiete von 25 Euro pro Stunde aus, müsste die Kommune den Platz fast drei Jahre lang rund um die Uhr vermieten, um die einst entstandenen Baukosten von 622.000 Euro zu decken. "Wie die meisten Sportanlagen, kann auch der Kunstrasenplatz nicht rentabel betrieben werden. Dafür müsste er jeden Tag fast komplett belegt sein", schreibt die städtische Pressestelle.

    7. Vereine mit Kunstrasenplätzen haben einen Wettbewerbsvorteil

    Stimmt. "Insgesamt hat sich die Investition aber gelohnt, es gibt kaum noch Spielabsagen im Winter. Außerdem haben sich die Trainingsbedingungen verbessert. Zudem hat es unserem Hauptplatz gutgetan, der nun wesentlich weniger beansprucht wird", sagt Jochen Mill von der TuS Frammersbach.

    Auch sind "Kunstrasen-Mannschaften" in der Region sportlich durchaus erfolgreich. So führt mit der DJK Hain ein Team die Bezirksliga West an, das ausschließlich auf Kunstrasen spielt. Weitere Teams, die über einen Kunstrasen verfügen und ihre Klassen anführen sind: der SV Kürnach (Kreisliga Würzburg 1), der Würzburger FV 04 II (Kreisliga Würzburg 2), der TSV Gerbrunn (Kreisklasse Würzburg 1), der TSV Erlabrunn (Kreisklasse Würzburg 4), der TSV Bergrheinfeld II (A-Klasse Schweinfurt 1) und die SG Geesdorf I/TSV Abtswind III (A-Klasse Schweinfurt 2).

    Dass die meisten dieser Spitzenreiter aus Würzburg und Umgebung kommen, ist übrigens kein Zufall. Gibt es doch in der Domstadt und den umliegenden Landkreisgemeinden zwölf Großfeld-Kunstrasenplätze, was mehr ist als in den gesamten Fußball-Kreisen Schweinfurt und Rhön zusammen.

    In einer ursprünglichen Version war von acht Kunstrasenplätzen in Würzburg und Umgebung die Rede. Es sind aber zwölf: 3 in Würzburg (Zellerau, Dallenberg, Heuchelhof), Veitshöchheim, Thüngersheim, Erlabrunn, Gerbrunn, Estenfeld, Oberdürrbach, Rimpar, Höchberg und Kürnach. Wir haben den Artikel entsprechend geändert.

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