Die Fußball-Saison 2019/21 steht vor dem Aus, nachdem die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bis zum 9. Mai verlängert worden ist: In einer vom Bayerischen Fußball-Verband (BFV) veröffentlichten Mitteilung stellt der für den Spielbetrieb zuständige Schatzmeister Jürgen Faltenbacher fest: Die verbleibenden Spiele noch durchführen zu können, sei "de facto nicht mehr möglich".
Wie geht es weiter? Der Beschluss, die Saison abzubrechen, werde erst nach der "Einholung eines Meinungsbildes" bei allen bayerischen Vereinen fallen. Genaueres zur Umfrage und die nächsten Schritte will der Verband in einer Sitzung an diesem Mittwoch festlegen.
In Paragraf 93 seiner Spielordung hat der BFV bereits geregelt, dass "bei notwendigem Abbruch des Spieljahres aufgrund staatlicher oder kommunaler Verfügungslage oder höherer Gewalt" die Tabelle anhand der Quotientenregel zu berechnen sei. Der Quotient berechnet sich aus der Anzahl der erzielten Punkte, geteilt durch die absolvierten Spiele. Auf- und Abstieg will der Verband durchführen, allerdings finden keine Relegations- oder Entscheidungsspiele statt.
In einem wenige Tage zuvor über soziale Netzwerke verbreiteten "offenen Brief" hat der ASV Rimpar als Initiator einen Saisonabbruch ohne Absteiger gefordert: "Keine Verlierer bei Saisonabbruch" war dieser überschrieben. Mehr als 50 Vereine aus ganz Bayern haben den Vorstoß aus Unterfranken unterstützt.
Abbruchparagraf ist laut Verband rechtlich nicht angreifbar
Rimpars Abteilungsleiter Jens Bausenwein kritisiert darin die Quotientenlösung. "Ist es denn fair, Vereine aufgrund eines Quotienten herabzustufen", fragt er. Mannschaften, die im vergangenen Jahr ihre Spiele abgesagt statt ausgetragen hätten, würden dabei bevorzugt.
Dass sein Vorstoß große Aufmerksamkeit erhielt, freut ihn: "Es ist ja klar, dass eine Entscheidung getroffen werden muss. Diese kann man akzeptieren oder dagegen vorgehen." Letzteres schließt Bausenwein freilich nicht aus, sollte der BFV bei seiner Vorgehensweise bleiben. Der Verband geht seinerseits davon aus, dass Paragraf 93 rechtlich nicht angreifbar sei.
Einen Termin hatte sich der BFV selbst gesetzt: Während Verbandsspielleiter Josef Janker gegenüber den Vertretern aller Landesligisten Ende März in einer Videokonferenz noch bestätigte, dass die Saison auf jeden Fall zu Ende gespielt werden solle, legte der Verband wenige Tage später in einem "Vier-Punkte-Plan" erstmals ein konkretes Datum vor: Sollte bis spätestens 3. Mai kein "nahezu uneingeschränkter Trainingsbetrieb" möglich sein, müsse der Verband über einen Abbruch entscheiden.
Andere Verbände haben im Vorjahr keinen absteigen lassen
Im Rimparer Brief heißt es weiter, dass "von keinem anderen Verband" zu einem vergleichbaren Zeitpunkt im vergangenen Jahr eine solche Regelung – ein Abbruch mit Absteigern – beschlossen worden sei. Beispielsweise in Baden-Württemberg: Im Juni vergangenen Jahres brachen die drei Landesverbände Baden, Südbaden und Württemberg die Saison 2019/20 ab. Meister wurden per Quotientenregel ermittelt, Absteiger gab es aber keine. Auch der Hessische Fußball-Verband hatte sich einen Monat zuvor für ein solches Vorgehen entschieden.
"Auf- und Absteiger zu definieren, als wäre die Saison komplett regulär ausgetragen worden, stellt bei aktueller Sachlage eine äußerst destruktive Lösung dar", heißt es im Rimparer Schreiben. Der Verband müsse "endlich positive Lösungen finden". Unterfrankens Bezirksspielleiter Bernd Reitstetter begrüßt es, "wenn sich Vereine Gedanken machen", aber sagt auch: "Eine Lösung, die allen gefällt, wird es nicht geben."

Ein Vorwurf der Verfasser lautet: Der Verband habe im März am Paragrafen 93 der Spielordnung "nachträglich heimlich inhaltliche Änderungen vorgenommen", die zulasten Rimpars gehen würden. Dem widerspricht der Verband auf Anfrage dieser Redaktion. Man habe "lediglich eine redaktionelle Änderung" vorgenommen. Der Verband weist darauf hin, dass dieser Paragraf bereits seit August 2020 gelte und "sehr offensiv kommuniziert" worden sei.
Verschärfter Abstieg im nächsten Jahr als Folge zu voller Ligen
Reitstetter, zuständig für die Landesliga Nordwest, stellt auch die Frage, was die Folge wäre, wenn nach einem Abbruch keine Mannschaften absteigen müssten? "Da wir auf die Relegation verzichten, hätten wir, Stand jetzt, 96 Landesligisten. Gäbe es auch keine Absteiger, wären es weit über 100 Mannschaften." Jede der fünf Staffeln müsste womöglich mit 19, 20 oder sogar mehr Mannschaften spielen. Ein "verschärfter Abstieg", um die Ligen wieder auf die festgelegten Normalgrößen zu reduzieren, würde dem folgen.
Rimpars Forderung schlossen sich mehr als 50 Vereine an, weitere bekundeten ihre Sympathie, indem sie den Beitrag teilten oder kommentierten. Vor allem Mannschaften, die selbst auf einem Abstiegsplatz stehen und profitieren würden, wenn der Abstieg ausgesetzt würde, unterstützten das Anliegen.
Ein solches Eigeninteresse ist dem TSV Abtswind nicht zu unterstellen. Denn die Abtswinder stehen in der Fußball-Bayernliga nicht auf einem Abstiegsplatz. Dennoch unterstützt Manager Christoph Mix den Rimparer Vorstoß: "Wir wollen uns solidarisch zeigen", erklärt er. Darauf angesprochen worden sei er aus dem Umfeld eines Abtswinder Spielers, dessen Heimatverein die Aktion unterstützt. Sollten es dadurch zu viele Mannschaften für eine Spielklassenebene sein, schlägt er vor: "Dann macht halt eine Liga mehr."
Gerolzhofen sieht sich durch Quotienten um Aufstieg gebracht
Zustimmung für die Petition gibt es auch beim FC Gerolzhofen, dem Ersten in der Schweinfurter Kreisliga 1, der allerdings hinter Verfolger Ettleben/Werneck landen würde, sollte bei einem Saisonabbruch der Quotient aus Punkten und Spielen entscheidend sein: "Auch uns trifft es extrem hart", sagt Jürgen Hept, der Vorsitzende im Spielausschuss des Vereins. Die Gerolzhöfer fühlen sich um ihre bisherigen Erfolge gebracht. "Eine pauschale Regelung ist nach unserer Ansicht weder gerecht noch angebracht", sagt Hept, der für seinen Verein eine Anlage zum Rimparer Brief verfasste.
Im Schreiben heißt es dazu, dass "Sonderlösungen" notwendig seien. Davor warnt Reitstetter: "Wenn wir anfangen, den Paragrafen 93 an einer Stelle aufzuweichen, müssten wir konsequent sein und das für alle durchziehen." Würde heißen: keine Absteiger, keine Aufsteiger, Saison de facto annulliert. Und selbst das würde bestimmt nicht allen gefallen.