Kilian Ort hat am Mittwoch mit 28 Jahren sehr frühzeitig sein Karriereende bekanntgegeben. Zwei Bandscheiben-Operationen konnten ihm keine Linderung der Rückenschmerzen bringen. "Ich habe alles versucht und muss einsehen, es hat keinen Sinn mehr", sagte der Spieler des Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen. Zum Zeitpunkt des Beginns seiner gesundheitlichen Probleme war er einer der besten deutschen Spieler.
Einer der zwei einzigen sogenannten Eigengewächse eines Bundesliga-Klubs. Sprich: von Kindheit an im eigenen Verein gefördert und aufgebaut. Wie in Bergneustadt um Benedikt Duda wurde in Bad Königshofen um Ort eine Mannschaft mit zunehmend besseren Spielern aufgebaut, die mit ihm von der Landesliga Nordwest bis in die Bundesliga aufstieg. Wir zeichnen entscheidende Wegmarken der Karriere Kilian Orts nach.

Die ersten Schritte als Kind
Grundlegende Voraussetzung dafür, dass sich Kilian Ort zu einem Bundesligaspieler entwickeln konnte, war wohl, dass sein Vater Josef, ja die ganze Verwandtschaft Ort mit Onkeln und Tanten in der Region eine herausragende Rolle im Tischtennis einnahmen und für den Tischtennissport leben. "Schon als Kind" erinnert er sich, "war ich oft beim Training mit in der Halle und bei allen Spielen der Frauen, Männer und Jugendlichen, die mein Vater betreute". Josef Ort ergänzt: "Ich war es keineswegs allein, der ihn trainiert hat. Es war wichtig, nichts zu übertreiben und ihn selbst finden zu lassen, was er am liebsten macht."
Die Förderung vor Ort in Bad Königshofen

Bei all den Genen und dem Talent für Tischtennis war für Kilian Ort diese Sportart von Beginn an nicht die logische und einzige. Er kickte in den Fußball-Schülermannschaften von den Minis bis zur U11 und wäre, so erinnern sich manche Altersgenossen und ehemalige Trainer, wahrscheinlich auch im Fußball ein Guter geworden. Mit sanftem Druck musste er manchmal vom Fußballplatz in die Dreifachturnhalle gelotst werden, wenn Verbandstrainer Cornel Borsos mal wieder da war und sich ihn anschauen wollte. Später war er einer der wichtigsten Förderer.
Natürlich auch der spätere Manager und Geschäftsführer der Bundesliga-Mannschaft, Andy Albert. Ein Schulfreund von Josef Ort, der Kilians Firmpate wurde. Alle erkannten, da wächst einer heran, der intensive Förderung verdient hat. Als der Jugend-Bundestrainer nach Bad Königshofen kam und wärmstens empfahl, den damals 12-Jährigen in ein Tischtennis-Internat oder zu einem Bundesliga-Verein zu schicken, beschlossen Albert und Vater Ort: "Der Bub bleibt da, das machen wir selber."
Als Teenager im Kader der Männermannschaft
Von seinem Debüt bei den Aktiven weiß Kilian Ort heute noch zu erzählen: "Ich war 13 Jahre alt und spielte in der Vorrunde in der 2. Männer-Mannschaft mit Koryphäen wie Andy Albert und Jürgen Halbig im Doppel, half dreimal in der Ersten aus." In der Rückrunde spielte er durchgehend für die erste Mannschaft in der Landesliga. Von da an ging es Jahr für Jahr eine Klasse höher. Sein sportliches Vorbild? "Das will man sich als Teenager ja nicht eingestehen, sind meine Eltern, mein Vater und sonst kein Riesen-Vorbild. Man schaut sich natürlich immer was von den Großen ab."
Kilian Ort macht national und international von sich reden

Eine Einordnung, welcher sein größter Erfolg und welches das schönste Tischtennis-Erlebnis war, fällt Kilian Ort schwer: "Das will ich jetzt nicht auf einen reduzieren. Es waren viele schöne Erlebnisse und Erfolge dabei." Tischtennis sei ja größtenteils Einzel-, aber auch Doppel- und Mannschaftssport. Dementsprechend habe Ort immer am meisten Spaß gehabt, "wenn wir als Team erfolgreich waren". Zum Beispiel Mannschafts-Gold bei der Schüler-Europameisterschaft 2011 in Kasan. "Da hatten wir einen super Team-Spirit", erinnert sich Ort.
"Schön ist es, wenn man mit Teamkollegen zusammen ist, mit denen man sich gut versteht. Das war in den letzten Jahren beim TSV immer der Fall", sagt Kilian Ort. "Schön war auch, wenn wir früher in den unteren Ligen nach den Spielen in eine Wirtschaft gingen und uns mit den Gegnern noch ausgetauscht haben. Schön waren natürlich auch die Aufstiege." Bis in die Bundesliga führte er seinen Verein.
Ein Blick zurück und Zukunftspläne

Aus heutiger Sicht hätte Kilian Ort in den vergangenen Jahren einige Dinge anders gemacht. "Es kommt halt immer darauf an, was zu welcher Zeit wichtig ist." Wäre er gesund geblieben, hätte ihn ein Wechsel durchaus einmal gereizt, sagt er: "Ich hätte gerne – mit über 30 – mal bei einem anderen Verein, nicht in der Bundesliga, sondern im Ausland, Erfahrungen gesammelt, neue Menschen und Kulturen kennen und neue Sprachen gelernt. Aber das ist ja jetzt vorbei."
Bis Ende März ist Ort noch bei der Bundeswehr beschäftigt, die sein Studium unterstützt. Was nach dem Abschluss kommen wird, weiß er noch nicht: "Es gab schon einige Leute, die mich kontaktiert haben. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Ich bin noch für vieles offen." Auch ein Job als Trainer sei vorstellbar: "Ich mache jedenfalls mal die A-Lizenz."