Seit 1. Juli ist Friederike "Fritzy" Kromp bei Eintracht Frankfurt Cheftrainerin der U-20-Frauen in der 2. Bundesliga und Nachwuchskoordinatorin. Die aus Eisingen (Lkr. Würzburg) stammende 38-Jährige war zuvor Nationaltrainerin der U-17-Juniorinnen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Im Interview schildert Kromp einen intensiven Arbeitsalltag mit jungen Spielerinnen in einer Liga mit großen Unterschieden. Außerdem spricht sie offen über die Gefahr des Ausgebranntseins in ihrem Beruf und erklärt, warum sie die Auszeit, die sich Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nach der WM im Sommer genommen hat, gut nachvollziehen kann.
Wie waren Ihr Start in Frankfurt und die ersten Monate?
Friederike Kromp: Mit einem Wort: intensiv.
Und mit mehr Worten?
Kromp: Die ersten beiden Monate waren geprägt von der Vorbereitung und vielen Kennenlernterminen, sowohl innerhalb des Vereins als auch außerhalb, wie mit Schule und Internat, wo aktuell acht Nachwuchsspielerinnen leben. Ende August ging dann schon die Saison los. Mir ist viel positive Energie entgegengebracht worden, und ich habe den Schritt hierher bisher nicht bereut.

Warum sind Sie von einem Nationaltrainerinnen-Posten beim DFB zu einem Zweitligisten gewechselt?
Kromp: Berechtigte Frage, bekomme ich häufiger gestellt. Die hoffentlich nachvollziehbare Antwort ist: Ich habe knapp 20 Jahre im Verband verbracht, erst im Bayerischen Fußball-Verband und dann im DFB. Ich kenne die Strukturen in- und auswendig und hatte bis zuletzt auch immer große Freude an meinem Job. Aber ich war jetzt zehn Jahre im U-17-Altersbereich, während ich selbst immer älter wurde. Da reifte in mir der Wunsch, auch mal etwas ältere Spielerinnen zu trainieren. Das habe ich dem DFB gegenüber auch so geäußert; leider hat dort die Perspektive gefehlt. Außerdem wollte ich auch mal Vereinserfahrung sammeln. Die Möglichkeiten, direkt den Schritt in die erste Liga zu machen, waren da. Aber zum einen hatte ich Respekt vor der Aufgabe, zum anderen hat mich das Projekt in Frankfurt gereizt, wo viel investiert wird und ich am Aufbau der Strukturen mitwirken kann.
Was unterscheidet Ihre Arbeit nun von ihrem bisherigen Job?
Kromp: Der größte Unterschied ist das tägliche Training mit den rund 20 Nachwuchsspielerinnen. Bei der U-17-Nationalmannschaft hatte ich im Schnitt etwa fünf Tage pro Monat, in denen ich mit den Spielerinnen am Platz arbeiten konnte. Die restlichen 25, 26 Tage war ich im Homeoffice zum Koordinieren oder unterwegs in Deutschland, um Vereine, Trainings und Spiele zu besuchen. In Frankfurt haben Julia Simic (Co-Trainerin, Anm. d. Red.) und ich kürzlich die 50. Trainingseinheit mit unserem neuen Team abgehalten. Da dachte ich: Wahnsinn! So viele Einheiten hatte ich beim DFB im Jahr, wenn überhaupt. Eine Besonderheit für uns als Nachwuchsmannschaft ist, dass wir fast nur abends trainieren können, alles muss um die Schule rumkoordiniert werden. Dementsprechend lange sind die Tage, ich habe im Prinzip keine privaten Abende mehr. Samstag trainieren wir auch, Sonntag spielen wir, der Spielbetrieb hat auch eine ganz andere Schlagzahl als beim DFB. Um es kurz zu sagen: Es ist ein komplett anderes Arbeiten, das natürlich auch das Leben bestimmt.
"Die Gefahr des Ausgebranntseins ist bei unserem Beruf immer da."
Friederike Kromp, Trainerin der U-20-Frauen von Eintracht Frankfurt
Klingt so, als fräße Ihr neuer Job Ihr Leben ziemlich auf.
Kromp: Na ja, wenn man Trainerin ist, dann ist man es mit Leib und Seele. Auch beim DFB habe ich nicht unbedingt 25 Tage im Monat meine Work-Life-Balance verfolgt. Es ist bei mir schon sehr lange so, dass sich mein Leben nach dem Job und dem Kalender des Spielbetriebs richtet. Aber jetzt bin ich natürlich noch mal weniger frei und quasi "fremdbestimmter". Das war mir vorher bewusst. Ich wollte es so erleben und fühlen, wie es ist. Wahrscheinlich mache ich das keine 20 Jahre, aber für den Moment ist es absolut in Ordnung.
Welche der Aufgaben macht Ihnen am meisten Spaß?
Kromp: Die Arbeit am Platz. Nach langen Tagen mit vielen Terminen und Absprachen sowohl nach oben mit Erstliga-Trainer Niko Arnautis, als auch nach unten mit der U19 und U17, ist das Energielevel oft schon ein bisschen unten. Das Training bringt mir dann am meisten Energie zurück.

