17. Februar 2016, ein Mittwochabend. Traditionell als krasser Außenseiter reisten Würzburgs Erstliga-Korbjäger, die damals noch s.Oliver Baskets hießen, nach Berlin. Seth Tuttle und Dru Joyce, Lamonte Ulmer und Maurice Stuckey, Brendan Lane und Cameron Long und all ihre Kollegen vom unterfränkischen Aufsteiger in die Basketball-Bundesliga lagen zwar im Rennen um die Play-offs (die sie am Ende auch erreichen sollten) – aber ein Sieg in Berlin erschien dennoch ungefähr so realistisch wie die Existenz von kleinen grünen Männchen auf dem Mars. Mit einem sensationsgleichen 90:83-Erfolg im Gepäck machten sich die Baskets auf die Heimreise durch die Nacht. Seitdem verloren sie jedes Spiel gegen Alba, meist sehr deutlich. Der jüngste Ausflug in die Hauptstadt im April vergangenen Jahres endete mit einem 47:76.
Damals, 2016, hieß Berlins Kapitän Alex King, der in der Startformation stand und in knapp 21 Minuten vier Punkte machte, und ein Krešimir Lončar durfte eine gute Viertelstunde mitmachen, die er für fünf Punkte nutzte. Es war für die beiden die einzige gemeinsame Saison in Berlin. Lončar, der heutige Sportdirektor der Baskets, wechselte 2016 nach Würzburg. King, der 2013 aus Würzburg nach Berlin gegangen war und heute Jugend- und Regionalligatrainer der Baskets ist, heuerte im Sommer 2016 beim FC Bayern München an, ehe er 2020 zurück nach Würzburg kam und zwei Jahre später seine aktive Karriere als Bundesliga-Rekordspieler nach 638 Partien beendete.

Sitzt man dann dieser Tage im Trainingszentrum der Baskets im Büro von Manager und Trainer mit Lončar auf der Couch und fragt ihn nach seinen Erinnerungen von damals, sagt der 40-Jährige: "Ehrlich gesagt, ich habe nach all den vielen Spielen in meiner Karriere keine großen Erinnerungen mehr an dieses Spiel. Ich weiß, dass wir damals unter Trainer Sasa Obradovic eine ziemlich schwierige Saison hatten. Aber wir sind letztlich noch Pokalsieger geworden." Nach einem 67:65-Erfolg in München. Im Viertelfinale des Wettbewerbs hatten die Berliner mit einem 102:73 gegen die Baskets erfolgreich Revanche genommen für die Schmach in der Hauptrunde.
Die Chancen für die Würzburg Baskets scheinen gar nicht so aussichtslos
An diesem Samstag reisen die Baskets mal wieder nach Berlin. Zwar dürfen sie natürlich auch diesmal als Außenseiter gelten – aber ganz so aussichtslos wie eigentlich immer scheinen die Chancen für die Unterfranken vor der Partie am Sonntag (15.30 Uhr) nicht zu stehen. Nach sieben Siegen am Stück (die aktuell längste Serie in der Liga) und mit dem Selbstvertrauen, gemeinsam mit dem Zweiten Ulm die beste Auswärtsbilanz aller Bundesligisten zu haben (sechs Siege, eine Niederlage) gastieren die Würzburger als Vierter beim Fünften, der zwei Siege weniger als die bisher zehnmal erfolgreichen Gäste hat, allerdings auch zwei Spiele weniger.

Dies ist dem irrwitzigen Dienstplan des Euroleague-Teilnehmers geschuldet, der den Unterfranken freilich zupass kommen könnte. Alba war seit dem 29. Dezember fünfmal international im Einsatz und zweimal national, und nach der sonntäglichen Begegnung (für Berlin das achte Spiel innerhalb von 17 Tagen) müssen die Berliner bis zum 1. Februar noch zweimal in der Liga ran (am 28. Januar auch zum Rückspiel in Würzburg) und viermal in der Königsklasse. Heißt: 13 Spiele in 35 Tagen, permanentes Reisen durch ganz Europa inklusive – der blanke Wahnwitz.
Auch wenn es immer heißt: Die Spieler wollen lieber spielen als trainieren – so eine Arbeit im Akkord hinterlässt natürlich Spuren: Am vergangenen Sonntag kassierte Alba eine 77:97-Klatsche in Bamberg, am Dienstag ein 76:82 in Mailand, von dort aus ging es nach Frankreich zum Auswärtsspiel am späten Freitagabend (21 Uhr) in Villeurbanne bei Lyon. Etwa 40 Stunden nach Spielende ist am Prenzlauer Berg der Sprungball gegen die Baskets. Die Partie findet in der Max-Schmeling-Halle statt, weil die deutschen Handballer am Sonntag die Mercedes-Benz-Arena für ihr EM-Spiel gegen Nordmazedonien in Beschlag haben.

Zur Verstärkung der zwar äußerst talentierten, aber auch noch sehr jungen Abteilung Spielaufbau, bestehend aus den beiden 21-jährigen Italienern Gabriele Procida und Matteo Spagnolo sowie dem 22-jährigen Slowenen Ziga Samar, hat der elfmalige deutsche Meister Berlin in dieser Woche den erfahrenen Isländer Martin Hermansson nach dreieinhalb Jahren aus Valencia zurückgeholt. Der 29-Jährige gewann mit Alba 2020 das Double. Berlin hat erst eines seiner fünf Heimspiele verloren – das aber mit Karacho: Am 19. November, ein Sonntag, setzte es ein 75:108-Debakel gegen den MBC. Übrigens auch nach einem Doppelspieltag in der Euroleague in der Woche zuvor. Nun stecken den Berlinern zwei Doppelspieltage in den Knochen.
Bazoumana Koné hat die Baskets verlassenDer kurz vor Saisonbeginn verpflichtete Bazoumana Koné steht nicht mehr im Kader der Baskets. Der Deutsch-Ivorer kam angeschlagen nach Würzburg. Die Knöchelverletzung, die sich der 30-Jährige bei seinem Einsatz für die Elfenbeinküste bei der WM im Sommer zugezogen hatte, brach nach dem zweiten Saisonspiel wieder auf. Kurz nach der Genesung gegen Ende des vergangenen Jahres, verletzte er sich erneut am Knöchel – so schwer, dass laut den Baskets ein Einsatz in der laufenden Saison unrealistisch erscheint. Deshalb wurde sein bis Ende 2023 laufender Vertrag nicht verlängert. (tbr)