Sebastian Schuppan ist bei den Würzburger Kickers nicht nur auf dem Spielfeld der Kapitän. „Ich bin total stolz“, sagt der 32-Jährige darüber, wie es sich anfühlt, Spielführer zu sein. Die Verantwortung fürs Große und Ganze zu übernehmen, das macht dem Abwehrspieler Spaß, das spürt man – auch in schwierigeren Zeiten. Und die sind bei den Kickers längst angebrochen.
Treffpunkt ist die Lobby des Würzburger Mannschaftshotels in San Pedro del Pinatar. Ein moderner Hotelbau mit viel Glas ist das, etwas kühl, nicht unbedingt gemütlich. Aber darum geht?s in diesen Tagen ja auch nicht. Die Rothosen sind zum Arbeiten in Spanien und um die Sinne zu schärfen vor womöglich entscheidenden Wochen.„Jeder muss wissen, dass es eine brenzlige Situation ist, dass wir punkten müssen – und zwar so schnell und viel wie möglich“, sagt Schuppan. Nur drei Punkte vor der Abstiegszone, das ist wenig, sehr wenig.
Wie konnte es soweit kommen? „Das Selbstverständnis ist verloren gegangen. Zunächst haben wir gegen Münster und Halle Spiele verloren, die wir aufgrund unserer gezeigten Leistungen nie verlieren dürfen. Danach haben wir teilweise auch schlechter gespielt. Das war ein schleichender Prozess“, sagt Schuppan rückblickend. Der Kickers-Kapitän ist ein Freund klarer Worte. Wenn andere noch mit der Lupe nach Positivem suchen, um bloß niemandem wehzutun, spricht er Missstände offen und ehrlich an. „Ich versuche, den Finger in die Wunde zu legen. Das machen zu wenige heutzutage. Das ist auch nicht immer angenehm. Aber es führt zu einem positiven Ergebnis, wenn man sich ehrlich und offen die Meinung sagt, ohne dabei verletzend zu werden“, sagt er und weiß, dass das längst nicht jedem immer recht ist: „Ich muss damit leben, wenn mal jemand sauer ist.“
Und so hat Schuppan auch eine klare Vorstellung davon, was sich nun verändern muss bei den Kickers: „Wir müssen effektiver werden und verantwortungsvoller mit unseren Chancen umgehen – dies gilt für alle Mannschaftsteile.“ Seit bald 15 Jahren spielt er im Profifußball, hat Höhen und Tiefen erlebt, weiß Dinge einzuschätzen, wohl auch deshalb will er derzeit bei den Kickers rein gar nichts beschönigen. Die Kontrahenten im Tabellenkeller würden alsbald mit dem Punkten beginnen, das lehre die Erfahrung. Da dürfe man nicht hinten anstehen.
„Man muss auch sehen, dass wir im Sommer wichtige Spieler verloren haben. Dafür sind viele gute und entwicklungsfähige Spieler dazugekommen. Wir haben letztes Jahr Spiele, wenn wir geführt haben, sehr häufig gewonnen. Diese Abgezocktheit fehlt aktuell noch uns. Diese kann man aber lernen“, analysiert Schuppan die Gründe für die Würzburger Probleme in der Vorrunde. Wenn aber wie zuletzt bei den Heimspielen gegen Lotte (2:2) und Osnabrück (1:2) Punkte „leichtfertig weggeschenkt“ werden, sei er als Kapitän gefragt: „Wir müssen den Gegnern in jedem Zweikampf zeigen, wie schwer es ist, gegen uns zu spielen. Das war zuletzt gegen in der zweiten Hälfte Osnabrück nicht so. Darüber habe ich mich geärgert.“
Deutliche Aussagen wie diese haben dem gebürtigen Brandenburger, der mit drei verschiedenen Klubs (Paderborn, Dresden und Bielefeld) aus der dritten in die zweite Liga aufstieg, nicht nur in Würzburg einiges an Respekt eingebracht. Seine Meinung hat Gewicht – auch bei den Fans. Und Schuppan bedient die Anhänger mit den Mitteln der modernen Medien, beantwortet im Sozialen Netzwerk Twitter Fragen und hat seit vergangenen Sommer auch einen eigenen Podcast, eine abrufbare Internet-Radiosendung, in der er mit dem Dresdner Radio-Reporter Jens Umbreit über den Fußball und das Sportgeschehen im Allgemeinen plaudert.
„Fans und Spieler driften heutzutage offenbar immer mehr auseinander. Ich will mit meinen Mitteln etwas tun, beantworte alle Fragen, die ich beantworten kann“, sagt Schuppan und da habe er sich eben die für ihn passenden Wege zurechtgelegt: „Es macht mir Spaß meine Expertise in Sachen Fußball weiterzugeben. Man kann in dieser Form Dinge viel ausführlicher und genauer erklären als beispielsweise in einem Interview“, sagt er über seinen Podcast.
Den würde er gerne auch ab dem kommenden Sommer in Würzburg aufzeichnen. Schuppan, zweifacher Vater, fühlt sich wohl bei den Kickers. Sein Vertrag läuft zwar im Sommer aus – wie bei 17 weiteren Spielern auch. Wenn der Kapitän verlängern sollte, hätte dies gewiss eine große Symbolkraft, und die Vorzeichen für eine baldige Einigung stehen offenbar nicht schlecht: „Wir sind auf der Zielgeraden. Es fehlt nur noch wenig. Es gibt nullkommanull andere Mannschaften, die mich interessieren. Es kann nicht mehr lange dauern“, sagt Schuppan über die Gespräche. Der Kapitän scheint auch in dieser Frage vorangehen zu wollen.