Auch in seiner dritten Saison in der weltweit stärksten Basketball-Liga hat der gebürtige Würzburger Maximilian Kleber einen weiteren Schritt in seiner Entwicklung gemacht und alle relevanten Statistikwerte erneut verbessert. Im Heimaturlaub nimmt sich der 28-Jährige, der bei den Dallas Mavericks spielt, Zeit für ein Gespräch über Corona, sein Handicap beim Golfen, die Verbindung zu seinem Heimatverein s.Oliver Würzburg und Rassismus.
Frage: Es war lange Zeit unsicher, ob die NBA überhaupt die im März wegen Corona unterbrochene Saison zu Ende spielen würde. Aktuell laufen die Spiele im Walt Disney World Resort bei Orlando. Wie war's in der sogenannten "Blase"?
Maximilian Kleber: Zu allererst muss man wirklich sagen: Die NBA hat da einen überragenden Job gemacht. Bis auf Familie und Freunde hatten wir alles. Ich war golfen. Ich war am Pool. Ich war auf dem Boot, habe geangelt. Bei Freizeitbeschäftigungen gab es riesige Möglichkeiten. Wir hatten auch einen eigenen Spielraum mit einem Billardtisch.
Sie waren die Tage mit den Würzburger Basketballern golfen, das machen die jedes Jahr in der Vorbereitung. Ihr Handicap?
Kleber: Oh wehhh. Ich glaube irgendwas um die 39 oder so. Aber ich habe mit den Schlägern von meinem Bruder gespielt. Ist natürlich jetzt eine schöne Ausrede (grinst). Ich bin noch viel zu unbeständig beim Golfen. Aber wenn ich jetzt hier bin, werde ich noch ein paar Mal auf die Driving Range gehen.
Wann müssen Sie wieder in Dallas sein?
Kleber: Ich muss eigentlich gar nicht zurück derzeit, da ja noch nicht feststeht, wann wir in der NBA wieder anfangen. Aber ich habe vor, Mitte, Ende Oktober wieder rüberzufliegen, wenn es dann wegen Corona geht. Damit ich dann schön durchtrainieren kann und wieder fit werde. Und dann hängt es halt davon ab, wann die Saison beginnt. Beim letzten Gespräch, das wir mit der Spielergewerkschaft hatten, hieß es, zwischen Dezember und März wäre realistisch.
Und wie ist das in diesen Zeiten mit den Wechseln? In der NBA werden ja Spieler gerne hin- und hergeschoben, auch wenn sie noch Vertrag haben, wie Sie noch zwei Jahre in Dallas.
Kleber: Das läuft soweit ich weiß, ganz normal. Ich glaube, Mitte November ist der Draft, und dann kann normal getradet werden. Also alles offen. Auch bei mir. Du musst in der NBA natürlich immer damit rechnen, dass irgendetwas passiert. Aber ich wünsche mir natürlich, dass ich in Dallas bleibe.
Sie sagten einmal, dass der Anfang nicht immer ganz so leicht war. Sind Sie inzwischen richtig angekommen?
Kleber: Auf jeden Fall. Als ich rübergegangen bin, kannten mich ja noch nicht so viele und das Vertrauen war natürlich auch nicht so da. Jetzt habe ich meine feste Rolle, und die Leute wissen, was ich kann. Mit jedem Jahr erarbeitest du dir mehr Respekt. Ich fühle mich sehr wohl in Dallas, komme mit dem Trainer klar und verstehe meine Rolle. Jetzt geht es darum, in dieser Rolle ein besserer Spieler zu werden.

