Was nun anfangen mit dem Neustart der Würzburger Kickers in der Fußball-Regionalliga Bayern? In den ersten drei Spielen nach der Winterpause haben die Rothosen nicht verloren. Nach dem 1:1 (1:1) am Freitagabend beim Tabellenzweiten SpVgg Bayreuth muss man aber auch feststellen: ein letzter Angriff auf die Tabellenspitze scheint wohl auszubleiben. Um Tabellenführer FC Schweinfurt 05 noch einmal in Bedrängnis bringen zu können, hätte es schon einer außerordentlichen Siegesserie bedurft. Dafür sind fünf Punkte aus drei Spielen zu wenig. Fragen und Antworten zur aktuellen Situation bei den Rothosen.
Funktioniert das neue Spielsystem?
Nur zum Teil. Trainer Martin Lanig hat die Winterpause genutzt, um das Spielsystem seines Teams zu verändern. Statt wie zuvor mit einer Fünfer-Abwehrkette, einem schmalen Dreier-Mittelfeld und einem Drei-Mann-Angriff mit zwei Außenstürmern und einem zentralen Mittelstürmer, agieren die Kickers nun im 4-4-2-System. Die Mittelfeldspieler ordnen sich dabei in Rautenform in der Zentrale des Spielfelds.

Der Vorteil: Die Kickers verfügen mit Maximilian Zaiser, Dominik Meisel, Moritz Hannemann, Fabian Wessig, Tim Kraus und dem am Freitag überraschend in der Startelf aufgetauchten Theo Harz über gleich sechs zentrale Mittelfeldspieler von für diese Spielklasse überdurchschnittlicher Qualität. Im neuen System kann Lanig immerhin vier von ihnen in die Startelf stellen. In Bayreuth waren es sogar fünf, weil Hannemann neben Lado Akhalaia in die Sturmspitze rückte. Mit so vielen ballgewandten Mittelfeldspielern haben die Kickers meist ein Plus an Ballbesitz und ein optisches Übergewicht.

Was gut klappt, ist das Zusammenspiel in der Abwehr. Das Innenverteidiger-Duo mit Daniel Hägele und Winter-Neuzugang Alexander Winkler verfügt über reichlich Drittliga-Erfahrung und sorgt dafür, dass die Defensive in den Wochen nach der Winterpause absolut sicher steht.

Der Nachteil des neuen Systems: Die Flügel sind ohne Außenstürmer oft unterbesetzt. Die Außenverteidiger Jonas Wieselsberger (rechts) und Marius Uhl (links) müssen viel Laufarbeit verrichten und befinden sich bei Vorstößen in die gegnerische Hälfte meist in Unterzahl. Das Kickers-Offensivspiel spielt sich oft in der Mitte ab, wo die Räume eng sind. Mit der Folge, dass es am Freitag kaum Torchancen aus dem Spiel heraus gab. Erst als der eingewechselte Benyas Junge-Abiol in den Schlussminuten konsequenter den rechten Flügel besetzte, entstanden mehr Räume und Chancen. Zuvor hatten die Kickers zwar oft den Ball, fanden aber selten den Weg zum Tor. Auch ein Grund, warum nicht jeder Zuschauer Lanig am Ende folgen konnte, als er aus seiner Sicht feststellte: "Das war heute ein Topspiel, in dem viel drin war."
Was hat der Wechsel im Tor gebracht?

Das ist schwer einzuordnen. Fest steht: Johan Hipper hatte in der Vorbereitung mit guten Leistungen für sich geworben. Bislang agierte er absolut fehlerlos. Am Bayreuther 1:1 durch Edwin Schwarz (17.) konnte er nichts ausrichten. Das war das einzige Gegentor in den drei Spielen, in denen Hipper allerdings auch nicht allzu oft gefordert war. Unterm Strich gibt es also keinen Grund, zurück zu Vincent Friedsam zu wechseln. Zumal ein erneuter Wechsel womöglich für weitere Unruhe sorgen könnte. Ein Problem freilich bleibt. Im 2022 vom 1. FC Köln gekommenen Friedsam sehen sie bei den Kickers noch immer den Torwart der Zukunft. Schließlich ist der 22-Jährige vier Jahre jünger als Hipper und gilt nach wie vor als äußerst talentiert. Aber wie will man Friedsam zum Bleiben überreden, wenn er aktuell nur auf der Bank sitzt?
Woran krankt das Würzburger Angriffsspiel?
Auch am Fehlen eines Akteurs mit Abschlussqualität. Lado Akhalaia scheint das zumindest nicht zu sein. Auf die Nachfrage, wie er die Leistung von Winter-Neuzugang bewerte, antwortete Lanig nach der Partie in Bayreuth kurz angebunden: "Sehr gut." Allerdings wirkte der 21-jährige Akhalaia trotz aller unübersehbarer technischer Fähigkeiten im aufreibenden Kampf mit oft zwei Verteidigern manchmal überfordert. Der Moldawier rieb sich auf, lief sich immer wieder fest und blieb als einzige echte Kickers-Sturmspitze in der Startaufstellung ohne einen einzigen nennenswerten Torabschluss. Neben ihm war der eigentliche Mittelfeld-Ideengeber Hannemann diesmal in den Sturm gerückt. Eine ungewohnte Position für den 26-Jährigen, dem Lanig nach der Partie "eine tolle Entwicklung" bescheinigte. Ohne echten Mittelstürmer war trotz aller Kickers-Bemühungen der Bayreuther Strafraum aus Würzburger Sicht oft unterbesetzt.

Gefahr entstand, wie beim Tor durch Marius Uhl (9.) vor allem nach Standardsituationen. Zumindest in diesem Bereich war eine deutliche Verbesserung bei den Kickers zu erkennen.
Was macht noch Hoffnung?
Wenn es um den Aufstieg geht, wenig bis nichts. "Aufgeben ist keine Option", nutzte Lanig im Beschreiben der Situation eine Floskel. Der Glaube an die eigene Chance, der während der Winter-Vorbereitung bei den Kickers durchaus noch zu spüren war, scheint vollkommen verloren gegangen zu sein.