Osaivbie Ekogiawe, genannt Kelvin, bleibt. Vorerst. Bis die für Unterfranken zuständige Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) über seinen bereits im Juni gestellten Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis entschieden hat. Dies entschied das Würzburger Verwaltungsgericht am Montag. Später bestätigte das Bayerische Innenministerium auf Anfrage dieser Redaktion: Eine Abschiebung stehe "derzeit nicht im Raum".
Wäre auch dieser Eilantrag abgelehnt worden, hätte der bestens integrierte junge Mann wohl an diesem Dienstag in einem Abschiebeflug von München in die nigerianische Millionenstadt Lagos gesessen. Am Montagvormittag hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zunächst einen weiteren Eilantrag abgewiesen.
Aufatmen und Applaus bei den rund 150 Demonstrierenden
Zwei Stunden später Aufatmen und Applaus bei den rund 150 Demonstrierenden, als Kelvins Freundin Elisa die Mitteilung überbrachte. Sie waren zuvor vom Würzburger Barbarossaplatz zum Verwaltungsgericht in der Burkarderstraße gezogen, um ihre Stimmen gegen die drohende Abschiebung von Osaivbie Ekogiawe zu erheben. Organisiert hatte die Kundgebung die Würzburger Gruppe der "Seebrücke", eine Bewegung, die sich für eine menschenwürdige Migrationspolitik einsetzt. Kelvin selbst war der Demo ferngeblieben und hielt sich laut seiner Freundin "an einem sicheren Ort auf".

Mitspieler, Vereinskollegen, Freunde und Bekannte, aber auch viele, die nicht damit einverstanden sind, wie bayerische Ausländerbehörden mit gut integrierten Menschen umgehen, schlossen sich an. Eine im Internet gestartete Petition sammelte seit Samstag fast 4000 Unterschriften.
Kelvins Anwältin Mara Ortler hatte Elisa sofort darüber informiert, was im Inneren des Gebäudes entschieden worden war. Die ZAB werde mit diesem Beschluss des Verwaltungsgerichts "verpflichtet, den Antragsteller vorläufig bis zur unanfechtbaren Entscheidung über den am 24. Juni 2022 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht abzuschieben".

Anstatt über den Antrag zu entscheiden, hatte die Ausländerbehörde Ekogiawes Abschiebung beantragt und seinen vorherigen Status als Geduldeter Anfang September für ungültig erklärt.
Ausländerbehörde kann gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen
Florian Volk, Vereinsvorsitzender des SV Heidingsfeld, reagierte verhalten erleichtert: "Was wir alle zusammen unternommen haben, hat Erfolg gehabt. Es ist toll, so eine große Solidarität heute und in den vergangenen Tagen zu erleben. Aber es ist nur ein kleiner Schritt." Der Verein war es, der bei Facebook und Instagram Kelvins Fall öffentlich gemacht hatte.
"Die vergangenen Tage waren sehr emotional, das hat uns alle sehr mitgenommen", sagte Kelvins Mannschaftskollege Henry Libischer. Goran Despic ergänzte: "Er ist ein feiner Kerl, spricht sehr gut deutsch, ist immer freundlich und lacht. Das muss einfach gestoppt werden."
"Es ist noch nicht vorbei. Wir müssen weiter am Ball bleiben."
Mara Ortler, Würzburger Anwältin für Migrationsrecht
Allerdings kann die ZAB gegen diese Entscheidung innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München einlegen, was laut Ortler wohl passieren werde. "Stand heute ist eine Abschiebung rechtswidrig. Aber es ist noch nicht vorbei. Wir müssen weiter am Ball bleiben", sagt sie. Einen Fall wie diesen habe auch die auf Migrationsrecht spezialisierte Würzburger Anwältin "noch nicht erlebt".
Würzburger Politiker setzen sich mit Stellungnahmen für Kelvin ein
Im Laufe des Montags äußerten sich zum Fall auch zahlreiche Politiker. Der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib (Ochsenfurt) forderte in einem Schreiben an Innenminister Joachim Herrmann, "den weiteren Verbleib von Herrn Ekogiawe in Bayern rechtlich sicherzustellen".

Auch Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt bezog Stellung: "Er ist nicht nur bei seinem Verein integriert, sondern auch in seiner Heimatstadt. Das ist doch genau das, was wir wollen und was wir brauchen: Menschen, die sich integrieren, in die Gesellschaft einbringen und hier eine neue Heimat finden."
Er begrüße daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und hoffe, "dass daraus für Osaivbie Ekogiawe eine Perspektive entsteht". Das Innenministerium habe er "bereits im Nachgang zur Entscheidung angeschrieben und auf die Besonderheiten des Falles hingewiesen".
Schuchardt: Osaivbie Ekogiave ist ein Würzburger geworden
Das Innenministerium erklärte auf Anfrage, dass die zuständige Ausländerbehörde nun "aufgrund der neuen Entwicklungen vor Ort zu entscheiden" habe. Die im Gesetz dafür genannten Voraussetzungen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, so seine Anwältin, erfülle er.

Deutliche Worte richtete Schuchardt direkt an die "zuständige Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken und die politisch Verantwortlichen, hier alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um dem Einzelfall gerecht zu werden, denn Osaivbie Ekogiave ist ein Würzburger geworden". Der 20-Jährige lebt seit vier Jahren in der Stadt, hat die Mittelschule abgeschlossen und hat im September eine Ausbildung im Pflegebereich begonnen.
Erleichtert sein wollte Kelvin trotz der zunächst für ihn positiven Entscheidung nicht. Über seine Anwältin ließ er ausrichten: "Es geht mir nicht gut. Ich weiß nicht, was die Behörde von mir will. Ich habe keine Fehler gemacht, ich verstehe das alles nicht. Ich will nur Freiheit."
Mitarbeit: Angelika Kleinhenz.