Drei Big Points für den FC 05 Schweinfurt: Mit dem erwachsen herausgespielten 3:1-(1:1)-Sieg beim favorisierten FV Illertissen hat die Mannschaft von Trainer Marc Reitmaier bewiesen, dass dieser fünfte Tabellenplatz in der Fußball-Regionalliga Bayern womöglich doch mehr als die viel zitierte Momentaufnahme ist. Elf Punkte Vorsprung auf die Relegation sind ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt im Abstiegskampf. Andererseits: Gegen bis dato fünf Gegner aus den Top Ten stehen drei Siege und zwei Unentschieden bei 13:2 Toren - und jetzt kommt am Dienstag (14 Uhr) Liga-Primus FC Würzburger Kickers ins Sachs-Stadion.
"Ich bleibe bei der Momentaufnahme", zeigt sich Reitmaier unbeeindruckt. "Ich rechne auch nie. Erst wenn wir die Punkte für den Klassenerhalt beisammen haben, können wir über andere Ziele reden." Dass man den Rückstand auf die Kickers theoretisch auf sechs Zähler reduzieren könnte im Derby, interessiert den 40-jährigen Würzburger dementsprechend nullkommanull. "Die Rollen sind glasklar verteilt, das ist für uns ein Bonusspiel gegen die beste Mannschaft der Liga."

Einen Tick anders sah's, wenn auch aus der Euphorie des Samstag-Sieges heraus, 05-Sportleiter Andreas Brendler. Im Mannschaftskreis schmetterte er ein kerniges "und jetzt machen wir die Roten weg" - um etwas später im Sportheim mit der alten Geschichte von der Kirche und dem Dorf etwas zu relativieren. Dass ein (Teil-)Erfolg gegen die Kickers keine Utopie sein muss, bestreitet allerdings auch Reitmaier nicht: "Wir müssen über Körperlichkeit kommen, aber wollen nicht nur deren Spiel zerstören, sondern Ballbesitzmomente haben und idealerweise mit der ersten Chance treffen."
"Wir können, Kickers muss", fasst Torjäger und Co-Trainer Adam Jabiri die Ausgangsposition für das Derby zusammen. "Für unsere Fans im Block sind diese zwei Saisonspiele die wichtigsten der Saison. Da kann man als Team Kredit aufbauen, aber auch verspielen." Und Jabiri selbst? "Ich bin heiß auf das Spiel. Ich muss aufpassen, dass ich keine Brandblasen bekomme." Die Schweinfurter dürfen sich am Montagabend auf einen extra Support der Fans freuen. Zwar ist das Stadion aus Sicherheitsgründen gesperrt, doch haben die Anhänger angekündigt, von der anderen Seite des Zauns an Platz 12 die Spieler lautstark einstimmen zu wollen.
Thomas Roetynk feiert Debüt in der Schweinfurter Startelf
Auf drei Positionen hatte Reitmaier in Illertissen die Startelf umsortiert: Der gelb-rot-gesperrte Lukas Billick fiel ebenso raus wie wegen Belastungssteuerung Adam Jabiri und Adrian Istrefi. Für Kapitän Billick blieb in der Innenverteidigung Tom Feulner, der vor Wochenfrist beim 1:1 gegen Türkgücü München den seinerzeit gesperrten und diesmal wieder mitwirkenden Luca Trslic stark vertreten hatte. Auf dem rechten Flügel feierte Thomas Roetynk, eine der drei Nachverpflichtungen aus der Internationalen Fußball-Akademie (IFA) in Ebern, sein Start-Debüt.

In der Sturmspitze rutschte Fabio Bozesan wieder rein. Und wie. Nach knapp elf Minuten von Roetynk bedient, drosch er den Ball vorbei am verdutzten FV-Keeper Felix Thiel zum 0:1 ins kurze Eck. Verdienter Lohn einer couragierten Anfangsphase der Gäste. Die auch davon profitierten, dass Illertissen gleich sieben Spieler abgingen, darunter der Ex-Schweinfurter Felix Schwarzholz. Sowie die beiden verletzten Top-Torschützen Yannick Glessing und Hannes Pöschl, die es bis dato, wie auch Flügelspieler Marco Mannhardt, auf je fünf Treffer gebracht haben.
"Im Derby gibt es keine müden Beine. Für uns ist das wie ein Pokalspiel: Amateure gegen Profis."
FC-05-Trainer Marc Reitmaier vor dem Derby gegen die Kickers
Trotzdem bekam die Mannschaft von Holger Bachthaler Szenen. Gegen Furkan Kirciceks Schuss aus halbrechter Position machte 05-Schlussmann Lukas Wenzel artistisch den Flieger (24.). Nach einer Kilic-Ecke jedoch fasste er nicht entschlossen genug zu, Niklas Jeck durfte zum 1:1 abstauben (37.). "Wir haben in dieser Phase zu viele Räume gelassen und bei Standards nicht gut genug aufgepasst", mäkelte Reitmaier. Immerhin: Kristian Böhnlein wäre zwischendurch ums Haar das 0:2 gelungen, einen 18-Meter-Freistoß hämmerte er bretthart an den rechten Pfosten (30.).