Sie haben - jedenfalls wenn man sich Ihre Statistikwerte anschaut - einen weiteren enormen Schritt gemacht. Mehr Spiele (74), viel mehr Minuten (1889), viel mehr Punkte (672), viel mehr Dreier (119), mehr Rebounds (388), mehr Vorlagen (88), mehr Blocks (83) . . .
Kleber: Ja, die Werte sind alle noch einmal gestiegen. Was schön ist, ist ja das Ziel (grinst). Ich würde mir natürlich wünschen, nächstes Jahr noch einen Sprung zu machen, vielleicht auch einen größeren. Ich kenne meine Haupt-Rolle: Verteidigen! Und da habe ich viele Optionen. Wenn ich jetzt weniger Punkte mache, aber die Wurfquote besser wird, dann ist das ein Gewinn. Ich will effektiver werden, in dem, was ich mache. Das ist das Ziel.
Dennoch waren Sie angeblich nicht wirklich zufrieden mit Ihrer Leistung in Disney World, wo Sie mit den Mavericks, die erstmals seit gefühlten Ewigkeiten die Play-offs erreicht hatten, in der ersten Runde gegen die Los Angeles Clippers ausgeschieden sind.
Kleber: Stimmt so nicht ganz. Grundsätzlich: Das Schöne war: Wir mussten nicht reisen. Das macht extrem viel aus. Aber jeden zweiten Tag zu spielen, das war natürlich anstrengend. Insgesamt in der "Bubble" war ich schon zufrieden mit mir, nur in den Play-offs lief es für mich offensiv nicht so gut. Defensiv war alles gut, aber die Würfe sind nicht gefallen. Natürlich hätten wir uns mehr gewünscht, und direkt nach dem Aus war ich auch gefrustet. Aber jetzt im Rückblick war es schon eine gute Saison für uns: Mal wieder Play-offs, wir sind ja ein sehr junges Team, wir haben unsere Ziele in den nächsten Jahren. Wenn ich so auf die einzelnen Spiele schaue, dann weiß ich aber einfach auch, dass einige Spieler und ich auch nicht ganz so gespielt haben, wie wir spielen können. Aber das ist auch eine Erfahrung. Ich hatte bestimmt acht In-and-Outs, die auch hätten reingehen können, aber sind eben ganz knapp wieder rausgerollt. Und dann hast Du nicht fünf von 26, sondern 13 von 26, und dann ist die Welt wieder gut. Das hängt von so vielen kleinen Nuancen ab.
Die USA sind das vom Coronavirus am meisten gebeutelte Land der Welt. Ihre Erfahrungen?
Kleber: In Dallas haben sie ein bisschen später zugemacht, also den Lockdown ausgerufen, da waren die Zahlen hoch. Dann sind sie gesunken. Und dann haben sie ziemlich früh wieder aufgemacht, viel früher als Deutschland. Dann sind die Zahlen wieder hochgeschossen. Dann haben sie wieder zugemacht. Das war bis vor kurzem jetzt. So langsam öffnen sie gerade wieder.

Wie häufig sind Sie inzwischen getestet worden?
Kleber (lacht): Ich schätze 65 Mal oder so. Wir sind in der "Bubble" jeden Tag getestet worden. Und schon bevor wir nach Orlando geflogen sind, sind wir in Dallas zehn, 14 Tage lang jeden Tag getestet worden. Seit ich hier gelandet bin, habe ich auch noch zwei Tests gemacht.
Hattet Ihr einen Covid-19-Fall in der "Blase"?
Kleber: Nein, erstaunlicherweise nicht, wenn so viele Menschen beisammen sind. Nur bei uns im Team, das war lustig, hatte ein Assistenztrainer mal einen falsch positiven Test. Der musste dann in seinem Zimmer bleiben und durfte nicht raus. Und das ausgerechnet am freien Tag. Da wurde er gleich wieder getestet. Negativ. War einfach ein falsch positiver Test. Und der spielt auch gerne Golf. Ich habe ihm dann ein Foto vom Golfplatz geschickt.
Wie ernst nehmen Sie die Gefahr durch Corona?
Kleber: Ich nehme sie sehr ernst. Das, was wir gerade hier machen, ist eigentlich schon extrem für mich, dass ich mich irgendwo mit jemandem treffe. Klar gehe ich auch mit meinen Eltern mal essen, aber da sind wir ja auch als Familie sozusagen isoliert. Ich möchte sie auch keinen unnötigen Gefahren aussetzen. Das Ding für mich ist einfach: Es ist ein neues Virus, über das es noch nicht so viele Informationen gibt. Die kommen jetzt erst so langsam, und dann kann man sich auch eine bessere Meinung bilden. Ich halte mich einfach an die Regeln. Ich sehe auch kein Problem darin, jetzt drei Wochen vermehrt daheim zu bleiben anstatt feiern zu gehen. Das überlebe ich dann auch. Wir haben viel gekocht zuletzt.