Wie würden Sie sich als Trainerinnentyp beschreiben?
Kromp: Ich würde mich nach wie vor als kommunikative und kooperative Trainerin bezeichnen. Und als Menschenfreundin, die das Individuum im Vordergrund sieht, mit allem, was unsere Spielerinnen zwischen zehnter Klasse und Abitur oder am Übergang zum Berufsleben täglich zu leisten haben – und in einer Altersphase der Selbstfindung, teils noch in der Pubertät. Allerdings musste ich mir ein etwas anderes Profil aneignen als ich es beim DBF hatte. Dort hatte ich es leichter mit einigen wenigen Auserwählten aus Deutschland. Durch die tägliche Arbeit im Verein muss ich meinen Führungsstil entsprechend anpassen. Ich muss Spielerinnen öfter enttäuschen, wenn sie nicht im Kader sind oder sie auf wenig Spielzeit kommen. Das trifft sie natürlich, sie investieren unfassbar viel für den Traum vom Profifußball. Da werde ich mehr gefordert, muss die Spielerinnen mehr mitnehmen und ihnen Wege aufzeichnen, wie sie sich weiterentwickeln können, sodass sie an solchen Situationen wachsen und nicht zerbrechen.
Wie bewerten Sie die bisherige Saison?
Kromp: Für die U-20-Teams wird es in der 2. Liga immer schwerer zu bestehen. Das spricht einerseits für die Professionalisierung und andererseits für den Zwiespalt, in dem wir zwischen Ausbildung und kurzfristigem Erfolg in Form von Punkten stecken. Wir haben sehr viele noch ganz junge Spielerinnen, die erst ihre Zweitliga-Debüts gefeiert haben. Sie können hier bestehen, müssen aber schnell viel dazulernen und Woche für Woche an ihre Grenzen gehen.
In der 2. Liga spielen die vier U-20-Mannschaften der Bundesligisten aus Frankfurt, München, Wolfsburg und Hoffenheim – letztere drei am Tabellenende. Und die zehn Frauenteams anderer Klubs, die meisten auch vor der Eintracht. Was sagt das aus?
Kromp: Dass es in der Liga eine Lücke zwischen den U-20-Teams und den Frauenmannschaften gibt, die man fast nicht schließen kann. Die Duelle gegen eine U20 sind komplett andere Spiele als die gegen gestandene Frauen – im Prinzip spielt da eine Jugend- gegen eine erwachsene Mannschaft. Gegen Potsdam zum Beispiel waren wir auf mehreren Positionen 15 Jahre jünger und gegen Weinberg im Altersdurchschnitt um die zehn Jahre. Das sind einfach auch zehn oder 15 Jahre mehr Erfahrung, die uns andere voraushaben. Trotzdem wollen wir mit unseren acht U-Nationalspielerinnen die beste U-20-Mannschaft in Deutschland sein, um in der Liga zu bleiben.

Wie fällt Ihre Zustandsanalyse der Frauen-Nationalmannschaft aktuell aus?
Kromp: Das frühe WM-Ausscheiden hat seine Spuren hinterlassen. So ganz scheint das Team die Kurve noch nicht bekommen zu haben. Jetzt müssen nach einer Analyse schnell personelle Entscheidungen getroffen werden. Horst Hrubesch ist eine gute Interimslösung für Martina Voss-Tecklenburg, ich mag und schätzte ihn persönlich sehr, aber das ist keine mittel- und langfristige Lösung.
Klingt, als rechneten Sie nicht mit einer Rückkehr von Martina Voss-Tecklenburg, die nun nicht mehr krankgeschrieben ist und mit PR-Terminen für Wirbel sorgt.
Kromp: Eher nicht. Ich habe aktuell keinen direkten Kontakt zu ihr, aber es scheint so, als ginge es ihr besser. Wie auch immer das jetzt mit ihr ausgeht: Dass sie eine längere Pause gebraucht hat, kann ich aus Trainerinnensicht gut nachvollziehen.

Wie meinen Sie das?
Kromp: Ich kenne die enorme Turnierbelastung, die schon Monate vorher losgeht, und kann mir gut vorstellen, wie groß auch der öffentliche Druck in Martinas Position ist. Damit muss man umgehen und seine eigenen Grenzen kennen und setzen, um sich zu schützen. Ich kenne Martina gut genug, um zu wissen, dass sie einen sehr, sehr hohen Anspruch an sich selbst hat und sich teilweise auch zerrissen hat. Da sind wir Trainerinnen und Trainer alle recht gleich. Das ist ein schmaler Grat, die Gefahr des Ausgebranntseins ist bei unserem Beruf immer da. Wenn man den Moment verpasst, auf sich zu achten, kommt man in einen Teufelskreis, in dem man zu viel Energie lässt, keine Energie mehr zuführen kann und in ein Missverhältnis rutscht, das ganz schnell gesundheitliche Folgen haben kann.
Schaffen Sie es, in diesem intensiven Arbeitsalltag, ausreichend auf sich zu achten?
Kromp: Nun ja, ehrlicherweise auch nicht immer gleich gut. (lacht) Einerseits empfinde ich es als großes Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen durfte. Andererseits besteht aber gerade darin die Gefahr, dass es nichts anderes mehr gibt. Kein anderes Hobby, kaum Freizeit, kaum Privatleben. Ich habe da auch schon meine eigenen Erfahrungen machen dürfen und kenne meine Trigger, an denen ich merke: Jetzt ist es an der Zeit, mal wieder ein Stück zurückzuschrauben, mir Auszeiten zu nehmen und mehr an mich zu denken. Ich habe für mich Rituale gefunden, die mir guttun: Joggen, Yoga, ein Spaziergang ohne Handy oder ein Heimatbesuch bei meinen Eltern in Eisingen, wo ich im Garten abhängen kann oder mal durch Würzburg schlendern und einen Kaffee trinken.