Maximilian Ugrai stand an diesem nicht besonders gemütlichen Novemberabend vor dem Seiteneingang der ratiopharm Arena in Neu-Ulm und plauderte ein wenig mit alten Bekannten und mit Vertretern seines Arbeitgebers. Der damals 24-Jährige schien, seiner Miene nach zu urteilen, nicht bester Laune zu sein, und das lag bestimmt nicht nur daran, dass sein Klub soeben 73:82 gegen Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets, der damals noch s.Oliver Würzburg hieß, verloren hatte. Auf Ugrais Stimmung durfte vor allem geschlagen haben, dass er gegen seinen Heimatverein nicht einmal eine Sekunde hatte mittun dürfen.
Bald vier Jahre ist diese Szene nun her, und plaudert man dieser Tage – vor dem Pokal-Achtelfinale der Baskets gegen den deutschen Meister Ulm (Samstag, 18.30 Uhr) – mit Ugrai ein bisschen über seinen Werdegang und seine Rückkehr nach Würzburg, über die aktuelle Situation und die bevorstehenden Aufgaben, darf man zweifelsfrei, nein: muss man festhalten: Der Mann hat eine Entwicklung hinter sich und ist enorm gereift.
Früher waren offizielle Gespräche mit Maximilian Ugrai nicht immer ganz einfach, weil er recht schmallippig daherkam und häufiger den Eindruck erweckte, dass es bestimmt ganz viele Sachen gibt, die er viel lieber täte, als mit Journalisten zu reden. Vermutlich war das auch dem Alter geschuldet. Heute ist der 28-Jährige zwar auch noch nicht zu einer riesengroßen Plaudertasche geworden – aber Interviews fallen ihm hörbar leichter. Eine Art Routine inzwischen.
Wenn der Welpenschutz aufgegeben wird
Der 2,01 Meter große gelernte Flügelspieler, der bei der ernüchternden 60:78-Schlappe gegen Ludwigsburg im ersten Saison-Heimspiel als einziger Würzburger wenigstens an seine zu erwartende Normalform kam, nennt seinen Weggang aus Würzburg 2017 einen "sehr, sehr wichtigen Schritt". Der damalige Baskets-Trainer Dirk Bauermann sortierte den gebürtigen Bad Mergentheimer aus, der 2008 mit 13 zu den Baskets in die Jugend gekommen war, dort mit 17 seine Bundesliga-Premiere begangen und sich unter Bauermanns Vorgänger Douglas Spradley einen festen Platz in der Rotation erspielt hatte.
Ugrai zog es im Sommer 2017 also zu Bundesliga-Aufsteiger Jena. "Damit kam ich raus aus dem Jugendspieler-Status", sagt Ugrai. Kein Welpenschutz mehr. "Ich musste beweisen, dass ich als Profi liefern kann und wollte zeigen, dass ich jedes Jahr auf hohem Niveau spielen kann." Basketballerisch, aber "vor allem auch privat hat mich das reifen lassen". Ugrai sagt, wenn er heute dem damals jungen Max etwas raten könnte, dann, diesen Schritt in die Fremde eher zu wagen.

In Jena wurde er zwar zur etablierten Bundesliga-Stammkraft, was das Interesse der Ulmer weckte. Ugrai verletzte sich aber auch am Meniskus, was ihn später noch einmal zurückwerfen sollte. In Ulm spielte er eine "solide erste Saison", wie er es nennt. Er sammelte auch Erfahrung im Europapokal. In der nächsten Runde brach die alte Verletzung wieder auf, und Ulms damals neuer Trainer Jaka Lakovic hatte kein großes Interesse mehr an den Diensten Ugrais. Zudem brach Corona über die Welt herein – und im deutschen Randsport das große Sparen aus. Mangels Angeboten aus dem Oberhaus ging Ugrai nach Bremerhaven in die zweite Liga. "Auch da habe ich viel gelernt, so weit weg von zu Hause, der Familie und Freunden."

"Ich hatte nie Angst, dass ich nicht zurückkehren würde in die Bundesliga. Mir war klar, dass ich nur zeigen musste, dass ich körperlich wieder fit und komplett belastbar bin", sagt Ugrai. In Bremerhaven hatte er wieder mehr Spielanteile, mehr Verantwortung. Aufsteiger Heidelberg nahm ihn dann mit in die Premiumliga.

In Heidelberg vollzog sich auch Ugrais Positionswechsel. Der gelernte Flügelspieler wurde zum Center, den er auch in Würzburg gibt. Er hofft sehr darauf, dass Kollege Owen Klassen nun zurückkehrt, weil er "unserem Spiel dann mehr Variationsmöglichkeiten und mehr Physis unter dem Korb gibt". Die Pokalspiele nennt Baskets-Trainer Sasa Filipovski "Basketball-Feiertage", Ugrai bezeichnet sie als "Bonus. Wir wissen, was gegen Ulm auf uns zukommt". Die Chancen, gegen den Meister ins Viertelfinale einzuziehen, erscheinen nicht überbordend groß zu sein – was freilich nichts am Saisonziel ändert: Ugrai traut seinem Team das Potenzial zu, in die Play-offs zu kommen: "Die Chance ist durch den neuen Modus größer. Wir alle brennen dafür." In dieser Saison genügt es, Zehnter zu werden, um die Saisonverlängerung zu erreichen.
Das Haus in Retzbach
Ugrais Rückkehr in die Domstadt hat außer mit einem Haus im 20 Kilometer entfernten Retzbach vor allem auch mit seiner Lebensgefährtin zu tun. "Wir hatten nach all den Jahren keine Lust mehr auf eine andauernde Fernbeziehung", sagt Ugrai, der sehr genau weiß, dass sowohl die berufliche Zukunft seiner Freundin als angehende Berufsschullehrerin als auch seine eigene als Basketball-Profi nicht sehr weit im Voraus planbar sind. "Es war gutes Timing, jetzt im Sommer heimzukommen", sagt Ugrai und lächelt. "Es ist auf jeden Fall superschön, wieder hier zu sein."
Owen Klassen kehrt zurückBBL-Pokal, Achtelfinale: Würzburg Baskets – ratiopharm Ulm (Samstag, 18.30 Uhr)25 Mal trafen die Baskets und der aktuelle deutsche Meister Ulm aufeinander – nur viermal gingen die Würzburger als Sieger vom Parkett. Der letzte (und einzige!) Heimsieg gelang am 5. November 2011. In dieser Woche kassierten die Schwaben eine 82:111-Klatsche beim inzwischen vom Ex-Ulmer Coach Jaka Lakovic trainierten Eurocup-Titelträger Gran Canaria.Bei den Gastgebern wird Bazoumana Koné ausfallen, bei dem die bei der WM erlittene Sprunggelenksverletzung wieder aufgebrochen ist. Der Einsatz von Darius Perry ist fraglich, weil ihn in dieser Woche ein Infekt flachgelegt hat. Dafür soll Center Owen Klassen nach seinem Bänderriss zurückkehren.tbr