Mit dem 4:3 im vierten Match gegen die Eisbären Berlin wurde der letztjährige sportliche Absteiger (Frankfurt blieb nur wegen der Pleite von Schwenningen in der DEL) völlig überraschend deutscher Eishockey-Meister. "Das ist schon grausam, wenn Du da draußen stehst und nichts tun kannst", meinte Ersatz-Torwart Marc Dillmann. "Nach der Sirene sind dann erst mal alle Masken, Helme und Schläger geflogen, wir alle aufs Eis und irgend jemand hatte dann auch schon Sekt."
Ein großer Sprung vom Oberliga-Eishockey in Haßfurt zum Titel in der DEL. Denn mit Dillmann wurde nun erstmals ein Akteur deutscher Meister, der einst (in der Saison 2001/02, 43 Spiele) das Trikot der Haßfurter "Haie" getragen hatte. "Eigentlich müsste ich jetzt aufhören", lacht Dillmann, mittlerweile mit Freundin und Hund wieder entspannt auf der Terrasse im heimischen Iserlohn sitzend. "Ich war deutscher Jugendmeister mit Düsseldorf, bin mit der DEG in die DEL aufgestiegen und jetzt Champion. Da habe ich ja schon alles erreicht."
Doch Dillmann sucht trotz des unerwarteten Erfolges (die "Lions" hatten als Vorrunden-Fünfter nie Heimrecht in den Play-offs) neue Herausforderungen. "Ich werde Frankfurt verlassen, das war alles in allem nicht so ganz das, was ich erwartet hatte." Schließlich sind die Pflichtspiel-Einsätze des knapp 26-Jährigen an einer Hand abzuzählen: dreimal DEL (einmal über 60 Minuten), einmal Pokal. Und ein paar Vorbereitungsspiele. An mangelndem Können habe das nicht gelegen. Bei seinen Einsätzen bekam Dillmann gute Kritiken. "Der Ian Gordon wollte einfach immer spielen. Weil er und Trainer Rich Chermonaz sich schon aus Schwenningen kannten, durfte er das auch." In der Tat war Gordon derjenige Goalie, der mit Abstand die meisten Einsatzminuten in der gesamten DEL verbuchen konnte.
Wieder Nummer eins
Nun wird der Frankfurter Back-up also den Verein verlassen. "Ich habe gar nicht mit Frankfurt verhandelt, ich gehe lieber wieder in die Zweite Liga oder zu einem Oberliga-Spitzenklub als Nummer eins." Lose Anfragen gebe es bereits, konkret sei noch nichts. "Jetzt mache ich erst mal zwei, drei Wochen Pause, die Saison war lang und hart." Schließlich habe Dillmann wenigstens im Training "Vollgas gegeben, damit sich der Gordon etwas schonen konnte."
Als echter deutscher Meister fühlt er sich aber trotzdem. "Natürlich, auch ich habe meinen Teil dazu beigetragen. Und das haben auch meine Mitspieler, Trainer und Manager so gesehen." Ein Erinnerungsstück dafür gab es bislang nicht. "Außer einer Espresso-Maschine vom Sponsor für jeden." Keine offizielle Plakette von der DEL, eine Kopie des Pokals wird nur die Frankfurter Geschäftsstelle zieren. Es gab übrigens auch keine offizielle Meisterschaftsprämie von den "Lions". "Der Manager hat was in die Mannschaftskasse getan, das haben wir unter uns aufgeteilt", so Dillmann. "Das meiste haben die Betreuer bekommen, weil die ja sonst meist leer ausgehen."
Umso mehr werden dem Ex-Haßfurter die großen Feierlichkeiten im Gedächtnis bleiben. "Nach dem Sieg war erst die Kabine für jedermann offen. Danach sind wir alle in so eine Nobeldisco gegangen. Dort ist dann der Trainer in den Pool geflogen." Am Samstag sei frei gewesen, "um wieder nüchtern zu werden. Sonntag waren wir gemeinsam beim Edelitaliener essen." Der Höhepunkt war aber der vergangene Montag mit dem Empfang im "Römer", dem Frankfurter Rathaus und dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Anschließend wurde die gesamte Mannschaft auf dem Balkon des "Römer" von 12000 Fans gefeiert. "Das war schon ein geniales Gefühl." Und danach ins "Präsidium 1911", eine dreistöckige Frankfurter In-Disco, ehe sich das Meister-Team in alle Winde zerstreute.
Künftig wieder kleinere Brötchen zu backen, werde ihm aber keine Probleme bereiten, meint Dillmann. "In Frankfurt kam die Euphorie auch erst am Ende der Saison. In der Stadt war unser Bekanntheitsgrad wesentlich geringer, als in Haßfurt oder Peiting, wo ich zuletzt war." Man habe gemütlich Bummeln gehen können, "ohne, dass Dir einer in den Einkaufswagen schaut." Zudem hält der Goalie auch jetzt noch Kontakt zu Freunden nach Haßfurt und nimmt Anteil am Geschehen des ERC. "Ich hoffe sehr, dass die 'Haie' ihre wirtschaftlichen Probleme in den Griff bekommen und es dort in der Oberliga weiter geht."