„Schlachtenbummler“ nennt man laut dem Internet-Lexikon Wikipedia Fans, die Wettkämpfe ihrer Mannschaft besuchen, in der eigenen Spielstätte für einen Heimvorteil sorgen und mit ihrem Team zu Auswärtsspielen fahren. Ein solches Grüppchen hat sich auch an diesem sonnigen Samstag Ende Oktober am Würzburger Bahnhof eingefunden. In grün-weiße Schals, T-Shirts und Trikots gehüllt, warten die Handballfans der DJK Rimpar Wölfe auf den Zug, der sie nach Nürnberg bringt. Dort steigt am Abend das Frankenderby gegen den HC Erlangen.
Verhaltener Optimismus
Die Stimmung ist gut. Während Nina Cosic von der DJK-Geschäftsstelle die Fahrkarten verteilt, sind aus der rund 80 Mann starken Gruppe immer wieder „Wölfe“-Rufe zu hören. Es wird gescherzt und gelacht. Der ein oder andere gibt schon seine Prognose für das Spiel am Abend ab. Dass die Partie gegen den Erstligaabsteiger kein Zuckerschlecken wird, ist allen klar. Dennoch kommt in den Gesprächen verhaltener Optimismus auf. „Ich glaube, wir gewinnen mit einem Tor Vorsprung“, sagt ein älterer Mann. Ein anderer nickt und ergänzt scherzhaft: „Warum soll ein blindes Huhn nicht auch einmal ein Korn finden.“ Was er meint: Warum soll nicht der Underdog überraschend den Favoriten schlagen.
Dass es so nicht kommen wird, wissen die Wölfe-Anhänger zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht, und so ist die Stimmung auf der rund eineinhalbstündigen Zugfahrt gelöst und hoffnungsvoll. Wein und Sekt werden ausgepackt, ein Mitglied der Supporters verteilt grünes Konfetti – mit der Anweisung, es zu werfen, sobald die DJK-Handballer später in der Halle auflaufen.
„Ich gehe gerne zum Handball. Ich mag die familienfreundliche Atmosphäre“, sagt Rainer Fischer, der mit seiner Frau Christine in einem der Zugabteile Platz genommen hat. Die beiden wohnen in Waldbüttelbrunn. Vor rund drei Jahren, als die Wölfe noch in der Dritten Liga spielten, kamen sie durch Freikarten eher zufällig zu ihrem ersten Handballspiel – von dem neu entdeckten Sport dann aber nicht mehr weg.
So wie ihnen, geht es vielen. Was ihre Unterstützer angeht, muss sich die DJK Rimpar Wölfe wahrlich nicht verstecken. Durchschnittlich 1726 Zuschauer kamen laut einer Statistik der Handball-Bundesliga in dieser Saison bisher pro Heimspiel zu den Wölfen in die s.Oliver Arena. Von den 21 Vereinen der zweiten Liga haben nur Erlangen und der ASV Hamm-Westfalen mehr Zuschauer.
Dass die Auswärtsspiele bisher weniger gut besucht waren, liegt wohl vor allem an den großen Entfernungen. 7000 Kilometer fahren die DJK-Handballer in dieser Saison insgesamt in andere Hallen – und wieder zurück; sie müssen unter anderem nach Rostock (678 Kilometer), Bad Schwartau (548) und Nordhorn-Lingen (448). Das nur rund 120 Kilometer entfernte Nürnberg ist da eines der nahen Ziele. So haben viele Fans das von der Geschäftsstelle angebotene Paket aus Zugfahr- und Eintrittskarte für 20 Euro gerne angenommen.
So auch Brigitte Hupp und ihr Mann Gerhard. Was den Handball betrifft, sind sie alte Hasen. Als Halbschwester von DJK-Geschäftsführer Roland Sauer und Mitglied einer handballverrückten Familie, ist Brigitte quasi von Anfang an bei allen Spielen der Wölfe dabei. „Handball ist einfach ein schönes Spiel, ein schnelles Spiel“, schwärmt sie. „Manchmal zu schnell für dich“, neckt sie ihr Mann, zwinkert ihr zu und lacht. Inzwischen ist der Zug am Nürnberger Bahnhof angekommen. Zwölf Minuten Verspätung führen dazu, dass die Wölfe-Fans die geplante S-Bahn, die sie direkt zur Arena bringen sollte, verpassen. Auf die nächste zu warten, hieße, den Anwurf zu verpassen.
Taxi statt S-Bahn
Für die Anhänger ist das keine Option. So hetzen alle Richtung Bahnhofsausgang, finden sich in kleinen Gruppen zusammen und lassen sich von Taxis zur Arena, die gegenüber dem Frankenstadion liegt, bringen. Gerade noch rechtzeitig. Um 19 Uhr stehen alle im Gästeblock, die Trommeln der Supporters wummern, grünes Konfetti flirrt durch die Luft. „Ole, ole, ola – nur die DJK“, ertönen die Gesänge der Fans. Sie werden trotz der Niederlage ihrer Wölfe auf der Heimfahrt anhalten.
Denn die meisten der Mitgereisten sind stolz, dass ihre Jungs gegen den Favoriten so aufopferungsvoll gekämpft haben. Und sie blicken schon voller Vorfreude auf das nächste Frankenderby am 6. Dezember. Für das Spiel beim HSC Coburg hat Nina Cosic einen Doppeldeckerbus organisiert. Der wird vielen die Gelegenheit bieten, mit ihren Wölfen in die Schlacht zu ziehen.