Er kam spät, aber er kam: der Stimmungskiller. In der Nachspielzeit fing sich der FC 05 Schweinfurt tatsächlich noch den Ausgleich. Und plötzlich war es für ein paar Augenblicke gespenstisch still im Sachs-Stadion. Mit einem Sonntagsschuss zum 1:1-(0:0)-Endstand versaute Viktoria Aschaffenburg der Mannschaft von Trainer Victor Kleinhenz den "an sich perfekten Abend", wie er es nannte. Und damit auch die Generalprobe für das am kommenden Freitag anstehende Derby bei den Würzburger Kickers, die am Wochenende als einziges Spitzenteam siegten und Gewinner des 14. Spieltags sind.
Doch weil genau dieses Derby als nächstes ansteht, dieses Spiel, das die Fanlager in beiden Städten seit Jahren elektrisiert und erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit auf Augenhöhe angegangen werden kann, fanden Kleinhenz und auch die 05-Anhänger rasch zurück in den Angriffsmodus.
So wurde es auf den Rängen nach dem Schlusspfiff noch einmal laut: aufmunternde Worte und Gesänge als Motivation für eine Mannschaft, die gerade ein Déjà-vu erlebt hatte. Nach dem Pokal-1:3 in Bamberg war es die zweite Partie in Folge, in der die Schweinfurter trotz Überlegenheit nicht gewinnen konnten – und nach der sie sich aktuell eines eingestehen müssen: eine mangelhafte Chancenverwertung.

"Es wird nicht der letzte Rückschlag in dieser Saison bleiben", sagte Kleinhenz. "Aber die Mannschaft ist so gefestigt, dass sie auch diesen verarbeiten wird. Wir freuen uns jetzt darauf, als Tabellenführer nach Würzburg zu fahren." Und als überlege er kurz, ob er diese Spitze verteilen wolle, fügte der 33-Jährige mit etwas Verzug an: "Wer hätte vor ein paar Wochen gedacht, dass wir die Kickers mit einem Sieg aus dem Meisterschaftsrennen nehmen können." Immerhin hatten die am Freitagabend, nachdem nun auch die Nullfünfer 13 Spiele absolviert haben, neun Punkte netto Rückstand.
Zwei mehr hätten es sein können, wenn nicht Roberto Desch mit einem Distanzschuss auf den letzten Drücker die späte, aber hoch verdiente Führung durch Sebastian Müller (87.) egalisiert hätte. Und damit das bisher meist erfolgversprechende Konzept des 05-Trainers gekippt hätte, einen Vorsprung mit der Umstellung auf Fünferkette über die Zeit zu bringen. Wer weiß, ob mit engagiertem Nachsetzen in den Schlussminuten nicht womöglich mehr drin gewesen wäre als nur ein 1:0.
Thomann, Endres und Dellinger nur schwer zu ersetzen
Nicht der einzige Moment zum Philosophieren. Da waren noch die Wechselspiele. Kleinhenz ist ja nicht der größte Freund freiwilliger Belastungssteuerung, doch eine Woche vor dem "großen" Unterfranken-Derby musste er im "kleinen" im Vergleich zur Vorwoche auf drei Positionen tauschen: Kapitän Kristian Böhnlein durfte zentral mal wieder von Beginn an ran, Patrick Hofmann auf dem rechten Flügel, Erkältungen zwangen Joshua Endres zur Pause, Martin Thomann auf die Bank. Wo sich auch Michael Dellinger, der ungern mehr als fünf Partien am Stück über 90 Minuten gehen will, wiederfand und durch Fabio Bozesan ("hat überragend trainiert") ersetzt wurde.

Zudem ließ Kleinhenz auch den etatmäßigen Rechtsverteidiger Leonard Langhans nach auskurierter Zerrung entgegen ursprünglicher Überlegung noch draußen. Kein Ding bei der enormen Kaderdichte des FC 05. Oder doch? Die Rochaden machten sich mehr als kalkuliert bemerkbar gegen die abstiegsgefährdete Mannschaft vom Untermain, die nach der Trennung von Trainer Simon Goldhammer von Interimstrainer Tuncay Nadaroglu gecoacht wurde – und, wie in solchen Fällen nicht unüblich, mit gewaltiger Leidenschaft auftrat.
Schweinfurt trifft das Tor nicht, Aschaffenburg nur den Pfosten
Intensität und Tempo im Schweinfurter Spiel waren jedenfalls schon einmal höher. Die Mittelfeldreihe mit Müller, Endres und Thomann ist eben eine Klasse für sich – und dürfte so wohl in Würzburg wieder auflaufen. Vor der Pause waren die spielerisch klar schwächeren Aschaffenburger mit dem Pfosten-Kopfball von Niklas Meyer (4.) die unterm Strich gefährlichere Mannschaft. "Endres und Thomann haben außergewöhnliche Qualität. Thomann ist ein emotionaler Leader", sagte Kleinhenz.
Dellinger, Thomann und Langhans kamen nach einer Stunde im Dreierpack – und mit ihnen mehr Griffigkeit. Mehr Mut. Mehr Dribblings. Mehr Chancen. Und das 1:0. Das letztlich nicht zum achten Pflichtspiel-Sieg im achten Heimspiel reichte.
Fußball: Regionalliga Bayern
FC 05 Schweinfurt - Viktoria Aschaffenburg 1:1 (0:0)
Schweinfurt: Schneller - Bausenwein (60. Langhans), Frisorger, Trslic, Piwernetz - Angleberger, Fery - Müller (90.+2 Feulner), Böhnlein (90.+ 3 Wehner), Hofmann (60. Thomann) - Bozesan (60. Dellinger).
Aschaffenburg: Grün - Boutakhrit, Stein, Borger, Ehmann - Desch - Meyer (74. Obolkin), Schulz, Nene (90.+5) - Matondo (60. Sitter), Camdzic (81. Dähn).
Schiedsrichter: Marcel Krauß (FC Bayern Fladungen). Zuschauende: 1557. Tore: 1:0 Sebastian Müller (87.), 1:1 Roberto Desch (90.+4).