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Steilpass: Mehr als der freundliche Herr mit dem Tischtennis-Schläger: Zenon Droszcz liebt seinen Job und seine Familie

Steilpass

Mehr als der freundliche Herr mit dem Tischtennis-Schläger: Zenon Droszcz liebt seinen Job und seine Familie

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    Der ehemalige Tischtennis-Profi Zenon Droszcz macht in Würzburg Sport-Projekte mit der Lebenshilfe. Er ist dort seit 30 Jahren als Sportlehrer angestellt.
    Der ehemalige Tischtennis-Profi Zenon Droszcz macht in Würzburg Sport-Projekte mit der Lebenshilfe. Er ist dort seit 30 Jahren als Sportlehrer angestellt. Foto: Thomas Obermeier

    Mit 64 denkt Zenon Droszcz noch nicht daran, den Schläger beiseite zu legen. Mittlerweile spielt der ehemalige Tischtennis-Profi aber im Sommer lieber Golf. Außerdem arbeitet er seit 30 Jahren für die Lebenshilfe als Sportlehrer in den Mainfränkischen Werkstätten. Ein Gespräch über Menschen mit Behinderung, seine Familie und die Bedeutung von Sport.

    Frage: Wer hat Sie angespielt?

    Zenon Droszcz: Das war Trevor Pearman. Ich kenne ihn vom Golfclub Würzburg, weil er dort Trainer ist. Seit mittlerweile acht Jahren spiele ich selbst Golf und arbeite daran, mein Handicap in den einstelligen Bereich zu bringen.

    Wie war Ihr Laufweg?

    Droszcz: Aufgewachsen bin ich in Torun in Polen, wo ich mit sechs Jahren angefangen habe, Tischtennis zu spielen. In der Jugend war ich sogar Nationalspieler, aber mir ist nie der Sprung nach ganz oben gelungen, weshalb ich dann Sport auf Diplom studiert und mich später nach Deutschland abgesetzt habe. Es gab ja noch den Sozialismus und die geschlossenen Grenzen. Hier habe ich zunächst in Nordrhein-Westfalen gespielt und Deutsch gelernt und mich dann in Würzburg als Trainer beworben.

    Damit wären wir schon bei der Karriere neben der Karriere.

    Droszcz: Genau, ich wollte einen sicheren Job und habe schließlich bei der Universität in einem Projekt versucht, russische Aussiedler über Sport zu integrieren, weil ich in meiner Heimat Russisch gelernt hatte. Nach drei Jahren bekam ich die Möglichkeit, zu den Mainfränkischen Werkstätten zu wechseln. Nun biete ich dort den Mitarbeitern Sportstunden an und das wird super angenommen. Mittlerweile arbeite ich dort seit 30 Jahren.

    In den Mainfränkischen Werkstätten arbeiten Menschen mit geistiger Behinderung. Das ist sicher nicht immer einfach?

    Droszcz: Doch, warum sollten Menschen mit Behinderung keinen Sport machen. Sie lieben es.

    Und sie lieben anscheinend auch Sie, sonst hätten sie Ihnen nicht den Spitznamen "Papa Zenon" gegeben.

    Droszcz: Wer dort anruft und nach Herrn Droszcz fragt, hat keine Chance mich zu erreichen. Alle kennen mich nur unter "Papa Zenon", maximal noch unter Zenon. Ich mache dort alle möglichen Sportarten mit ihnen. Sogar Golf. Da gab es Zweifel, aber ich habe es ausprobiert und mittlerweile habe ich fünf Golfspieler, die bei den bayerischen Meisterschaften für Menschen mit Behinderung spielen. Hier hat auch Trevor Pearman uns sehr geholfen. Natürlich unterrichte ich auch Tischtennis. Ich habe auch schon mit Sportlern an den Special Olympics teilgenommen. Insgesamt betreue ich 1680 Menschen in Marktheidenfeld, Nantenbach, Kitzingen, Ochsenfurt und Würzburg. Die Mitarbeiter dürfen dort einmal die Woche bei mir Sport machen. Fußball ist natürlich der Renner, aber auch Tischtennis ist beliebt.

    Warum ist das für Menschen mit Behinderung so wichtig?

    Droszcz: Weil es für sie auch ein Ausgleich ist. Aber sie sind noch emotionaler, freuen sich doppelt so sehr und heulen, wenn sie verlieren. Das Ergebnis ist für sie nicht egal. Die Tischtennisspieler im Verein, die ich trainiert habe, musste ich nach Niederlagen 30 Minuten aufbauen fürs nächste Spiel. Die Menschen mit Behinderung muss ich zwei oder drei Tage bearbeiten, ehe sie wieder spielen wollen.

    Ich wiederhole mich: Das klingt nicht einfach. 

    Droszcz: Ja, aber die Freude, die diese Sportler versprühen, wenn sie nach drei Jahren Basketball das erste Mal den Korb treffen. Das gibt einem sehr viel. Ich hatte anfangs auch Schwierigkeiten, weil ich zu hohe Ansprüche hatte und ihnen zu schwere Aufgaben gestellt habe. Aber diese Menschen sind so dankbar, so lieb. Es braucht viel Geduld, aber wenn sie dich alle jeden Tag "Papa Zenon" nennen, ist es das wert. Sonst wäre ich nicht 30 Jahre dort geblieben. Dazu gehört auch mein Chef Dieter Körber. Er spielt mit einem meiner geistig behinderten Tischtennisspieler im Verein in Zell Doppel. Das ist doch die perfekte Inklusion.

