Der Fall Türkgücü München ist einer, der die gesamte 3. Liga beschäftigt. Zwar hätte der eigentlich beschlossene, aber noch nicht rechtskräftige Punktabzug lediglich Auswirkungen auf den Tabellenkeller und damit auch die Würzburger Kickers. Sollten sich jedoch die Gerüchte bestätigen, denen zufolge der Klub von Investor Hasan Kivran den Spielbetrieb nach der Länderspielpause Ende März nicht aufrecht erhalten kann, hätte das Auswirkungen auf die gesamte Liga. Und negative Auswirkungen auf das Team von Trainer Ralf Santelli.
So sieht die Tabelle der 3. Liga ohne Türkgücü München aus
Der Reihe nach. Das zugrunde liegende Problem der Münchner ist simpel: Es fehlt an Geld. Die Gründe dafür sind vielschichtig, liegen jedoch auf der Hand. Kivran, der sich bereits im vergangenen Jahr als Geldgeber zurückziehen wollte und dann aber seinen Rücktritt vom Rücktritt bekanntgegeben hatte, will nun wohl endgültig keine weiteren Millionen in den Migrantenklub pumpen. Ein für 2021 geplanter Börsengang scheiterte wohl aufgrund mangelnden Interesses an den Türkgücü-Aktien und wurde ohne Nennung eines neuen Termins verschoben. Neue Investoren sind nicht in Sicht. Die geringen Zuschauerzahlen während der Pandemie sowie die Stadionmieten für das Olympia- und das Grünwalder Stadion inklusive sonstiger Kosten zum Stemmen eines Heimspiels taten ihr übriges.
So unklar die Zukunft des Vereins, so zweifelsfrei ist dessen finanzielle Notlage: Aufgrund des Verstoßes gegen Lizenzauflagen des Klubs sind zwei Punkte Abzug durch den Deutschen Fußball-Bund die Konsequenz. Ende Januar beantragte Türkgücü dann offiziell Insolvenz, was weitere neun Zähler Abzug bedeutet. Mit elf Punkten weniger, dann also 18, stünden die Münchner auf dem letzten Tabellenplatz. Obwohl die zuständigen Gremien des DFB den Einspruch Türkgücüs am Mittwoch dieser Woche abgewiesen hatten, ist der Punktabzug noch immer nicht rechtskräftig. Denn der Klub könnte beim DFB-Präsidium respektive der Fachgruppe Zulassungsbeschwerden erneut Einspruch einlegen. Das müsste binnen sieben beziehungsweise drei Tagen geschehen.
Arbeitsagentur zahlt Gehälter der Türkgücü-Spieler
Dass die Münchner damit Erfolg haben werden, scheint äußerst unwahrscheinlich. Was wiederum die Frage birgt, wie es bei dann miserablen Aussichten auf den Klassenerhalt überhaupt weiterginge. Türkgücü, das am vergangenen Wochenende beim 1:0-Auswärtssieg in Dortmund ein Lebenszeichen sendete, hat in diesem Monat noch zwei Partien vor der Länderspielpause vor der Brust: Am Sonntag im Olympiastadion gegen Tabellenführer Magdeburg, eine Woche darauf in Wiesbaden. Bis dahin braucht es einen neuen Geldgeber. Denn nur noch in diesem Monat übernimmt die Arbeitsagentur im Rahmen des Insolvenzverfahrens einen Teil der Spielergehälter, danach müssten die Münchner wieder selbst dafür aufkommen. Sollte Kivran oder ein möglicher neuer Investor also keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen, dürfte Insolvenzverwalter Max Liebig den Münchnern den Stecker ziehen.
Das bestätigte auch Trainer Andreas Heraf gegenüber der "Bild"-Zeitung. Der Österreicher, der Ende Dezember auf Peter Hyballa folgte, sagte: "Ich, beziehungsweise wir befürchten, dass Ende März alles vorbei sein könnte, sollte sich nicht ein neuer Investor finden." Doch was bedeutet das konkret, "alles vorbei"? Kann Türkgücü den Spielbetrieb in der 3. Liga nicht aufrechterhalten, würden alle bisher absolvierten Partien der Münchner annulliert und aus der Wertung genommen werden. Die Kickers hätten am ersten April-Wochenende, wenn die Rothosen in München antreten sollen, somit spielfrei. Der wesentlich herbere Schlag im Abstiegskampf wäre jedoch die Annullierung des Hinspiels, das die Kickers Ende Oktober mit 2:1 gewonnen hatten. Heißt: drei Punkte weniger auf dem Konto.
Auch die anderen Teams im Tabellenkeller verlieren Punkte
Freilich ginge es nicht nur den Kickers so. Auch Havelse würden drei Zähler abgezogen, Verl zwei Punkte. Berlin würde einen Punkt verlieren, Duisburg drei. Kurios wäre zudem der Umstand, dass der 1. FC Kaiserslautern am letzten Spieltag, wenn das Duell mit Türkgücü anstehen würde, als einziger Drittligist spielfrei wäre und in den Aufstiegskampf nicht mehr aktuell eingreifen könnte.
"Es ist eine sehr tragische Situation, aber wir nehmen es so, wie es kommt. Wir können es nicht beeinflussen", kommentierte Kickers-Verteidiger Christian Strohdiek nach dem gewonnenen Pokalviertelfinale gegen Schweinfurt die Situation. "Es wäre schade, unabhängig von der Frage, ob wir dann weniger Punkte hätten. Aber das zeigt einfach, dass Fußball nicht einfach nur Geld reinfeuern ist."
Spieltage 32 bis 34 terminiert: Kickers empfangen Kaiserslautern am FreitagabendSollte die Partie gegen Türkgücü München stattfinden, ist für die Kickers am Sonntag, 3. April, um 14 Uhr Anpfiff im Stadion an der Grünwalder Straße.Schon am darauffolgenden Freitagabend, 19 Uhr, ist der 1. FC Kaiserslautern mit Ex-Kickers-Coach Marco Antwerpen zu Gast am Dallenberg.Das nächste Wiedersehen mit einem Ex-Trainer gibt es am Samstag, 16. April, um 14 Uhr, wenn die Rothosen bei der von Michael Schiele trainierten Eintracht Braunschweig antreten.Quelle: fmo