Seit dem Auftakt der Fußball-Regionalliga Bayern am 15. Juli sind erst neun Wochen vergangen. Und doch hat der TSV Aubstadt schon 13 Partien und damit ein Drittel seiner zweiten Saison in Deutschlands vierthöchster Liga absolviert. Nach einem schwierigen Start mit zwei Remis aus den ersten vier Begegnungen haben sich die Grabfelder berappelt und finden sich aktuell auf dem sechsten Platz wieder - noch vor dem Drittliga-Absteiger SpVgg Unterhaching. Im Gespräch mit dieser Redaktion zieht Aubstadts Trainer Victor Kleinhenz vor dem Heimspiel an diesem Samstag, 14 Uhr, gegen Aufsteiger SC Eltersdorf eine Zwischenbilanz. Er spricht darüber, warum die Anfangsphase der Saison auch ihr Gutes hatte, legt sich für die nächsten Wochen auf einen Torwart fest und beantwortet die Frage, ob der TSV das Saisonziel korrigieren sollte.
Herr Kleinhenz, Sie hatten vor der ersten von Ihnen begonnenen Saison beim TSV Aubstadt gewiss Ihre Vorstellungen, was auf Sie zukommen würde und was Sie erreichen wollen. Sehen Sie sich auf dem richtigen Weg?
Victor Kleinhenz: Auf einem sehr ordentlichen sogar. Dabei muss ich anfangen beim Verein. Wir haben ein hervorragendes Umfeld und Miteinander. Diese Plattform ist die Voraussetzung für uns als Mannschaft. Wir haben uns als Trainerteam sehr gut gefunden. Die medizinische Abteilung in Verbindung mit den Athletiktrainern macht einen klasse Job, sodass wir wenige Verletzungen haben und unsere Mannschaft immer auch ziemlich spät wichtige Tore erzielt und Spiele dreht. Die Jungs sind topfit und spritzig. André Betz, Christopher Bieber und ich hatten ja zuletzt gar nicht so viel Training. Unsere Hauptaufgabe lag im Austausch über den Kader und die Aufstellung. Wir drei sehen das aus verschiedenen Blickwinkeln und daraus entstehen kreative Ideen und nachvollziehbare Entscheidungen. Es harmoniert wirklich einwandfrei. Wir bekommen von Gegnern immer das Feedback, wir hätten eine einzigartige Stimmung in der Mannschaft.
Haben Sie eine Erklärung dafür?
Kleinhenz: Keine Ahnung, wie sie das hinkriegen. Da wirken vor allem auch unsere Altbewährten, besonders die Kapitäne Dominik Grader und Daniel Leicht, mit. Das ist schon beeindruckend bei 16 Neuzugängen die letzten zwei Jahre, wie sie die positive Aubstädter Verrücktheit weitertragen und die Neuen das aufnehmen. Das bringt uns über die Saison so zehn bis 15 Punkte. Sportlich haben wir uns auf die Fahne geschrieben, flexibler sein zu wollen, ohne an Stabilität zu verlieren. Wir können aus verschiedenen Situationen Torchancen kreieren, kriegen das mit gepflegtem Spielaufbau und mit Umschaltaktionen hin, zuletzt auch aus Standardsituationen. Arbeiten wollen wir an der Effizienz und uns in kleinen Schritten verbessern.

Gefühlt verschenkte oder geschenkte Punkte: Gleicht sich alles in einer Saison aus oder liegt man diesbezüglich im Minus? Sprich, könnte man noch besser stehen als Platz sechs mit 20 Punkten?
Kleinhenz: Darüber mache ich mir eigentlich wenig Gedanken und ich glaube, die Mannschaft auch nicht. Was mir stattdessen wichtig ist, wie die Mannschaft umgegangen ist mit dieser Anfangsphase, die mit hochkarätigen Gegnern und dem einen oder anderen Spiel gespickt war, in dem die Punkteausbeute nicht optimal war. Ich finde, wenn man so eine Phase durchsteht, dann gibt es einem sehr viel Kraft und Glaube an die eigenen Stärken und ich glaube, davon werden wir die gesamte Saison über profitieren.
Sie haben bei der allgemeinen Terminhatz mit sieben Englischen Wochen inklusive der drei Pokalspiele nie geklagt und dasselbe von Ihren Spielern berichtet.
Kleinhenz: Ja, das kann ich nur noch einmal bestätigen. Freilich sind wir jetzt auch froh, dass wir mal durchschnaufen können und wieder mehr Trainingseinheiten zur Verfügung haben. Aber während dieser ersten Saisonphase hat bei allen die Freude überwogen. Alle drei, vier Tage ein Spiel nach der langen Corona-Pause, es war wirklich alles in Ordnung. Acht Werktags-Auswärtsspiele mit den bekannten Entfernungen Richtung Südbayern und am nächsten Tag wieder an die Arbeit oder ins Studium und nie hat einer gemurrt.

