Optimisten könnten angesichts der 1:3-Niederlage der Würzburger Kickers beim FV Illertissen meinen, dass jegliche Ablenkung nun entfallen und der Fokus der Rothosen nun voll auf dem Abstiegskampf in der 3. Liga liegen könnte. Pessimisten könnten angesichts der blamablen Pleite im Halbfinale des Fußball-BFV-Pokals feststellen, dass nach dieser blutleeren und von den Spielern selbst als "peinlich" bezeichneten Vorstellung in Mittelschwaben jegliche Hoffnung in Sachen Klassenerhalt dahin wäre.
All diejenigen, die sich sämtliche Partien dieser im vergangenen Sommer zusammengestellten Mannschaft noch einmal vor Augen rufen, müssen aber zum Schluss kommen: Diese Vorstellung war nur symptomatisch für die Leistung der Kickers seit Saisonbeginn. Nur hat sie durch die Faktoren K.o.-Spiel im Pokal und den klassenniedrigeren Kontrahenten einen etwas drastischeren Anstrich bekommen. Es war nicht das erste Mal, dass die Rothosen eine derart schlechte Vorstellung abgeliefert und im Kollektiv enttäuscht haben. Nur hat sie dieses Mal durch das Nicht-Erreichen des DFB-Pokals quasi Geld gekostet.
Kickers-Sportdirektor Sebastian Neumann: "Lassen uns vorführen"
"Ich bin enttäuscht", sagte deshalb auch Sportdirektor Sebastian Neumann wenige Minuten nach dem Abpfiff im Vöhlinstadion. "In diesem Pokal geht es um viel für diesen Verein, auch in wirtschaftlicher Sicht. Wir lassen uns über 75 Minuten von einem Regionalligisten vorführen und zeigen null Gegenwehr. Das ist das Einzige, das wir erwarten. Dass man sich komplett reinhaut und das Spiel einfach ernst nimmt. Das hat man auf dem Platz aber nicht gesehen." Die Kickers kamen durch den Treffer von Maximilian Breunig (22.) lediglich zum zwischenzeitlichen Ausgleich, Illertissen beließ es bei drei Toren durch Nicolas Keckeisen (13.), Maurice Strobel (39.) und Luka Kljajic (73.). Die Amateure hätten die Pleite für die Würzburger Profis aber auch noch deutlicher ausfallen lassen können.
Angesprochen auf das lustlose Auftreten der Kickers, die durch alle Mannschaftsteile hindurch jeglichen Biss und Wille vermissen ließen, wollte Neumann keine Ausreden gelten lassen. Die hätte es ja durchaus gegeben: Am Donnerstag wurde bekannt, dass Christian Jäger sein Amt als Vorstandsvorsitzender im Sommer abgibt. Am selben Tag wurde der Rückzug von Türkgücü München und der somit von zwei auf vier Punkte anwachsende Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze offiziell. Neumann dazu: "Das ist Quatsch. Das hat alles nichts damit zu tun, was hier 90 Minuten lang auf dem Platz passieren muss. Das ist alles egal. Da muss die Leistung stimmen, da muss die Art und Weise stimmen. Und die hat nicht gestimmt."
Trainer Ralf Santelli verfolgt das Spiel der Würzburger Kickers am Bildschirm
Nicht mit nach Illertissen gereist war Trainer Ralf Santelli. Aufgrund eines positiven Corona-Tests am Donnerstag begab sich der 53-Jährige umgehend in Quarantäne, bereitete die Mannschaft in Abstimmung mit seinem Trainerteam und digital vor. Es gehe ihm gut, berichtete der Kickers-Coach am Abend nach dem Pokalaus am Telefon. "Ich bin völlig symptomfrei und warte, bis ich wieder raus darf." Das Spiel seiner Mannschaft habe er vom Bildschirm aus verfolgt, ließ sich vor Anpfiff via Videoschalte in die Kabine bringen. "Da brauchen wir nichts schönreden. Ich finde es peinlich, wie wir uns präsentiert haben", so die Bilanz des Trainers. "Was heute passiert ist, ist für den Verein sehr schade."
Wenngleich die Spieler berichteten, von Co-Trainer Philipp Eckart gut eingestellt worden zu sein und Neumann das Fehlen des Cheftrainers nicht als Argument für die schlechte Leistung zählen lassen wollte: Santelli glaubt trotzdem, dass seine Isolation einen Nachteil darstellte. Fachlich habe man sich perfekt abstimmen können, auch während des Spiels Kontakt gehabt und auf taktische Dinge Einfluss genommen. Aber: "Die Präsenz an der Seitenlinie, meine Art, hat halt gefehlt. Die hätte es vielleicht gebraucht."
Neumann kündigt Konsequenzen für die Kickers an
Und nun? Den Kickers steht aufgrund des Rückzugs von Türkgücü München ein spielfreies Wochenende bevor, stattdessen soll ein Testspiel organisiert werden. Erst am Freitagabend, 8. April, geht es in der Liga zu Hause gegen den 1. FC Kaiserslautern mit Ex-Kickers-Coach Marco Antwerpen weiter. Auf freie Tage können sich die Rothosen nach diesem Auftritt in Illertissen jedoch nicht einstellen. "Wir müssen schauen, wie wir die Woche gestalten. Das Spiel heute hat einiges dazu beigetragen, wie die Woche wird für die Jungs", kündigte Neumann an. "Reden bringt nicht mehr viel. Jetzt muss gearbeitet werden."
Die Statistik des SpielsFußball, BFV-Pokal, Halbfinale der MännerFV Illertissen – FC Würzburger Kickers 3:1 (2:1)Illertissen: Thiel – Wegmann, Keckeisen (24. Mozler), Sakai, Kopf – Wanner (59. Kljajic), Maiolo, Zeller, Estevez Fernandez (67. Bergmiller) – Strobel (75. Boyer), Teranuma (88. Luibrand).Würzburg: Richter – Schneider, Strohdiek, Kraulich, Kurzweg – Hägele, Perdedaj (75. Pepic) – Kopacz (52. Hausjell), M. Breunig (45. Adigo), Stefaniak – Sané (45. Pourié).Schiedsrichter: Florian Badstübner (Windsbach). Zuschauende: 520. Tore: 1:0 Nicolas Keckeisen (13.), 1:1 Maximilian Breunig (22.), 2:1 Maurice Strobel (39.), 3:1 Luka Kljajic (74.). Gelb: Zeller – M. Breunig, Hausjell, Adigo.