Harald Funsch ist seit Anfang dieser Woche als Trainer beim Würzburger FV. Der 57-Jährige spricht im Interview von "fünf sehr intensiven Tagen". Nachdem er am Mittwochabend im Toto-Pokal sein erstes Pflichtspiel beim Landesligisten Alemannia Haibach (0:1) bestritten hatte, steht an diesem Samstag (15 Uhr) an der Mainaustraße gegen Bayern Hof das erste Spiel in der Fußball-Bayernliga bevor.
Mitte 2020 hörten Sie in Rimpar auf und waren als Trainer ein Jahr ohne Verein. Wie haben Sie dieses Jahr erlebt?
Harald Funsch: Ich habe in dieser Zeit keinen Kollegen um die Aufgabe beneidet. Ich wäre ein wirklich schlechter "Corona-Trainer" gewesen. Denn ein Hauptelement bei der Trainerarbeit ist für mich die Kommunikation. Daher war es fast die ideale Zeit, eine schöpferische Pause zu nehmen. Als der Fußball wieder begonnen hat, habe ich aber das Kribbeln gemerkt, dass ich eigentlich gerne wieder etwas machen würde. Aber es war auch klar, dass es dann viele Annehmlichkeiten der fußballfreien Zeit, vor allem für die Familie, nicht mehr geben würde. Daher musste es zwischen dem Verein und mir passen. Inwieweit mir jetzt etwas fehlt, kann ich noch gar nicht sagen, denn in den letzten fünf Tagen hatte ich noch keine Zeit, darüber nachzudenken.
Am Sonntag nach dem Spiel in Sand haben Sie die Mannschaft übernommen. Wie sind die ersten fünf Tage verlaufen?
Funsch: Vor allem hatte ich das Gefühl, nicht genügend Zeit für alles zu haben, obwohl ich früh aufstehe. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft anzustreben, steht für mich jetzt ganz oben. 80 Prozent der Zeit habe ich also zugehört, geredet, kommuniziert, versucht zu überzeugen. Um den Spielern geben zu können, was sie brauchen, muss ich ihnen zuhören, um zu wissen, was es ist. Um den Arzt als Beispiel zu nehmen: Ich mache Anamnese und Erstversorgung, auch was die Verletzten angeht, um mit fachlicher Unterstützung ihre Ausfallzeit zu verkürzen und sie so bald wie möglich wieder einsetzen zu können.
Inwieweit hat das Jahr als Leiter des Nachwuchsleistungszentrum beim WFV geholfen, um hier schnell wieder anzukommen?
Funsch: Ich weiß, dass der Würzburger FV auf traditionelle Strukturen aufgebaut ist und ich die Bedingungen, wie sie hier vorliegen, als gegeben annehmen muss. Hier vielen Menschen zu begegnen, die ich schon zuvor über unterschiedliche Wege kenne, macht es natürlich leichter.
Wo besteht der dringendste Handlungsbedarf?
Funsch: Untereinander müssen wir immer wissen, wer was macht, was wir planen und wohin wir wollen. Alle müssen diesen Plan und das Ziel kennen und wissen, was dafür notwendig ist. Aber schon in der Phase, in der wir unseren Plan erstellen, müssen wir alle beteiligen. Das kostet Zeit und Kraft, aber so bekommen alle auch die Erfahrung, wie so ein Plan geht.
Was gibt es Neues beim Würzburger FV unter dem Trainer Harald Funsch?
Funsch: Wir haben eine Position bewusst noch offen gelassen, da wir uns in diesem Bereich ganz neu aufstellen wollen: Nur Athletik ist mir zu wenig, es muss auch eine Analyse des Trainings dazukommen. Ein Bayern- oder Landesligaspieler läuft neun bis zehn Kilometer im Spiel, also muss eine Mannschaft circa 90 bis 100 Kilometer laufen können, um überhaupt in der Lage zu sein, Spiele zu gewinnen. Dafür muss ich das Training steuern. Jedoch ist es gerade nicht das drängendste Problem, wenn uns in der Athletik noch etwas fehlt, denn wir waren wegen der Englischen Wochen bislang mehr am Regenerieren als am Trainieren.
