Eine beschauliche 22 000-Einwohner-Kreisstadt im bayerischen Alpenvorland. Südlich von München. Nördlich von Garmisch-Partenkirchen. Nicht mal 15 Kilometer bis zum Ammersee und zum Starnberger See. Dazwischen viele Felder und Kuhweiden. Weilheim in Oberbayern. Hierher hat es vor 30 Jahren den Rimparer Dieter Pausch verschlagen. In seiner Jugend- und jungen Aktivenzeit war er Mittelmann bei den Handballern der Marktgemeinde. „Damals habe ich Freundschaften fürs Leben geknüpft“, sagt der heute 62-Jährige. Zu diesen Freunden gehören auch Waltraud und Roland Sauer, Abteilungsleiterin bei der DJK Rimpar und Geschäftsführer der Wölfe. Dieter Pausch ist inzwischen erster Vorsitzender beim TSV Weilheim. Der feiert in diesem Jahr sein 170-jähriges Bestehen. Und die Handballabteilung ihren 70. Geburtstag.
Zum großen Fest am Wochenende hat Pausch Ehrengäste eingeladen. Aus der alten, unterfränkischen Heimat. Zweitligist DJK Rimpar Wölfe sollte sportlichen Glanz in die vom Spitzenhandball verschonte Diaspora im südlichen Zipfel des Freistaats bringen. Und so bezog am Freitagabend das Rudel von Chefcoach Matthias Obinger Quartier im Naturfreundehaus am Stadtrand und hielt am Wochenende sein Trainingslager in der Jahnhalle ab.
Öffentliche Übungseinheit vor knapp 20 Zuschauern und zwei Vorbereitungspartien inklusive.
Gefälliger und flotter Handball
Am Samstag gewannen die Wölfe gegen Drittligist TuS Fürstenfeldbruck nach zwischenzeitlichem Acht-Tore-Vorsprung mit 33:27 (15:14), am Sonntag rangen sie dem österreichischen Erstligisten Handball Tirol aus Schwaz nach Führung bis zur 34. und einer „Tiefschlafphase“ (Obinger) mit anschließendem Rückstand bis zur 57. Minute ein 30:30-Remis ab. Damit stehen in ihrer Testspielbilanz nach dem 19:41 am Mittwoch in Würzburg gegen die Rhein-Neckar Löwen, ein Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage.
Dieter Pausch, der den Rimparern persönlich den Stadtführer in Weilheim gab, und die insgesamt rund 250 Besucher in der Jahnhalle bekamen in beiden Duellen durchaus hochklassigen, gefälligen, flotten Handball geboten. Und das, obwohl Obinger am Samstag nicht nur zu Experimenten gewillt, sondern auch gezwungen gewesen war. Weil Stefan Schmitt, Sebastian Kraus, Jan Schäffer (alle private Gründe), Dominik Schömig (Außenbanddehnung), Benedikt Brielmeier (Mandelentzündung), Max Bauer (Kreuzbandriss), Neuzugang Patrick Gempp (U 21-WM) und auch Torwart Max Brustmann (Urlaub) fehlten, standen nur acht Feldspieler zur Verfügung – darunter Philipp Meyer aus dem Perspektivkader und überraschend ein neues Gesicht. Kreisläufer Moritz Barkow, zuletzt beim Liga-Konkurrenten Wilhelmshavener HV unter Vertrag, in der Rückrunde wegen eines Kreuzbandrisses aber nicht mehr einsatzfähig, trainierte testweise mit.
Ob sich die Rimparer, deren Personalplanungen eigentlich abgeschlossen schienen, noch mit ihm verstärken, wird sich wohl in den nächsten Tagen entscheiden.
