Nach der Humba mit "Derbysieger"-Rufen vor fast vollen Rängen mit stehenden und applaudierenden Menschen gab Steffen Kaufmann am Samstagabend einen Einblick in seine Gefühlswelt. "Pure Freude, Erleichterung, Stolz", antwortete der zehnfache Torschütze der Wölfe Würzburg auf die Frage, was in ihm vorgehe wenige Minuten nach dem dritten Saisonsieg seiner Mannschaft in der 2. Handball-Bundesliga.

Das 32:27 (18:15) im Unterfrankenderby über den TV Großwallstadt zum Abschluss der Hinrunde war verdient. Das Tabellen-Schlusslicht verkürzte seinen Abstand auf die Nichtabstiegsplätze damit auf vier Punkte.

"Das muss ein Startschuss für eine Serie sein", appellierte Kaufmann nach dem gelungenen Auftakt in dieses Schicksalsjahr – auch wenn der Erfolg nur "ein erster Schritt" für die angepeilte Aufholjagd sei. Was ihm Hoffnung dafür macht? "Dass wir heute geschlossen als Mannschaft aufgetreten sind."
Julian Thomann zeigt sich beeindruckt von der Atmosphäre in der Halle
Wölfe-Trainer Julian Thomann, der mit klugem Matchplan und gekonnter Wechselstrategie seinen Teil zum siebten Derbysieg nacheinander über den TVG beitrug, wollte diesen "weder überbewerten, noch auf die Euphoriebremse treten": "Das war ein richtig geiles Spiel", meinte er freudig. "Wir haben in allen Mannschaftsteilen eine überragende Leistung gezeigt – vor allem im Mannschaftsteil Halle. Es ist unfassbar, was das ausmacht, wenn wir hier eine Atmosphäre haben wie heute."

In der tectake Arena, wo am 18. Dezember nur 347 Zuschauende einen Publikumsminusrekord für die Wölfe bedeutet hatten, sorgten diesmal 1541 Menschen auf den Tribünen, darunter rund 150 Gäste-Fans, für die Saisonrekordkulisse – fast doppelt so viele wie die bis dato meisten Besucherinnen und Besucher gegen Eisenach (801). Die Handballer hatten im Vorfeld ordentlich die Werbetrommel gerührt, das zahlte sich aus.
Wölfe kontern sich zur frühen 6:2-Führung
In der Partie mussten die Gastgeber, die am Vorabend bei einer Pressekonferenz ihr Zukunftskonzept vorgestellt hatten und bei denen der neue Sportliche Leiter Johannes Heufelder mit auf der Bank saß, auf Kreisläufer Alexander Merk und Linksaußen Dominik Schömig verzichten.

Mit den früheren TVG-Spielern Patrick Schmidt, Steffen Kaufmann und Torwart Andreas Wieser in der Startsieben zwangen die Würzburger die Großwallstädter durch ihre agile Abwehr früh zu Fehlern und nutzten diese für einfache Tore. Vier der sechs Treffer zur 6:2-Führung (8.) resultierten aus Tempogegenstößen.
Eine Überzahlsituation nutzten die Gäste anschließend, um zu verkürzen. Sie trafen in der ersten Halbzeit sechsmal von Linksaußen. Nach einer Viertelstunde waren sie bis auf 8:9 dran.
Torwart Andreas Wieser hat nach der Pause einen Lauf
Während beim TVG hernach Adrian Kammlodt die Akzente im Angriff setzte, zogen die Wölfe angeführt vom überragenden Kaufmann und dem starken Kreisläufer Oliver Seidler wieder bis auf 17:13 (28.) davon. Beim Stand von 18:15 ging es in die Kabinen.

Nach dem Seitenwechsel mehrten sich vorne die Fehler bei den Würzburgern. Doch hinten lief Wieser nun zu Hochform auf. Unter anderem wehrte er einen Ball nach freiem Wurf von Frieder Bandlow mit der Zehenspitze ab und verhinderte dadurch, dass Großwallstadt auf 20:21 herankam. "Eigene Leistung zählt gerade nicht, es zählen nur Punkte. Heute hat die Mannschaft gepunktet", kommentierte Wieser bescheiden.
Steffen Kaufmann sorgt mit einem Kempa-Tor für die Vorentscheidung
Nach der zweiten Auszeit von Thomann folgte ein 3:0-Lauf durch Seidler und Kaufmann zum 24:19 (47.). Als Letzterer sechs Minuten vor Schluss mit einem umjubelten Kempa-Tor nach Assist von Linus Dürr das 28:23 markierte, zweifelte wohl keiner mehr am Sieg der Wölfe.
Dem neuen TVG-Trainer Vyacheslav "Slava" Lochmann, zugleich ukrainischer Nationalcoach, verhagelte es somit den Einstand. "Von der ersten Minute war meine Mannschaft heute eine andere als in der Vorbereitung", sagte er geknickt und mutmaßte, dass der "Derbyfluch" seine Spieler vielleicht mental blockiert habe.
Für die Wölfe stellt sich nun die Frage: Wird die Rückrunde ihrer zehnten Zweitliga-Saison doch nicht zur Abschiedstour? Die Hoffnung vor dem nächsten Heimspiel gegen den HC Elbflorenz Dresden mit den Ex-Wölfen Marino Mallwitz und Michael Schulz (Freitag, 10. Februar, 19.30 Uhr), sie lebt.
Die Statistik des SpielsHandball, 2. Bundesliga, Männer:
Wölfe Würzburg – TV Großwallstadt 32:27 (18:15)Würzburg: Maier (bei einem Siebenmeter), Wieser (1. – 60., 15 Paraden) – Schömig (n. e.), Böhm 1, Karle 4, Neagu, Schmidt 5/1, Kaufmann 10, Dürr 3, Hack, Geis, Brielmeier 1, Rose 1, Seidler 7, Franke.Großwallstadt: Boukovinas (1. – 60., 11 Paraden, 1 Tor), Pysarevskyi (n. e.) – Klenk 2, Barbaskas, Eisenträger 3, Bandlow 6/4, Schauer 4, Strakeljahn, Redkyn 1, Wullenweber, Corak 4, Stark, Munzinger, Kammlodt 5, Rink, Schalles 1. Spielfilm: 6:2 (8.), 8:6 (12.), 9:8 (15.), 13:10 (21.), 17:13 (27.), 18:15 (HZ), 20:17 (36.), 21:19 (43.), 24:19 (47.), 28:23 (54.), 32:27 (Endstand.)Siebenmeter: 1/1 : 4/4.Zeitstrafen: 5:2.Schiedsrichter: Friedel/Herrmann (Leipzig/Zschorlau).Zuschauende: 1541.HBL