In dieser Woche hat der TSV Großbardorf die Vorbereitung auf die restlichen elf Spiele in der Fußball-Landesliga Nordwest aufgenommen. Nach dem überraschenden Rücktritt von Mario Schindler im November und der Interimslösung mit Urgestein Manuel Leicht leitete mit Robin Keiner erstmals der neue Cheftrainer der Grabfeld-Gallier die Übungseinheiten. Der 34-jährige Thüringer, der in Zella-Mehlis wohnt und in Oberhof als Physiotherapeut arbeitet, kehrt somit nach über 15 Jahren zurück nach Großbardorf. Dort war er in der Regionalliga-Saison 2008/09 als 18-Jähriger kaum zum Einsatz in der ersten Mannschaft gekommen und anschließend nach Thüringen gewechselt.
Nach dem verletzungsbedingten frühen Ende seiner Spielerkarriere übernahm Keiner bereits mit 28 Jahren den Trainerjob bei der SpVgg Geratal, die sich unter seiner Führung in den vergangenen Jahren in der Thüringenliga etablierte. Warum es den Thüringer nun zurück nach Unterfranken zog, was den TSV Großbardorf von der SpVgg Geratal unterscheidet und warum er eng mit dem deutschen Biathlon-Team zusammenarbeitet, verrät Keiner im Interview.
Frage: Was hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Sie im Winter Ihren Vertrag in Geratal aufgelöst und sich stattdessen für den TSV Großbardorf entschieden haben?
Robin Keiner: Bei mir haben sich in den letzten Monaten bei der SpVgg Geratal bereits einige Kleinigkeiten angestaut, mit denen ich nicht nicht hundertprozentig zufrieden war. Das wusste auch der Verein. Dabei ging es in erster Linie um meinen eigenen Anspruch, der mit den Ansprüchen des Vereins nicht mehr ganz übereingestimmt hat. Nach vielen Jahren Abstiegskampf wollte ich aber einfach auch einmal eine andere Zielsetzung als nur den Klassenerhalt haben. Wenn dann ein ambitionierter Landesligist wie der TSV Großbardorf anfragt, muss man schon gut überlegen, ob man das ablehnen kann. Ich bin damals als Spieler nach einem Jahr wieder weg aus Großbardorf und ehrlicherweise kamen dann einige Jahre später schon Gedanken, wie es gewesen wäre, wenn ich mich damals dort durchgebissen hätte. Den Vorwurf möchte ich mir als Trainer in einigen Jahren nicht noch einmal machen müssen.
Was reizt Sie an der Aufgabe in Großbardorf?
Keiner: Der TSV Großbardorf ist für mich ein Verein, der eine gewisse Tradition und selbst bei uns in Thüringen einen Namen hat. Die ambitionierten Zielen des TSV, oben mitspielen zu wollen und auch in die Bayernliga aufsteigen zu können, haben mich am Ende einfach gereizt.
Geratal und Großbardorf sind beides kleine Gemeinden. Inwiefern unterscheiden sich beide Vereine voneinander?
Keiner: Das soll jetzt auf keinen Fall despektierlich gegenüber Geratal sein, aber in Großbardorf läuft alles schon alles ein bisschen professioneller ab. Insgesamt steckt dort einfach mehr ein Plan dahinter und es ist mehr Qualität in der Mannschaft vorhanden. Bei Geratal hatten wir viele regionale Spieler, die zuvor auf Kreis- und Bezirksebene gespielt haben. In Großbardorf gibt es hingegen Spieler, die schon Regional- oder Bayernliga gespielt haben und zum Teil in der Jugend bei Vereinen wie Greuther Fürth waren. Fußballerisch sind diese Spieler logischerweise besser ausgebildet als jemand, der aus der Bezirks- oder Kreisliga kommt. Hinzu kommt die über Jahre gewachsene, starke Nachwuchsarbeit in Großbardorf, aus der ein Großteil immer wieder den Sprung in die erste Mannschaft schafft.
Welche Erinnerungen haben Sie, wenn Sie an Ihre Zeit als Spieler in Großbardorf zurückdenken?