Welche Ansätze, auf denen sich aufbauen lässt, haben Sie bereits gesehen?
Funsch: Obwohl wir in Haibach inhaltlich noch schlecht gespielt haben, wobei es auf dem dortigen Platz auch schwierig war, haben wir eine Art von Pressing- und Anlaufspiel gewählt, die mir gezeigt hat, dass die Spieler es richtig machen wollen. Und wir haben bislang einige Gegentore kassiert, bei denen die Außenverteidiger auf beiden Seiten zu offensiv gestanden waren. Jetzt stelle ich schon fest, dass sie aufeinander schauen, bevor einer nach vorne geht, so dass wir in der Restverteidigung noch geordnet stehen können. Ich freue mich darüber, dass die Jungs in der kurzen Zeit schon einiges angenommen haben.
Können Sie erklären, welche Spielweise Sie der Mannschaft beibringen wollen?
Funsch: Wenn wir den Ort rund um den Ball so gestalten, dass wir immer mehrere Möglichkeiten haben, wird es für den Gegner schwierig. Im Mittelfeld bedeutet das beispielsweise, dass es der Gruppe dort gelingt, sich besser zu positionieren und in Ballnähe eine Überzahl zu schaffen. Dann haben wir Spieldominanz – wenn nicht, läufst du dem Gegner permanent hinterher. Das ist dann körperlich und psychisch sehr belastend. Ballbesitzzeit erhöhen, Positionsspiel verbessern, Situationen handlungsorientiert lösen: Ich hoffe, dass man in ein paar Wochen schon etwas mehr davon sieht.
Mit Abtswind und Karlburg gibt es zwei weitere Bayernliga-Mannschaften in der näheren Umgebung.
Funsch: Claudiu Bozesan hatte ich damals als Spieler. Dass die Abtswinder in dieser Saison gegen unseren nächsten Gegner spielen, ist ein Geschenk des Spielplaners. Auch mit Markus Köhler in Karlburg habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Ich finde es enorm wichtig, dass die Trainer, die für die Vereine hier am Werk sind, gut zusammenarbeiten. Was ein Trainer aus den Informationen macht, die er von seinen Kollegen bekommt, ist ja seine Sache. Wir dürfen das als Chance sehen, noch besser vorbereitet zu sein.
Nur vier Punkte aus acht Spielen – fast die Hälfte der Hinrunde ist vorbei. Was erwarten Sie in den nächsten Spielen?
Funsch: Wir müssen punkten, ob ein- oder dreifach. Denn jeder Spieltag, aus dem wir ohne Punkte rausgehen, ist für die jetzige Aufbruchsstimmung tödlich. Wenn wir engagiert spielen, haben wir immer eine Chance. Wir spielen an diesem Samstag zu Hause. Das Allerwichtigste ist, dass möglichst viele Zuschauer kommen und lautstark ihre Jungs anfeuern. So viel, wie sie mit ihren Trommeln, kann ich als Trainer gar nicht motivieren. Daher wünsche ich mir, dass alle Vereinler und die, die es mit den Farben halten, gerade jetzt kommen und uns anfeuern.
Was würde der Harald Funsch von heute dem Harald Funsch von vor 20 Jahren als Rat mit auf den Weg geben?
Funsch: Aufgrund der ganzen Erfahrung weiß man im Nachhinein immer, was man anders und besser gemacht hätte. Man macht es ja immer so, wie man gerade glaubt, dass es richtig sei. Aber, da habe ich meinem Vater nie glauben wollen, das Alter bringt auch ein bisschen Weisheit. Man lernt auf Distanz zu schauen und zu unterscheiden, was geht gleich und was Zeit braucht. Diese Geduld würde ich ihm mitgeben, mehr nachzudenken und mehr Weitblick zu haben.