Soll an dieser Stelle nun eine normale Aufarbeitung der 1:2-Niederlage gegen den MSV Duisburg stehen? Soll ich noch einmal nach Hoffnungsschimmern suchen, die den Drittliga-Fußballern der Würzburger Kickers noch Mut machen könnten für die letzten zwölf Spiele in dieser Saison? Womöglich sogar auf den Klassenerhalt? Nein! Diese persönliche Anmerkung sei mir als ständigem Berichterstatter nach 26 Saisonspielen und nun schon fast zwei kompletten Kickers-Spielzeiten im Tabellenkeller erlaubt: Das macht keinen Sinn mehr! Die Hoffnung auf den Verbleib in der Liga ist mit dem desolaten Auftritt am Samstag auf dem Nullpunkt angelangt.
Es ist Zeit für eine persönliche Analyse. Die Mannschaft ist keine, und sie so zu bezeichnen, wäre inzwischen nur noch Hohn. Es ist eine ganz offensichtlich sehr planlos zusammengestellte Ansammlung an Spielern. Als einzelne Akteure könnten sie in einem funktionierenden Umfeld womöglich mithalten im Profifußball – in dieser Konstellation sind sie von Drittligatauglichkeit aber meilenweit entfernt. Es sind Spieler, die wahrscheinlich auch den dritten Trainer in dieser Saison am Ende hängen lassen und die in den letzten Wochen allenfalls mit internen Streitigkeiten geglänzt haben. Der Mannschaftsrat drängte auf die Suspendierung von Stürmer Marvin Pourié. Der Lohn war eine Reihe von Misserfolgen, die Trainer Danny Schwarz schließlich den Job kostete.
Dass Pourié, vom neuen Trainer Ralf Santelli begnadigt, nach seiner Einwechslung gegen Duisburg nicht nur Torschütze, sondern auch noch ein Aktivposten in einer völlig matt, ausgebrannt und letztlich auch überfordert wirkenden Horde von Profifußballern war, spricht Bände. Dass Pourié nach dem Spiel als einziger Spieler Rede und Antwort stand, auch.

Nach einer desaströsen Zweitliga-Saison und all den Irrungen und Wirrungen, die mit dem Wirken von Felix Magath als entscheidendem Berater des Investors im Hintergrund zu tun hatten, glaubte fast jeder: Schlimmer geht's nimmer. Ein fataler Irrtum. Die Rothosen sind gerade drauf und dran, immer neue Niederungen zu erkunden. Für ein bisschen Spannung könnte im Saisonendspurt noch die Frage sorgen, ob die Kickers die Zahl von mickrigen sechs Siegen aus der Vorsaison noch erreichen - und das, obwohl es in Liga drei noch vier Spieltage mehr als in der 2. Bundesliga sind. Sie stehen bei drei Dreiern.

Diese Kickers geben auch unzählige Fragezeichen auf. Zum Beispiel: Warum betont jeder Trainer aufs Neue, dass die Spieler absolut fit seien, dass "die Werte" stimmten. Die Wirklichkeit: Auch ohne Zahlenauswertungen ist von der Tribüne aus Woche für Woche zu erkennen, dass die Akteure in den letzten Minuten eines Spiels auf dem Zahnfleisch daherkommen. Wenn andere noch etwas zuzusetzen haben, dann brechen die Kickers immer wieder ein. Die unzähligen Gegentore in den Schlussminuten sind nur der offensichtlichste Beweis dafür.
Es war und ist eine Mischung aus mangelnden Fähigkeiten und Selbstüberschätzung, die das Treiben der Kickers auf und neben dem Feld schon länger kennzeichnet. Klar nahm vieles seinen Anfang, als Magath als neuer starker Mann bei Investor "Flyeralarm" etwas von "Europapokal" faselte und dafür sorgte, dass der langjährige Trainer und Aufstiegscoach Michael Schiele nach nur zwei Saisonspielen vom Hof gejagt wurde. Aber als alleiniger Grund für den kaum noch zu verhindernden Absturz in die Regionalliga taugt auch Magaths Wirken nicht. Mit der Zusammenstellung dieses Kaders hatte der Ex-Meistertrainer schließlich nichts mehr zu tun, das war das Werk von Sebastian Schuppan, der inzwischen auch schon Geschichte ist.
Die Kickers hinterlassen auch in der Führungsebene keinen professionellen Eindruck. In der Causa Pourié werden sich Vorstandsvorsitzender Christian Jäger und Sportdirektor Sebastian Neumann nicht aus der Verantwortung stehlen können. Schließlich hatten sie die Entscheidung, auf den Angreifer zu verzichten, öffentlich auch als ihre verkauft, um nun den Trainerwechsel als Rechtfertigung für die Begnadigung herzunehmen. Die unwürdigen Umstände des Übungsleiter-Austausches unter der Woche, der sich über zwei Tage hinzog, weil sich die Führungsgremien nicht über einen Nachfolger einig waren, stehen exemplarisch für den Zustand des Klubs nach dem Rückzug von Hauptgeldgeber und -entscheider Thorsten Fischer.

Es passt ins Gesamtbild, dass der Großteil der so genannten aktiven Fanszene sich derzeit derart passiv verhält, dass man sich fragen muss, ob den Einzelnen das Schicksal des Klubs wirklich am Herzen liegt. Des Protests gegen die Corona-Auflagen zum Trotz.
Trainer Santelli fragte bei seiner Vorstellung am Donnerstag die Berichterstatter: "Wollt Ihr nächstes Jahr in Rosenheim auf einer Holzbank sitzen?" Die Antwort lautet: Wenn's denn sein muss. Wir werden auch in der Regionalliga weiter über die Kickers berichten. Wie wir das früher auch getan haben.