Keiner: Ich war damals gerade 18 und wollte ganz einfach zu früh zu viel. Mit ein paar Jahren Abstand und aus jetziger Trainersicht ist es völlig verständlich, dass ich zu diesem Zeitpunkt relativ wenig gespielt habe. Aber als 18-Jähriger verstehst du natürlich nicht, warum du mit nach München oder Mannheim fährst und dann nur auf der Bank sitzt. Das hat in mir damals Frust ausgelöst und ich wollte einfach wieder mehr spielen, weshalb ich nach einem Jahr zurück nach Thüringen bin.
Eine Erfahrung, die Ihnen als Trainer im Umgang mit jungen Spielern durchaus hilfreich sein kann.
Keiner: Definitiv. Für meine persönliche Entwicklung war diese Erfahrung sicher nicht schlecht. Ich kann mich daher gut in die Situation der jungen Spieler hineinversetzen, wenn sie nicht spielen und ihnen dann auch den einen oder anderen Rat geben. Als junger Spieler in der ersten Mannschaft muss man sich erst einmal zeigen und darf nicht davon ausgehen, dass man immer gleich spielt. Oft braucht es einfach Zeit, um zu reifen, aus Fehlern zu lernen und Erfahrungen zu sammeln.
Wie ist Ihr Eindruck nach den ersten Trainingseinheiten?
Keiner: Die Jungs sind hochmotiviert und vor allem sehr kommunikativ. Das ist ebenfalls ein großer Unterschied zu meiner letzten Trainerstation in Thüringen. Es wird deutlich mehr gesprochen, was mich als Trainer natürlich freut. Man kann das den Spielern aber nicht aufzwingen, sondern dafür muss man einfach der Typ sein.
In dieser Saison dürfte angesichts von 16 Punkten Rückstand auf Relegationsplatz zwei nach oben nichts mehr gehen. Welche Ziele haben Sie sich kurz- und mittelfristig gesteckt?
Keiner: Ich schaue aktuell überhaupt nicht auf die Tabelle, sondern möchte im nächsten halben Jahr der Mannschaft erst einmal meine Spielphilosophie näher bringen. Wichtig ist mir vor allem, dass wir agieren und nicht reagieren. Bis so ein neues System richtig funktioniert, wird es sicherlich Rückschläge geben. Da ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass wir im Mittelfeld der Tabelle nicht mehr groß nach oben schauen müssen.
Neben dem Fußball spielt auch Biathlon eine große Rolle in Ihrem Leben. Wie kam es dazu?
Keiner: Ich komme aus Zella-Mehlis und bin daher quasi im Schnee groß geworden. Unsere Region ist sehr Biathlon-begeistert und daher hatte ich immer schon mit Biathlon und Langlauf zu tun. Vor sieben Jahren kam dann ein Angebot des Deutschen Skiverbandes (DSV), der einen Physiotherapeuten gesucht hat, und so bin ich damals zum Biathlon gekommen. Zunächst war ich im IBU-Cup für die zweite Mannschaf zuständig und nun kümmere ich mich schon seit drei Jahren um das Weltcup-Team.
Die Terminkalender von Biathlon und Amateurfußball überschneiden sich manchmal. Wie bekommen Sie beide Aufgaben unter einen Hut?
Keiner: Beim Biathlon besteht das medizinische Team aus fünf, sechs Leuten. Mitte des Jahres teilen wir uns dann immer die Saison auf, wobei ich versuche, hauptsächlich im Dezember, Januar und zum Teil auch noch Anfang Februar beim Biathlon zu sein. Dadurch lässt sich der Job ganz gut mit meiner Trainertätigkeit vereinbaren, auch wenn ich in der Wintervorbereitung beim Fußball schon immer wieder einmal fehlen werde.
Trifft man Sie im Winter auch selbst auf Langlaufskiern und mit dem Gewehr auf dem Rücken im Thüringer Wald an?
Keiner: Mit Gewehr eher nicht, aber ich kann mich schon auf Langlaufskiern fortbewegen (lacht). Ein technisches Vorbild bin ich aber sicher nicht. Meine Kollegen lachen mich daher immer aus, wenn sie mich auf Skiern sehen.
Müssen die Großbardorfer Spieler Angst haben, dass in der Winterpause künftig auch Trainingseinheiten auf Langlaufskiern anstehen könnten?
Keiner: Das wäre sicherlich mal interessant und auch lustig. Ohne den Jungs zu nahe treten zu wollen, ist mir da aber die Verletzungsgefahr doch zu groß.