Die geheimen Handzeichen von Spielern und Trainern der FIT/One Würzburg Baskets hat die Redaktion an anderer Stelle ausreichend beleuchtet. Zeit, mal eines der Spielsysteme, die damit meistens angezeigt werden, genauer unter die Lupe zu nehmen. Es ist so etwas wie das Brot-und-Butter-Spielsystem. Simpel, aber effektiv.
Und es ermöglicht den Spielern viele Ausstiegsmöglichkeiten. Wenn beispielsweise Jhivvan Jackson schon nach dem ersten Blocken und Abrollen merkt, dass er einen Vorteil erspielt hat, endet das System häufig schon in den ersten Sekunden. Aber dazu später mehr.

Mit "Drei Wellen" lässt sich das Spielsystem, das die Spieler mit einem Winken anzeigen, am besten beschreiben. Es besteht aus drei Angriffswellen, mit denen die Würzburger Spieler einen Vorteil kreieren wollen. Es kann sein, dass sich bestimmte Elemente davon auch in anderen Systemen der Baskets wiederfinden.
Grundsätzlich muss nochmal betont werden, dass die Laufwege und Blocks nur ein Grundgerüst darstellen, welches die Mannschaft mit Leben füllt und je nach Spieler auch unterschiedlich interpretiert. Es ist nur logisch, dass Zac Seljaas mit seinem gefährlichen Distanzwurf auf der Position des Power Forwards andere Ausstiegsoptionen wählt als beispielsweise Hannes Steinbach.
1. Die erste Angriffswelle
Das Spielsystem beginnt damit, dass der Aufbauspieler, meist Jhivvan Jackson oder Mike Lewis II, den Ball auf einer Seite des Feldes, hier der rechten (siehe Foto), nach vorne dribbelt. In seltenen Fällen kann auch einer der kleinen Flügelspieler (früher Mike Davis Jr., jetzt Tyrese Williams) der Initiator sein.
Der nominelle Centerspieler, in diesem Fall Fabian Bleck (#10), meist aber Owen Klassen oder Maximilian Ugrai, stellt auf der Flügelposition an der Seite einen Block in die Mitte. Wichtig: Die anderen Spieler sind dabei immer gleich positioniert (siehe Foto). Der größere Flügelspieler, hier Tyrese Williams (#55), der noch unterwegs ist, steht in der Ecke auf der Ballseite.

Der Power Forward (hier Seljaas mit #1) steht gegenüber vom Ballführenden auf dem Flügel und der Shooting Guard oder auch kleinere Flügelspieler (Mike Davis Jr.) besetzt die freie Ecke auf der ballfernen Seite. Die komplette Zone unter dem Korb soll so freigehalten werden für den abrollenden Centerspieler. Häufig bekommt dieser auch den Ball und muss dann entscheiden, ob er freie Bahn hat, oder ob ein anderer Verteidiger zur Hilfe geeilt ist und der zugehörige Offensivspieler dann frei ist.
2. Die zweite Angrifswelle
Wenn aus diesem ersten Ablauf nichts Gewinnbringendes entsteht, bereiten die Baskets ihre zweite Welle vor. Dafür passt der Aufbauspieler zum Power Forward, auch "Vierer" genannt, auf der gegenüberliegenden Seite. Der Flügelspieler, der zuvor nur in der Ecke gelauert hatte, kommt zum Ball und erhält diesen durch einen kurzen Pass.
Nun lässt sich gut erkennen, wie unterschiedlich die Systeme je nach Spieler interpretiert werden können. Spielt Seljaas auf der Position vier, stellt er einen Block und bewegt sich anschließend eher Richtung Ecke zum Dreipunktewurf. "Pick and Pop" nennt sich diese Aktion in der Basketballsprache. Der Gegensatz ist das "Pick and Roll", das Steinbach in dieser Situation bevorzugt. Nach seinem Block will das Würzburger Nachwuchstalent näher zum Korb und bewegt sich deshalb eher Richtung Zonenrand.

Gleich bleibt in beiden Fällen: Es ist der zweite Versuch, bei dem die Baskets den Verteidiger des Ballführenden aus der Position blocken wollen. Weil Sasa Filipovskis Spielsystem von den kleinen Ballführern dominiert wird, geht es auch in den meisten Fällen darum, für diese einen Vorteil, beispielsweise einen freien Weg zum Korb, zu erzeugen. Weil Holon das clever verteidigt, gelingt es in diesem Fall nicht.


3. Die dritte und letzte Angriffswelle
24 Sekunden hat eine Mannschaft für einen Angriff Zeit. Zwölf davon sind in diesem Beispielangriff aus dem Champions-League-Spiel vergangen. Es bleibt noch ausreichend Zeit für die dritte Welle, die zwei Optionen beinhaltet. Meistens geht der Ball zurück zum Aufbauspieler. Weil Jackson in diesem Fall eng verteidigt wird und den Ball nicht entgegennehmen kann, spielt Davis Jr. Bleck an und Jackson nutzt den 31-Jährigen bei der Ballübergabe wie einen Block, an dem er seinen Gegenspieler abstreifen kann.

So entsteht eine Zwei-gegen-eins-Situation zwischen Jackson, Bleck und dem Center der Israelis. Über Bleck kommt der Ball zu Seljaas, der immer noch in der Ecke lauert. Weil dessen Gegenspieler zur Hilfe geeilt ist, um das Zwei-gegen-eins auszugleichen, ist Seljaas glockenfrei für seine absolute Spezialität (siehe Titelbild). Von keiner Position trifft der US-Amerikaner so hochprozentig Dreier wie aus der Ecke. Der Ball ist natürlich drin. Bingo. Viel Spaß beim Beobachten der Angriffswellen gegen den Mitteldeutschen BC am Samstagabend um 20 Uhr in der tectake Arena.
In der Basketball-Bundesliga gibt es keine Geheimnisse. Jeder Verein hat Co-Trainer, die alle Spielsysteme des kommenden Gegners vorbereiten, weshalb es auch kein Problem darstellt, hier eines davon zu veröffentlichen.