Rund 29 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich laut Bundesinnenministerium ehrenamtlich für die Gesellschaft, die meisten davon im Sport. Was treibt sie an, jede Woche Stunden für Vereine und Verbände zu opfern? Was kriegen sie zurück für das, was sie unentgeltlich für das Gemeinwohl investieren? Drei junge Ehrenamtliche aus der Region geben Antworten und Einblicke.
1. Louis Gehr (21) aus Geroldshausen: "Der Sportverein ist die einzige Anlaufstelle im Ort für Jung und Alt"

"Ich bin seit meiner Kindheit tief im SV Geroldshausen verwurzelt. Mein Opa war früher Tischtennisspieler, - trainer und eine Zeit lang Abteilungsleiter Gymnastik. Mein Vater war im Fußball und Festausschuss aktiv. Und mein Onkel viele Jahre in der Vorstandschaft zuständig für Liegenschaften. Als er sich vor drei Jahren nicht mehr zur Wahl stellen wollte, habe ich mich angeboten.
Das lag nahe, weil ich schon als 14-Jähriger angefangen habe, den Rasen auf dem Sportplatz zu mähen. Im Lauf der Zeit und schließlich mit dem Amt kamen immer mehr Aufgaben dazu: Büsche schneiden, Reinigung und Reparaturen in der Sporthalle, Instandhalten unserer Anlagen. Ich bin als Vorstand Liegenschaften quasi der Hausmeister unseres Vereins.

Im Prinzip ist das mit 15 bis 20 Stunden Arbeit pro Woche fast ein Halbtagesjob neben meiner Ausbildung als Mechatroniker. Klar, manchmal ist das anstrengend, gerade im Sommer fällt viel an. Aber zum einen habe ich zwei gute Helfer und zum anderen macht es mir Spaß, mich für eine Gemeinschaft zu engagieren. Das Lob und die Anerkennung dafür gegen mir ein gutes Gefühl. Neben dem Ehrenamt spiele ich noch Fußball in der zweiten Mannschaft.
Seit es keine Gaststätten mehr gibt in Geroldshausen, ist der Sportverein die einzige Anlaufstelle im Ort für Jung und Alt. Donnerstags und freitags treffen sich alleine drei Stammtische im Vereinsheim. Ich würde mir wünschen, dass mehr junge Leute die Älteren unterstützen. Dabei muss nicht jeder so viel Zeit einbringen wie ich! Schon durch kleine Hilfen kann man bei uns Großes bewirken und für Entlastung sorgen."

2. Luisa Zeitz (24) aus Bad Königshofen: "Mir gibt es viel, meine Begeisterung gemeinsam mit anderen auszuleben"

"Zu meinem ersten Ehrenamt bin ich durch Zufall gekommen. Während Corona hab ich meine jüngere Schwester immer zum Leichtathletik-Training beim TSV Münnerstadt gefahren, dort war ich davor selbst aktiv. Statt nur zuzuschauen, hab' ich auch Übungen vorgemacht. Dann hieß es: Willst du nicht den Trainerschein machen? Tja, jetzt trainiere ich seit zwei Jahren die 14- bis 20-Jährigen, vor allem Mädchen. Dadurch, dass ich selbst jung bin, bin ich ihnen nahe. Ihnen Spaß am Sport zu vermitteln, das macht mir Spaß.
Das Training vorzubereiten und zu halten, ist der geringste Aufwand. Viel mehr Zeit frisst die Bürokratie, wie die Organisation von Trainingslagern und Wettkampfreisen. Ich kümmere mich auch noch um die Öffentlichkeitsarbeit und unseren Instagram-Account tsvmuennerstadt_leichtathletik. Wir wollen die Kinder da abholen, wo sie oft sind: am Handy, in sozialen Medien. Früher kamen sie mit Erfolgen in der Zeitung, heute finden sie es cooler, wenn sie sich in einem Reel sehen.
Das gemeinsame Feiern von Erfolgen wie zuletzt bei den bayerischen Meisterschaften, auch die Wertschätzung und Dankbarkeit der Eltern – das kriege ich zurück für das, was ich investiere: pro Woche im Durchschnitt vier bis fünf Stunden, ohne Trainingslager und Wettkämpfe an Wochenendenden und neben meiner Arbeit als Konstrukteurin im Maschinenbau. Nicht wenig, aber mir gibt es viel, meine Begeisterung gemeinsam mit anderen auszuleben.
Mein zweites Ehrenamt als Jugendwartin Leichtathletik im Kreis Rhön/Saale, in das ich erst vor ein einigen Wochen gewählt wurde, ist weniger aufwendig. Auch da möchte ich die Digitalisierung voranbringen, die Interessen der Jungen vertreten und ein bisschen Schwung zur Erfahrung der Älteren beitragen."
3. Pascal Österling (24) aus Sand am Main: "Acht von 13 Mitgliedern in der Vorstandschaft sind bei uns unter 45"

"Die meisten denken beim Kegeln an ältere Menschen, aber der SKK Gut Holz Zeil ist ein recht junger Verein. Acht von 13 Mitgliedern in unserer Vorstandschaft sind unter 45. Ich bin als Sportwart der Jüngste. Dass ich mich engagiere, war immer mein Plan. Jetzt habe ich zwei Ehrenämter: Ich bin auch noch Sportwart für Kegeln im Landkreis Haßberge. Als Student geht das schon noch.
Ich mag es, Entwicklungen mitzugestalten und Entscheidungen zu treffen. Als mein Vorgänger in Zeil vor vier Jahren aufhörte, stand ich bereit, um die Lücke zu füllen. So klischeehaft es klingt: Meine Liebe zum Verein, die Verbundenheit, die wir teils auch privat teilen und die Harmonie untereinander sind meine Motivation.
Der Sportwart im Kegeln ist vergleichbar mit dem Sportlichen Leiter im Fußball und unter anderem zuständig für Mannschaftseinteilungen. Letzte Saison ging es turbulent bei uns zu. Die erste Mannschaft ist aus der 2. Bundesliga abgestiegen, auch für die Zweite mit mir als Kapitän ging's runter. Bedingt durch viele Verletzte, hatte ich teilweise jeden Tag ein bis zwei Stunden damit zu schaffen, Ersatz in den Teams zu finden. Ansonsten ist es eher vor der Saison stressig, wenn es drum geht, die Spielerpässe von Neuen von anderen Vereinen zu bekommen.
Ein Vorbild für mich ist mein Papa, sowohl in Sachen Sport als auch Engagement. Er hat früher in der Bundesliga gekegelt, war danach Trainer uns insgesamt 20 Jahre lang zweiter Vorstand. Obwohl er im Verein kein Amt mehr innehat, macht er noch viel. Mein Bruder, der 28 ist, ist übrigens auch im Vorstand, als Beisitzer. Ich finde es gut, dass sich so viele junge Leute bei uns einbringen. Dadurch kommen immer wieder frische Ideen rein, um auch Jugendliche zum Kegeln zu bringen."