    Wenn man im Sommer in Würzburg durch den Ringpark oder am Main entlang läuft, sind alle Tischtennis-Platten belegt. Warum ist die Sportart trotzdem eine Randsportart?

    Droszcz: Weil Deutschland bekloppt ist. Wenn Timo Boll mit dem Weltmeister aus China ins Fußballstadion geht, wird er nicht erkannt. In China bräuchten die beiden Polizeischutz. Selbst in Polen werden die Sportler, egal welche Sportart, auf der Straße bejubelt. Hier gibt es nur Fußball. Jeder Drittliga-Spieler ist bekannter als Timo Boll, der 20 Mal Europameister war. Deutschland hat die beste Tischtennis-Mannschaft Europas und vom WM-Finale kommen mal 20 Minuten. In der Freizeit spielen sie Pingpong gerne, aber als Sportart ist es nicht so beliebt, obwohl es in der Weltspitze wirklich spektakulär ist. 

    Nebenbei haben Sie auch noch als Trainer gearbeitet und selbst gespielt. Welche Erfolge hatten Sie da?

    Droszcz: Ich habe mich mit meinen Vereinen immer wieder nach oben gearbeitet. Mit zwei Vereinen bin ich beispielsweise bis in die Bundesliga aufgestiegen. Mittlerweile unterstütze ich bei der Regionalliga-Mannschaft des SB Versbach und spiele dort in der 5. Männermannschaft, aber nur in den Wintermonaten. Der Sommer gehört bei mir dem Golfsport. Und wenn ich sage Sport, dann meine ich das auch so. Golf ist für mich Wettkampf und nicht gesellschaftliches Event. Das beginnt erst danach.

    Wie meinen Sie das?

    Droszcz: Durch Corona haben Vereine viele Mitglieder verloren und das Vereinsleben hat gelitten. Ich spiele jetzt noch in einer Mannschaft Tischtennis, weil mir das gesellige Zusammensein nach dem Spiel oder dem Training wichtig ist. Früher war ich mit meinen Kindern jedes Wochenende nur unterwegs. Grillen der Fußballmannschaft hier, danach ein Turnier meiner Tochter und dann noch ein Event mit meiner Mannschaft. Wir müssen die Kinder zurück in die Vereine und weg von ihren Handys bringen.

    Und wie kann das gelingen?

    Droszcz: Die Vereine müssen finanziell mehr Unterstützung erhalten. Das Ehrenamt stirbt aus und kaum mehr jemand engagiert sich, ohne dafür entlohnt werden zu wollen. An dieser Stelle ist die Politik gefordert.

    Sie haben Ihre Familie angesprochen. Wie viele Kinder haben Sie?

    Droszcz: Insgesamt drei. Eine meiner Töchter hat beim FFC Frankfurt Fußball gespielt und ist mittlerweile Deutschlehrerin in Frankfurt. Mein Sohn Wojtek ist in der Region sicher bekannter. Er war ein begabter Fußballer, der bei den Würzburger Kickers, dem FC 05 Schweinfurt und dem FV 04 Würzburg gespielt hat. Mittlerweile ist er Immobilienmakler in Dubai. Meine andere Tochter ist ebenfalls Lehrerin. Meine Familie ist das Wichtigste für mich, besonders meine Frau. Sogar wichtiger als Tischtennis.

    Zenon Droszcz liebt Tischtennis, seine Familie aber noch mehr.
    Zenon Droszcz liebt Tischtennis, seine Familie aber noch mehr. Foto: Thomas Obermeier

    Eine schöne Überleitung zurück an die Tischtennisplatte: Können Sie mir erklären, warum in Asien der Schläger anders gegriffen wird als in Europa?

    Droszcz: Das heißt Penholder und war schon immer so. Früher bedeutete das, dass die Chinesen auf der Rückhand keinen Topspin spielen konnten, auch weil sie Noppenbelag hatten, um mehr Spin auf den Ball zu geben. Das gibt es heute nicht mehr. Stattdessen versuchen die Asiaten nun auch mit ihrem Griff die Rückhand zu ziehen, um Topspin zu spielen. Es ist eine der vielen Entwicklungen, die es im Tischtennis gibt. Rückhand-Topspin regiert die Welt, weil es eine sehr kurze Bewegung ist. Der Schwede Jan Ove Waldner war hier der Vorreiter.

    An dieser Stelle endet auch meine Tischtennis-Expertise. Vielen Dank für die spannenden Einblicke. Es bleibt noch die Frage: Wen spielen Sie an?

    Droszcz: Ich spiele den Ball weiter zu Simon Rösner. Meinen ersten Job in Würzburg hatte ich bei seinem Vater in der Bäckerei. Simon war auch ein guter Tischtennisspieler, aber noch viel besser war er im Squash. Er war lange Jahre der beste deutsche Squasch-Spieler und trainiert mittlerweile eine Junioren-Nationalmannschaft.

    Das Interview-Format "Steilpass"In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.Quelle: cam

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