Bis 2021 spielte der TSV Retzbach noch in der Fußball-Bezirksliga, die Nachbarn von der anderen Mainseite vom FSV Zellingen bis 2016 in der Kreisliga. Auf den ersten Blick bot die Spielgemeinschaft, die die Fußballer beider Orte seit dem Jahr 2022 bilden, eine gute sportliche Perspektive. Doch die aktuelle Realität ist ein andere: Die erste Mannschaft der (SG) Retzbach-Zellingen rangiert derzeit auf dem letzten Platz der Kreisliga Würzburg 2. Nach der 1:3-Niederlage im Kellerduell beim FSV Esselbach-Steinmark am dritten Oktober-Wochenende trennten sich die Spielgemeinschaft und ihr Trainer Matthias Deter.

"Wir haben uns mit Matthias Deter zu einer Analyse zusammengesetzt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein neuer Impuls der Mannschaft guttun würde", erklärt Sportleiter Stefan Zull die Trennung.
Nachfolger wird der Coach der Reserve
Als Nachfolger wird erst einmal bis Saisonende Christian Schaup fungieren, der zuvor für die in der A-Klasse spielende zweite Mannschaft verantwortlich gewesen war. Ihm zur Seite steht der ehemalige Spieler Hannes Bauer, der zuvor schon Matthias Deter assistiert hatte. Am Sonntag, 3. November, feiern Schaup und Bauer ihre Heimpremiere mit dem Kreisliga-Team, das ab 14 Uhr in Zellingen den SV Veitshöchheim empfängt.
Deter selbst, der das lange Wochenende über Allerheiligen zu einem Südtirol-Kurzurlaub genutzt hat, betont, dass er die Entscheidung nachvollziehen könne: "Die Trennung war eine Vernunftentscheidung. Ich bin ohne Groll gegangen."

Zull verweist darauf, dass das gegenwärtige Team nur noch wenig mit der Retzbacher Mannschaft zu tun habe, die sich vor etwas mehr als drei Jahren in der wegen der Corona-Pandemie abgebrochenen Saison mit dem Abstieg aus der Bezirksliga verabschiedet hat. "Von der Bezirksliga-Mannschaft sind nur noch Dominic Heßdörfer, Thawatchai Pimsay und Markus Steigerwald übrig. Die Qualität von damals ist nicht mehr da", macht der Sportleiter klar, der zuvor dieselbe Funktion beim TSV Retzbach innehatte und sich bei der neuen Spielgemeinschaft den Posten mit dem Zellinger Benedikt Drescher teilt.
Darüber hinaus spielt Routinier Tobias Hehrlein nicht mehr regelmäßig für die Mannschaft. Gleiches gelte für Torjäger Manuel Wohlfart. Der frühere Retzbacher Frederik Köstler ist mittlerweile ein Leistungsträger beim Tabellenführer FV Helmstadt.
Personeller Aderlass
Doch damit nicht genug mit dem personellen Aderlass: Über die Jahre hat eine Reihe von Fußballern das Team verlassen, um anderswo Spielertrainerposten anzutreten – etwa der beste Torschütze der Vorsaison, Mario Hartmann, der zu seinem Heimatverein SG Laudenbach-Himmelstadt zurückgekehrt ist. Ferner bekleiden nun Manuel Rumpel und Wiliam Vielwerth Spielertrainerposten beim FV Wernfeld/Adelsberg bzw. bei der (SG) FC Karsbach.
So hatte Matthias Deter sein Traineramt zu Beginn dieser Saison bereits unter schwierigen Bedingungen angetreten. "Ich hatte gute Fußballer, aber viele sind eben sehr jung", so der Ex-Coach. Bei den Niederlagen gegen die Spitzenteams FV Helmstadt und FV Gemünden/Seifriedsburg etwa habe seine Mannschaft ihr Potenzial angedeutet und lange Zeit ordentlich mitgespielt.
Zu wenig Torgefahr
"Was uns oft gefehlt hat, war eben ein Knipser", sagt Deter rückblickend, dass die Mannschaft insgesamt zu wenig Torgefahr ausgestrahlt habe. Eine Einschätzung, die von der Statistik gestützt wird: Mit 17 Treffern hat keine Mannschaft in der Klasse weniger Tore als die (SG) Retzbach-Zellingen erzielt. Neue Spieler seien schwer zu bekommen gewesen, weil Nachbarvereine wie der FV Thüngersheim oder der SV Veitshöchheim gerade in die Kreisliga aufgestiegen waren und Spieler deshalb wenig wechselwillig gewesen seien.

Beim ersten Spiel unter Christian Schaub am Sonntag beim Tabellendritten TSV Neuhütten-Wiesthal setzte sich die bisherige Tendenz fort. Das Gästeteam hatte das Team anfangs sogar geführt und fuhr mit einer 1:3-Niederlage mit einem achtbaren Ergebnis nach Hause, nahm aber keine Punkte mit. Trotzdem sieht Sportleiter Zull die Mannschaft mit dem neuen Trainer auf dem richtigen Weg: "Christian kennt die Abläufe und die Spieler, weil er ja vorher Trainer der zweiten Mannschaft war. Man muss den Jungs einfach Zeit geben."
Ziel sei es in dieser Saison, noch die Relegationsplätze zu erreichen, so der Sportleiter. Wobei der Rückstand auf den FC Thüngen auf Relegationsrang 14 aktuell fünf Punkte beträgt. Doch Stefan Zull betont: "Das A und O ist, dass die Mannschaft zusammenbleibt – egal ob in der Kreisliga oder in der Kreisklasse."

Es gehe um den Fußballsport in Zellingen, das seit 2004 über ein schmuckes Sportgelände westlich der Marktgemeinde verfügt, und Retzbach an sich, so der Sportleiter: "Zellingen hätte heute allein wahrscheinlich gar keine Mannschaft mehr, in Retzbach würde es maximal noch für eine Mannschaft reichen. Unser Ziel ist es, möglichst viele U-19-Spieler in die Mannschaft zu integrieren", so Zull. Auf diese Art wollen sie dem Fußballsport in beiden Orten eine Zukunft geben.