Der 29-jährige, 1,92 Meter große Rechtshänder, der beim TSV Bayer Dormagen ausgebildet worden ist und zwischenzeitlich auch beim TuS Ferndorf im Unterhaus spielte, zeigte laut Obinger jedenfalls schnelle Auffassungsgabe und gute Ansätze. Sollten ihn die Wölfe verpflichten, wäre das ein Hinweis darauf, wie Obinger den Angriff ausrichten könnte: Vermutlich bekäme das zuletzt schon starke Spiel über den – oder die – Kreisläufer noch mehr Gewicht. Zu einem solchen wird auch Meyer, bei den Jungwölfen im linken Rückraum aktiv, im Zweitliga-Kader umgeschult.
Schmidt zieht die Strippen
Und noch ein paar Schlüsse ließen die taktischen Tüfteleien am Wochenende zu.
Patrick Schmidt, der nie ein Geheimnis daraus gemacht hat, sich in der Rolle des Spielmachers wesentlich wohler zu fühlen als auf Halblinks, durfte in Weilheim jeweils eine gute Halbzeit lang die Strippen auf der Mitte ziehen, wo Benjamin Herth bisher gesetzt gewesen war, und er demonstrierte dabei sowohl Ehrgeiz als auch Zug zum Tor. Herth rückte ersatzweise auf den linken Flügel und damit auf seine ursprünglich erlernte Position. In der zweiten Hälfte gegen Schwaz zeigte der Routinier dann nicht nur mit sechs Treffern, dass er offenbar gerne Regisseur bleiben möchte. Könnte sein, dass um die Mitte ein Konkurrenzkampf entbrannt ist, von dem im Zweifel die ganze Mannschaft profitiert.
Siegler macht Werbung in eigener Sache
Im linken Rückraum machte der junge Lukas Siegler Werbung in eigener Sache, im Tor vor allem am Samstag Andreas Wieser, der besonders aus der Nahdistanz seine Qualität unter Beweis stellte.
In der Abwehr studieren die Rimparer zur bisher praktizierten 6:0-Formation ein 5:1-System ein. In Oberbayern gefielen dabei der auch torgefährliche Rechtsaußen Julian Sauer als versetzt Vorgezogener und Siegler im Innenblock. Dort dürften neben Schmitt und Schäffer, die am Sonntag gegen Schwaz wieder dabei waren, künftig auch Gempp, Meyer und eventuell Barkow zusätzliche Kandidaten sein. Probleme hatte die Defensive in beiden Tests mit Werfern und Würfen aus dem Rückraum.
Obinger zeigt sich zufrieden
Insgesamt war Obinger mit dem Wochenende aber zufrieden: „Trotz der Trainingseinheiten in den Knochen hat sich meine Mannschaft gegen die ausgeruhten Gegner sehr systemdiszipliniert präsentiert und das Geübte gut umgesetzt.“
Und die Weilheimer erwiesen sich als tolle Gastgeber. „Wir wurden bestens umsorgt“, betonte Co-Trainer Josef Schömig. Dieter Pausch, dessen Mutter noch in Rimpar lebt, will es auch in der neuen Saison so halten wie bisher: „Ich werde meine Heimatbesuche wieder nach dem Heimspielplan der Wölfe ausrichten.“
Am 9. September laufen sie erstmals wieder in der s.Oliver Arena auf. Eine Woche zuvor starten sie in Saarlouis in die Spielzeit. Bis dahin stehen noch zwei weitere Tests an: am Samstag beim Bundesligisten HC Erlangen und am 11. August gegen den ambitionierten Zweitliga-Aufsteiger HC Elbflorenz aus Dresden.
Die Statistik der Spiele Rimpar gegen Fürstenfeldbruck Wieser (1-42.), Leikauf (43.-60.) – Böhm 2, Schmidt 10/4, Kaufmann 4, Meyer 1, Siegler 5, Barkow 4, Herth 2, Sauer 5. Rimpar gegen Schwaz Tirol Wieser (1.-30.), Leikauf (31.-60.) – Kraus, Schmitt, Böhm 2, Schäffer 4, Schmidt 6/3, Kaufmann 2, Meyer, Siegler 3, Barkow 1, Herth 6, Sauer 6.