Um den derzeit treffsichersten Stürmer Deutschlands zu finden, muss man nicht nach München oder Dortmund schauen. Es genügt ein Blick in die Ortschaften Dürrfeld und Obereuerheim. Bei der dortigen Spielgemeinschaft trifft ein Angreifer in der noch recht jungen Saison 2021/22 wie am Fließband. Burhan Bayat "knipste" in sechs Spielen in der A-Klasse Schweinfurt Gruppe 4 sage und schreibe bereits 26 Mal.
Der 20-jährige Schweinfurter kann die Aufmerksamkeit, die er aktuell erfährt, nicht ganz nachvollziehen. Er macht doch einfach nur das, was er schon immer gemacht hat, wenn er auf dem Fußballplatz steht: Tore schießen. In der Jugend kickte Bayat für die TG Schweinfurt und die FT Schweinfurt. Einmal gelangen ihm 71 Tore in 21 Spielen.
"Das ist kein Verein, der mich gereizt hat."
Burhan Bayat über den FC 05 Schweinfurt
Über seinen kurzen Abstecher in der U 17 zum TSV Großbardorf rollt er nur mit den Augen. Im Grabfeld war er damals, trotz vieler Tore und für ihn unverständlich, nur für die zweite Mannschaft in der Kreisliga vorgesehen. Gefragt, warum er als großes Talent nie im Nachwuchs des FC 05 Schweinfurt gelandet ist, antwortet er selbstbewusst: "Das ist kein Verein, der mich gereizt hat."
Olle Kamellen. In der Gegenwart stellt er die Verteidiger in der A-Klasse vor für sie im Grunde unlösbare Aufgaben. Seine Geschwindigkeit, Technik und Abschlussstärke haben in der Zehntklassigkeit eigentlich nichts zu suchen. In seinem Premierenjahr im Herrenbereich, in der "Corona-Saison" 2019/21, erzielte er für Dürrfeld/Obereuerheim "nur" 16 Tore in 15 Einsätzen. "In der Zeit trainierte ich quasi nie, kam nur zu den Spielen", klärt er auf.
Der Vater dient als großes Vorbild – noch vor Lionel Messi
Sein Einstieg in die Berufswelt in der Schweinfurter Industrie und die üblichen Interessen eines Heranwachsenden hatten da Vorrang. "Da hatte ich nach 60 Minuten im Spiel manchmal schon Krämpfe." Mittlerweile ist er topfit, das Training unter Coach Olcay Epcelli, früher Spieler beim FC 05 Schweinfurt und FC Sand, sei sehr fordernd, berichtet er. "Training ist wichtig", betont Bayat, der, wenn er einen Ball sieht, unbedingt mit ihm spielen muss. "Das ist ein bisschen wie eine Krankheit", sagt er und lacht. "Fußball ist alles."
Sein Trainer kannte den überqualifizierten Torjäger vorher gar nicht. "Nur seinen Vater, den kennt aber so ziemlich jeder", erzählt Epcelli. Bayat Senior, einst gefürchteter Strafraumstürmer für die DJK Schweinfurt in der Landesliga, der mal Angebote aus der 2. Bundesliga gehabt haben soll, dient heute als Vorbild für den Filius. An den großen Namen des Weltfußballs orientiert dieser sich nämlich nicht. Ab und zu mal ein Video von Lionel Messi auf dem Handy muss aber doch sein. Mehr Leichtigkeit beim Dribbling als der argentinische Weltstar versprüht einfach keiner, sagt Bayat.
Burhan Bayats Ziel ist die "Torjägerkanone für alle"
Von Bayats Torquote kann aber selbst der sechsmalige Weltfußballer des Jahres nur träumen. Epcelli rechnete seinem Schützling vor, es könnten um die 100 "Buden" bis zum Saisonende werden. Bayat findet, er möchte lieber etwa tiefer stapeln, und nennt 70 Tore als Ziel und die "Torjägerkanone für alle" vom "Kicker", Volkswagen und dem Online-Portal "fussball.de" für den treffsichersten Spieler aller Amateurklassen in Deutschland.
Momentan führt er dort. "In der A-Klasse spielen auch nicht die allerbesten Verteidiger", sagt er, ohne dabei respektlos zu wirken. "Es ist gut, wenn man einen echten Goalgetter in der Mannschaft hat, der, wenn es mal nicht so läuft, wie es laufen soll, auch mal ein Spiel allein entscheiden kann", freut sich der Trainer, der aber auch betont: "Wir haben eine gute Mannschaft, die auch ohne Burhan Spiele gewinnen kann." Bayat sei aber ein "Bombentyp", findet Epcelli, der sich "gut ins Team einfügt", nur manchmal noch etwas geduldiger sein muss. "Er möchte vorne drinnen jeden Ball haben."
Der Traum vom höherklassigen Fußball
Derzeit steht die SG Dürrfeld/Obereuerheim auf dem zweiten Platz. Das Spitzenspiel gegen den Spitzenreiter FC Kleinsteinach ging vorletztes Wochenende verloren. Bayat vergab eine hundertprozentige Torchance, blickt er zurück. "Davon habe ich nachts noch geträumt." Am Ende der Spielzeit soll der Aufstieg stehen, egal ob direkt oder über den Umweg Relegation, darin sind sich Trainer und Stürmer einig.
Anschließend möchte Burhan Bayat seine Torjägerqualitäten höherklassig unter Beweis stellen. Bislang gab es nur Anfragen aus niedrigen Spielklassen. Landesliga traut sich der 20-Jährige auf jeden Fall zu.
Am Freitag geht es gegen die SG Forst II/SG Hausen
"Er hat alle Voraussetzungen", stimmt auch Epcelli der Einschätzung zu, mit einem – wie es sich für einen erfahrenen Trainer gehört – "aber": "Wenn er höher spielen will, muss er vom Kopf her seine Spielweise noch ein wenig umstellen."
Die Realität heißt erst mal weiterhin Toreschießen in der A-Klasse. An diesem Freitag (17.9.9 empfangen Bayat & Co. die SG Forst II/SG Hausen. Der Defensive der Gäste darf schonmal viel Glück gewünscht werden.