"Komm, setz Dich rüber! Ist doch schöner als alleine zu essen. Und dann können wir auch gleich loslegen." Lobby des "NH Hotel Las Artes" in Valencia. Felix Hoffmann stärkt sich gerade noch mit einem Sandwich, weil das Mittagessen mit der Mannschaft im Bistro des Trainingszentrums des Euroleague-Teilnehmers Valencia Basket Club, wo die Baskets ihre Einheiten abhielten, nicht sehr üppig war. Und: "Meine Nudeln waren kalt", sagt Hoffmann, grinst und schluckt den letzten Bissen runter.
Der Körper eines Hochleistungssportlers will mit ausreichend Kalorien versorgt sein, gerade in einem schweißtreibenden Trainingslager, das die Baskets an der spanischen Ostküste bezogen hatten in ihrer zweieinhalbwöchigen Spielpause. Den Tapetenwechsel hatte der gebürtige Würzburger Hoffmann schon in jenen Tagen Mitte Februar genossen ("Energie tanken"), und auch wenn ihn nach der Rückkehr aus dem sonnigen Spanien in die nasskalte Heimat eine Erkältung kurzfristig flachlegte - beim jüngsten, souveränen 95:86-Erfolg von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg in Bonn war Hoffmann wieder fit. Und durfte sich mit über 18 Minuten sogar fast fünf länger übers Parkett kämpfen als durchschnittlich in dieser Spielzeit, in der er auch bereits fünf Mal in der Anfangsformation stand.

Rollenspieler - so wird im Basketballsprech ein Spielertyp wie Hoffmann gerne bezeichnet. Heißt üblicherweise auf Deutsch: Eher einer, der die Rotation komplettiert und nicht zulange auf dem Feld ist, eher nicht in der StartingFive steht und auch eher nicht als unersetzlich gilt. Im Fall Felix Hoffmann ist das ein klein wenig anders. Er ist sich seiner Rolle bewusst und sagt: "Was ich kann und was ich nicht kann, weiß ich besser als jeder andere." Es laufen in der deutschen Premiumklasse sehr viele Athleten rum, die mit viel mehr Talent gesegnet sind als der inzwischen 30-Jährige. Aber es gibt bestimmt nicht so viele, die derartigen Willen und Kampfeslust zeigen. Hoffmann ist einer, der sich reinbeißt in ein Spiel, seine Aufgabe auch darin sieht, "der Mannschaft Energie und Willen zu geben", wenn er auf dem Parkett ist. Er macht viele kleine und dennoch wichtige Dinge, die dann nicht auf dem Statistikbogen auftauchen. Man tut ihm gewiss nicht zu sehr Unrecht, behauptet man: Er spielt nicht immer Basketball. Häufiger arbeitet Felix Hoffmann Basketball.
"Ich glaube schon, dass ich der Mannschaft guttue. Und das lebe ich auch so."
Felix Hoffmann, Basketball-Profi
Und es gibt einige bei den Baskets, die ab und an einem zuflüstern: "Felix ist eigentlich der heimliche Kapitän." Vor allem was seine Rolle abseits des Parketts, in der Kabine und außerhalb der Hallen angeht. Hoffmann ist inzwischen eine Art Integrationsbeauftragter der Mannschaft. Organisiert Bowling-Abende oder gemeinschaftliche Abendessen und kümmert sich bisweilen auch schon mal fast väterlich um Neue, die womöglich anfangs noch etwas fremdeln mit dem Arbeiten und Leben in der Domstadt. Er ist sich auch in diesem Punkt seiner Rolle bewusst: "Ich glaube schon, dass ich der Mannschaft guttue. Und das lebe ich auch so." Er meint auf und neben dem Spielfeld.

Von den Baskets-Fans wurde ihr Liebling, der Flügelspieler, bei dem sich 100 Kilo auf 1,95 Meter verteilen, "Würzburg Warrior" getauft. Krieger also, und es ist auch in dieser Spielzeit erneut passiert, dass Hoffmann im leidenschaftlichen Eifer beim Kampf um die Kugel zwischen den angeblich besonders wichtigen Zuschauern direkt am Spielfeldrand gelandet ist. Man kann ungestraft behaupten, dass Felix Hoffmann das fleischgewordene Motto des Klubs ist: #pureemotion.