Wie beurteilen Sie die Neuzugänge? Haben sie die Mannschaft besser gemacht?
Kleinhenz: Ich kann nur sagen, absolut zufriedenstellend. Wenn man sich mal Joshua Endres, Philipp Harlaß und Leon Heinze vorstellt, dann ist das nicht so einfach, wenn man aus dem Regionalliga-Profifußball kommt. Da geht man auf einmal wieder dem Beruf oder Studium nach und muss sich erst darauf ein- und umstellen. Genauso, wenn man bedenkt, dass einer von Borussia Dortmund oder Rot-Weiss Essen kommt – und dann nach Aubstadt. Das machen sie wirklich gut. Dass sie sportlich Riesen-Verstärkungen sind, darüber braucht man gar nicht erst zu reden. Da werden wir noch viel Spaß haben. Björn Schönwiesner macht große Fortschritte und stellt sich, genauso wie Julian Schneider, zu tausend Prozent in den Dienst der Mannschaft. Oder Max Schebak: Ich glaube, es gibt keinen in Aubstadt, der sich nicht darüber freut, dass er wieder da ist. Er hat sportlich schon gezeigt, was er zu leisten imstande ist.
Es gab Stimmen, die bedauerten, dass man Julius Benkenstein nach elf Jahren beim TSV Aubstadt ziehen ließ.
Kleinhenz: Diese Stimmen sind natürlich absolut verständlich. Er hat eine Ära beim TSV Aubstadt geprägt, von der Landesliga bis in die Regionalliga, wie nur ganz wenige andere. Dass er sich nach der Verletzung in der Vorbereitung und der großen Konkurrenz entschieden hat, den Verein zu wechseln, ist sehr schade, aber auch irgendwo nachvollziehbar.

Die Torwartfrage war zu Saisonbeginn beantwortet und stellte sich doch wieder. Gibt es eine Antwort?
Kleinhenz: Wir sind glücklich, zwei Torhüter zu haben, die in der Vergangenheit schon Regionalliga-Erfahrung haben sammeln können. Sie haben ihre individuellen Stärken, sowohl Lukas Wenzel als auch Julian Schneider. Julian Schneider hat das am Anfang der Saison auch sehr ordentlich gemacht, wird wegen seiner Schulterverletzung aber noch sechs bis acht Wochen fehlen. Deshalb ist die Antwort die, dass Lukas Wenzel die nächsten Wochen im Tor steht. Lukas Wenzel hat sich am Anfang als Nummer 2 sehr vorbildlich verhalten und war sofort da und präsent auf dem Platz. Wir sind glücklich, dass wir die Beiden haben, ebenso den Torwarttrainer Christian Mack, der die Schwächen bearbeitet und die Stärken stärkt.
Ingo Feser war in der vergangenen Saison als Verteidiger und Außenbahnspieler der Torjäger der Mannschaft. Warum ist er das momentan nicht mehr?
Kleinhenz: Er hatte in der Vorbereitung und Anfangsphase immer wieder mit Problemen im Adduktoren-Bereich zu kämpfen. Wer ihn kennt, weiß, dass er einen sehr hohen Anspruch an sich selbst hat. Das führt dann oft dazu, dass man die nötige Lockerheit vermissen lässt. Die letzten Wochen waren aber sehr positiv. Er war aus meiner Sicht ein absolutes Vorbild, hat sich auf die Einfachheit des Spiels besonnen und sich so aus der Phase herausgeholt. Wir werden in Zukunft sicher wieder von der Torgefahr eines Ingo Feser profitieren.
Überrascht Sie die Positionierung mancher vorher hoch gewetteten Mannschaft?
Kleinhenz: Die hoch gewetteten sind schon im oberen Drittel. Was mich überrascht, sind die Punktverluste der Schweinfurter, weil man in den Spielen gegen uns immer den Eindruck hat, dass sie für uns und die Liga zu stark sind. Ich finde aber, sie haben eine sehr gute Mannschaft und ein gut funktionierendes Trainerteam und kann mir sehr gut vorstellen, dass sie noch mit einer Siegesserie in den Aufstiegskampf eingreifen können.
Bleibt es beim Saisonziel, so schnell wie möglich den Klassenerhalt zu sichern oder wird man es irgendwann korrigieren oder ergänzen?
Kleinhenz: Dabei bleibt es, übergeordnet. Die Mannschaft hat intern im Trainingslager vor der Saison ein ambitionierteres Ziel ausgearbeitet. Auch da sind wir im Bereich des Möglichen. Ansonsten wollen wir am Samstag gegen Eltersdorf vor großer Kulisse mit einem attraktiven Spiel gegen einen Gegner, der mit breiter Brust und zuletzt guten Ergebnissen (Anmerkung der Redaktion: Die Elf von Bernd Eigner hat dreimal in Folge gewonnen) anreisen wird, gewinnen.