Nach der Pause sollten die Schweinfurter, so der Coach, "mehr über die Emotionen kommen" - doch das taten witzigerweise eine Viertelstunde lang eher die Illertissener, obwohl ihnen ihr Trainer Holger Bachthaler Leidenschaft für die letzten Wochen abspricht: "Andere freuen sich, wenn sie hier gewinnen, meine Mannschaft kann das nicht mal nach einem Sieg in Memmingen. Das ist bedenklich." Mannhardt scheiterte genauso kläglich an Wenzel wie wenig später Kircicek an seiner Rücklage (57.) und Darius Held am Pfosten (60.). Eine Phase, in der sich die Schweinfurter Abwehr ganz schön vorführen ließ.
Im Vorverkauf sind bereits 3000 Ticktes verkauft worden
Reitmaier reagierte, brachte nach einer guten Stunde Jabiri und den zu ihm passenden Tempospieler Taha Aksu für das unauffällige IFA-Duo Roetynk/Anapak, Adrian Istrefi für Fery - und wollte somit vor allem das Mittelfeld beleben. Eine Idee mit Pfiff: Erst traf erneut Bozesan nach einer Hänschke-Flanke zum etwas überraschenden 1:2 (77.), eine Minute später vollendete Sturm einen Jabiri-Pass eiskalt zum 1:3 und seinem zehnten Saisontor. Man könnte als Schweinfurter im Überschwang versucht sein, zu sagen: Im Stile einer Spitzenmannschaft. Für die auch noch ein Lattenkreuztreffer von Aksu zu Buche stand (90.).

"Wenn du solche Spieler bringen kannst, ist das strategisch extrem wichtig", freute sich Doppelpacker Bozesan über "die neue Frische im Spiel". Und noch mehr auf das Kickers-Spiel am Dienstag: "Wir haben Bock auf dieses Derby. Sehr viel Bock. Da wird die Hütte brennen und das haben wir uns verdient." Mit 4000 bis 5000 Fans rechnen die Schweinfurter am Feiertag - und damit mit mehr als beim Schweinfurter 2:5 im Vorjahr. Im Vorverkauf sind bereits 2500 Tickets im freien Verkauf weggegangen, die Kickers verkaufen bei ihrem Abschlusstraining das bereitgestellte Kontingent von 500 Karten an ihre Fans.
Dass die Kickers zwei Tage mehr Regenerationszeit hatten nach ihrem 1:0-Sieg bei Türkgücü München, ist Reitmaier piepegal: "Für ein Derby darf das nicht ansatzweise Gesprächsgrundlage sein. Da gibt es keine müden Beine. Für uns ist das wie ein Pokalspiel: Amateure gegen Profis." Und da hat es ja bekanntlich neben hohen Favoritensiegen auch immer mal Überraschungen gegeben.
Die Statistik des SpielsFußball: Regionalliga Bayern, MännerFV Illertissen - FC 05 Schweinfurt 1:3 (1:1)Illertissen: Thiel, Gölz (85. Omore), Jeck, Herzig, Fundel - Zeller, Held (70. Strobel) - Kricicek, Kilic (64. Katsianas-Sanchez), Mannhardt - Helmer.Schweinfurt: Wenzel - Hänschke (85. Landeck), Trslic, Feulner, N'gatie - Fery (68. Istrefi), Böhnlein - Roetynk (62. Aksu), Sturm, Anapak (62. Jabiri) - Bozesan.Schiedsrichter: Thomas Ehrnsperger (Rieden/Oberpfalz). Zuschauende: 330. Tore: 0:1 Fabio Bozesan (11.), 1:1 Niklas Jeck (37.), 1:2 Fabio Bozesan (77.), 1:3 Severo Sturm (78.).Quelle: mib