Es gibt ein weiteres ganz großes Thema in den Staaten . . .
Kleber: Black Lives Matter! War ja eigentlich zeitüberschneidend mit Corona. Der einzige Grund, warum sich viele Spieler nach dem kurzen Streik bereit erklärt haben, die Saison doch fortzusetzen, war, die Plattform zu nutzen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt ein Statement zu setzen und die Leute aufzuklären. Und das vor jedem Spiel. Die NBA war da unglaublich geschlossen. In der heutigen Welt ist für Rassismus kein Platz. Nirgendwo. Rassismus kann ich überhaupt nicht verstehen. Und man sollte das auf keinen Fall akzeptieren. Ich habe ja auch eine Plattform. Natürlich bin ich jetzt kein absoluter Superstar, aber trotzdem: Der eine oder andere kleine Junge oder ein kleines Mädchen, die zu mir aufschauen, denen möchte ich das gerne mitgeben. Es ist ganz wichtig, dass man offen darüber redet, was nicht immer einfach ist, weil es ein unangenehmes Thema ist und manche auch lieber wegschauen. Aber es ist so wichtig.

Dieser Tage hatten Sie die Möglichkeit, die Jugend ein wenig aufzuklären. Sie schauten beim Training der U12 Ihres Heimatvereins s.Oliver Würzburg vorbei . . . Etwas, worauf die Baskets unseres Wissens nach 20 Jahre lang vergeblich gewartet haben: Dass ein NBA-Star sie mal besucht. Dirk Nowitzki kam da angeblich nie mal zum Jugendtraining.
Kleber: Das weiß ich nicht. Ich habe aber auch eine ganz andere Verbindung zu den Baskets. Zum einen: Ich war viel länger dort als Dirk, habe lange Zeit hier gespielt. Ich bin komplett hier aufgewachsen und habe bis 2014 in Würzburg gespielt. Ich war in meiner Karriere am längsten Würzburger . . .
. . . Sie spielten von 2009 bis 2014 bei den Baskets, dann ein Jahr Spanien, zwei Jahre München, jetzt drei Jahre Dallas . . .
Kleber: Ich war mit Abstand am längsten in Würzburg. Da hast du natürlich eine ganz andere Verbindung. Plus: Ich kenne noch einige Leute dort. Geschäftsführer Steffen Liebler, Leute auf der Geschäftsstelle und mit Felix Hoffmann einen Spieler, mit dem ich schon in der Jugend zusammengespielt habe.

Na, wäre dann nicht Ihr Nationalmannschafts- und NBA-Kollege Dennis Schröder ein Vorbild, der jetzt Hauptgesellschafter seines Heimatvereins Löwen Braunschweig geworden ist und dort etwas aufbauen will?
Kleber (lacht): Dennis hat natürlich auch noch andere Möglichkeiten und andere Ziele als ich. Aber ich kann mir schon vorstellen, den Baskets auch irgendwie zu helfen. Die Frage ist, wie man das umsetzen kann.
Muss ja nicht gleich Gesellschafter sein - wobei: Hauptgesellschafter Bernd Freier soll ja, wenn er seinen Brass hatte, auch schon mehr als einmal angeboten haben, den Laden für einen Euro zu verkaufen.
Kleber (grinst): Ich glaube aber nicht, dass er das dann auch wirklich machen würde. Im Ernst: Gerade jetzt, wenn ich in Würzburg bin, und der Klub will etwas machen mit mir, stehe ich natürlich gerne zur Verfügung. Das ist die Zusammenarbeit, die wir momentan haben. Ob und wie man das in Zukunft ausbauen kann, das müssen wir besprechen. Der Kontakt ist auf jeden Fall da.
Hören Sie auch Maximilian Kleber im Podcast der Baskets: https://soundcloud.com/soliver-wuerzburg/folge-18-maxi-kleber