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OLYMPISCHE SPIELE: Ein Unterfranke als Volunteer bei Olympia

OLYMPISCHE SPIELE

Ein Unterfranke als Volunteer bei Olympia

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    Cassian Stanjek an der Copacabana (im Hintergrund der Zuckerhut): Der 24-Jährige arbeitet bei den Olympischen Spielen als Volunteer.
    Cassian Stanjek an der Copacabana (im Hintergrund der Zuckerhut): Der 24-Jährige arbeitet bei den Olympischen Spielen als Volunteer. Foto: Foto: Stanjek

    Cassian Stanjek berichtet für diese Zeitung aus Rio in einem Online-Blog unter www.mainpost.de/olympia

    Die Copacabana – das sind Bikinischönheiten und Samba. Aber auch Zuckerhut und Christusstatue. Rio de Janeiro – Sommer, Sonne, Meer. Ein Traumziel. Und für Cassian Stanjek nicht länger ein Traum. Der 24-Jährige aus Waigolshausen bei Schweinfurt flog nach Brasilien zu den Olympischen Spielen. Nicht als Sportler, nicht als Zuschauer: Er ist einer von 70 000 freiwilligen Helfern aus aller Welt. Ein Volunteer.

    „Es ist das Größte für einen Leistungssportler, einmal im Leben bei Olympia dabei zu sein“, sagt der Ruderer des RC Franken. Der es als Jugendlicher zu zwölf bayerischen Meisterschaften und zwei zweiten Plätzen bei den deutschen Titelkämpfen gebracht hat. Gut, sehr gut sogar – aber eben nicht gut genug für die Weltspiele. Das hat Stanjek mit 18 Jahren für sich erkannt und beschlossen, den Schwerpunkt auf Studium, Beruf und Karriere zu legen. „Bleibt in Sachen Olympia nur Funktionär oder Volunteer. Und für einen Funktionär bin ich halt noch zu jung.“ Da schien für den Mechatronik-Ingenieur, der für ein Unternehmen der Schweinfurter Großindustrie im Außendienst unterwegs ist, vor zwei Jahren der Zeitpunkt gekommen.

    Im September 2014 warf er den ersten Blick auf die Homepage des Veranstalters Rio 2016, und schon einen Monat später machte er den ersten Online-Test. Von da an entwickelte sich das Abenteuer Rio mehr oder weniger zu einem Selbstläufer. Sprach-Test, Online-Interview, allgemeine Zusage, spezielle Zusage für die Ruderwettbewerbe, Online-Training, Bootsführerschein . . . Bootsführerschein? „Da habe ich einfach mal Ja gesagt“, so Stanjek. „Doch dann wollten die den im Mai dieses Jahres plötzlich sehen.“

    250 000 Bewerber aus aller Welt

    An einem Dienstag meldete sich der Waigolshäuser schnell an, Donnerstag und Freitag absolvierte er im Akkord Theorie und Praxis, Samstag legte er erfolgreich die Prüfung ab. Und jetzt darf er in der Lagune, in der die Ruder-Wettkämpfe stattfinden, ein Motorboot steuern. Möglicherweise sogar ein Kamera-Team chauffieren, das die Rennen begleitet. Vielleicht aber auch nur an der Grenze zum offenen Gewässer patrouillieren, damit Unbefugte nicht stören. Oder den Schiedsrichter fahren. Oder, oder, oder.

    Das war nicht zum ersten Mal für Cassian Stanjek – übrigens weder verwandt noch verschwägert mit dem einstigen Sportreporter Eberhard Stanjek –, dass er improvisieren musste auf dem Weg nach Brasilien. In der Euphorie zählte er auf der Frage nach Fremdsprachen auch Chinesisch auf. Auf der Liste seiner studienbedingten oder beruflichen Auslandsaufenthalte stand neben Chile, Mexiko, USA und Indien eben auch China. „Ich kann ein bisschen Basis-Chinesisch in herkömmlichen Buchstaben. Und plötzlich haben die mir einen Test vorgelegt. Es war ein Multiple-Choice-Test in Schriftzeichen. Ich habe geraten. Und offenbar gut“, lacht Stanjek heute über seinen Übermut.

    250 000 junge Menschen aus der ganzen Welt hatten sich darum beworben, in irgendeiner Form bei den Olympischen Spielen mithelfen zu dürfen. Ohne jedes Entgelt, lediglich schicke Uniformen im Trainingsanzug-Stil gibt's gestellt. Verschiedene Farben für verschiedene Aufgaben. Für jene, die direkt an den Sportstätten eingesetzt sind und Kontakt zu den Sportlern haben, wird es Gelb sein. „Darauf freue ich mich.

    Gelb, das ist die Farbe, mit der man Brasilien verbindet“, sagt der 24-Jährige, der rund 1000 Euro Flugkosten („tausendmal umsteigen“) und Unterkunft („der private Vermieter machte online einen guten Eindruck, der Rest ist auch ein Stück Risiko“) aus eigener Tasche trägt. Knallgelb – da könnten ihn die Ruderkollegen und Freunde zu Hause ja vielleicht mal durchs Fernsehbild huschen sehen? Er winkt ab: „Beispielsweise mit der Fahne des RC Franken winken ist nicht. Es sind keinerlei Symbole außer der offiziellen der Spiele erlaubt.“

    Feiern an der Copacabana

    Am 31. Juli ist Cassian Stanjek in Brasilien gelandet, ein Samstag. Am Dienstag begann die Einweisung. Und am darauffolgenden Samstag startet bereits das erste Rennen der acht Tage dauernden Ruderwettbewerbe. Und am 14. August ist der Unterfranke wieder raus aus dem Geschäft, will aber mit seiner Freundin, die nachkommt, noch etwas Urlaub machen. Auch davor will die Freizeit gut genutzt werden: „Feiern an der Copacabana muss schon sein.

    “ Angst vor der hohen Kriminalität in Rio? „Ich habe da so meine Manie und bereite mich vor: Immer einen zweiten Geldbeutel am Mann und vor allem Bargeld. Damit ich etwas geben kann bei einem Überfall.“ Angst vor Krankheiten? Zika-Virus? „Das ist ja eigentlich harmlos. Im ungünstigsten Fall der Ansteckung muss man eigentlich nur seine Familienplanung um neun Monate verschieben.“ Und Terror? „Würzburg hat gezeigt, dass das überall passieren kann. Ich habe Respekt, aber keine Angst. Ich habe die nötige Portion Gottvertrauen.“

    Selbstverständlich hat Cassian Stanjek sein Handy im Gepäck. Er will filmen, was das Zeug hält. Fotos nach Hause schicken, um die Eltern zu beruhigen. Und Selfies mit den Sportlern? Oder Autogramme? Wenn man schon so nah dran ist . . . „Eher nicht. Wir sind ja für die Menschen vor Ort auch ein Stück weit Aushängeschild der Spiele. Da sollten wir nicht zu sehr mit Dingen beschäftigt sein, die da nicht hingehören.“ Da wirkt der junge Mann ganz schön abgeklärt, in dem trotzdem auch ein kleiner Abenteurer steckt: „Eigentlich weiß ich wenig über Rio, Land und Leute. Ich kann zwar Spanisch, aber nicht Portugiesisch. Aber ich denke mir: Ich gehe dorthin, weil ich jung bin und jetzt noch so einen Blödsinn machen kann.“

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