In seiner fünften Saison steht er nun wieder in seiner Heimatstadt unter Vertrag, zuvor hatte er unter anderem beim SC Heuchelhof in der Regionalliga und bei der damaligen DJK Würzburg gespielt. Dazwischen landete er unter anderem für drei Jahre beim TSV Breitengüßbach, dem damaligen Kooperationspartner des freitäglichen Baskets-Gegners Brose Bamberg, und beim Zweitligisten Gotha. Dort lief es aber nicht rund - also kehrte er ins Farmteam der Würzburger in die ProB zurück.
Die Baskets waren 2015 in die Bundesliga zurückgekehrt, Hoffmann hatte es sich in einem dreieinhalbwöchigen Urlaub in Thailand gutgehen lassen. Er war kaum in München gelandet, da klingelte Baskets-Chefcoach Douglas Spradley durch, der Hoffmann ein Jahr zuvor noch die ProA-Tauglichkeit abgesprochen hatte: "Komm sofort ins Training." Ein Erstligaprofi hatte sich verletzt. Der Kader musste - relativ kostengünstig - aufgefüllt werden. Seitdem spielt Felix Hoffmann Bundesliga. "Das habe ich mir erarbeitet", sagt er: "Ich habe mich inzwischen bei drei Trainern bewiesen."
Sein Herz, sagt Hoffmann, "hängt am Verein und an Würzburg, ein so geiler Standort, an dem man wirklich etwas aufbauen kann". Er sagt auch: "Der Verein weiß, was er an mir hat." Im Sommer hat er geheiratet, im April wird er erstmals Vater. Kann eine entscheidende Phase sein in einem Leben. Es geht auch ums Niederlassen. "Wir fühlen uns beide sehr wohl in Würzburg", sagt er. Seine Frau, gebürtig in Bad Kissingen, ist Lehrerin, und für diesen Beruf gilt im Grunde dasselbe wie für einen Profisportler: Man kann nie 100-prozentig voraussagen, wo es einen hin verschlägt nach dem Referendariat. Felix Hoffmanns großer Traum: "Schon noch mal in der neuen Halle in Würzburg spielen."
Die Baskets und der CoronavirusBasketball-Bundesliga:s.Oliver Würzburg - Brose Bamberg(Freitag, 20.30 Uhr, s.Oliver Arena)Erstmals treten die Baskets als die tabellarisch besser Gestellten gegen die punkt- und spielanzahlgleichen Bamberger an (je elf Sieg nach 20 Partien) - und dürfen dennoch nicht als Favoriten gelten. Dazu ist der Kader der Oberfranken zu stark und auch qualitativ hochwertiger besetzt als der der Unterfranken. Eigentlich. Dass mannschaftliche Geschlossenheit, Wille und leidenschaftlicher Teambasketball individuelle Unterlegenheit wettmachen können, bewiesen die Baskets beim historischen 72:69-Hinspielsieg, dem ersten in der Bamberger Arena. "Bamberg wird sicherlich versuchen, gerade nach der deutlichen Niederlage in Berlin, physisch eine Schippe draufzulegen", prognostiziert Baskets-Trainer Denis Wucherer. "Das müssen wir verhindern, die Physis annehmen und dagegenhalten." Die 37-Punkte-Schlappe am vergangenen Wochenende sorgt bestimmt dafür, dass die Bamberger mit gehöriger Wut anreisen. Das glaubt auch Wucherer, aber er sagt auch: "Eine gewisse allgemeine Grundverunsicherung bei ihnen nach dem bisherigen Saisonverlauf ist eher gut für uns."Da der Coronavirus inzwischen ja auch in der Region eingetroffen ist, könnte das freilich auch Auswirkungen auf Sportveranstaltungen haben. "Wir beobachten die Entwicklung sehr genau, gehen aber nach aktuellem Stand davon aus, dass unser Frankenderby gegen Bamberg im normalen Rahmen stattfinden kann", teilen die Baskets mit. Die Behörden könnten die Begegnung auch noch kurzfristig absagen. "Sollte es in Deutschland zu Einschränkungen oder Verboten von Veranstaltungen kommen, wird die Bundesliga kurzfristig darüber entscheiden, welche Auswirkungen das auf den Spielbetrieb haben wird", heißt es von Seiten des Klubs. "Wir werden in der s.Oliver Arena durch Aushänge über die empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen informieren und appellieren an unsere Zuschauer, sich daran zu halten, Rücksicht auf ihre Mitmenschen zu nehmen und unter anderem auf Händeschütteln zu verzichten." (tbr)