Wolfgang Malisch ist beschäftigt. Wie immer eigentlich, als wir ihn vor ein paar Tagen am Telefon bei der Gartenpflege in seinem Haus am Würzburger Heuchelhof erreichen. "Das ist gesunde Arbeit, aber jetzt setze ich mich dann doch mal hin", sagt er mit kräftiger Stimme und lacht. Wer einen in die Jahre gekommenen Rentner erwartet, der wird schnell eines Besseren belehrt.
Dass der emeritierte Chemie-Professor für anorganische Chemie an diesem Dienstag seinen 80. Geburtstag feiern wird, verrät nur der Blick in die Annalen. "Mir geht es gut. Es gibt auch keinen Grund, es mir schlecht gehen zu lassen", sagt der Mann mit dem markanten Schnauzer und dem schneeweißen Haaren mit dem ihm eigenen, feinsinnigen Humor.

Auch im gesetzteren Alter ist Malisch aktiv wie eh und je. Von Ruhestand keine Spur. Die Neugierde bleibt sein steter Begleiter: "Ich habe noch genug Action, kann mich jetzt mit Dingen beschäftigen, für die ich früher keine Zeit hatte. Es gibt viel, was ich noch nicht weiß." Die letzten 13 Jahre war er mit seiner Firma "Sciomsyn" in der freien Wirtschaft tätig, hat für Industrieunternehmen Materialien für die Lichtumwandlung erforscht. "Aber damit ist mit 80 jetzt Schluss, auch wenn es gegenüber der akademischen Wissenschaft eine Erfahrung war, die ich nicht missen möchte."
Und nun? "Ich werde neue Sprachen lernen, andere Länder brauchen auch Chemie. Und ein Klavier habe ich mir gekauft. Gitarre und Geige spielen kann ich schon. Das hält fit in der Birne, die Gehirnmasse muss schließlich bewegt werden", sagt Malisch mit spitzbübischen Unterton.
Wolfgang Malisch wollte ursprünglich Sportjournalist werden
Der hiesigen Öffentlichkeit ist der gebürtige Oberschlesier, der mit sechs Jahren nach Waldbüttelbrunn zog, aber weniger als Wissenschaftler bekannt. Ohne Malisch, das darf man mit Fug und Recht behaupten, würde es den Würzburger Profi-Basketball in seiner heutigen Form nicht geben. Malisch hatte Mitte der 1980er Jahre, nachdem er an der Julius-Maximilians-Universität erfolgreich promoviert und dann habilitiert hatte, über zwei seiner Studenten Kontakt zur hiesigen Korbjäger-Szene bekommen.
Sportbegeistert sei er schon immer gewesen, berichtet Malisch, wollte ursprünglich sogar mal Sportjournalist werden. Herbert Zimmermann und Harry Valérien waren die großen Vorbilder gewesen. "Doch mir war schnell klar, dass eine solche Karriere nur einer von 100 einschlagen wird. Das Gleiche galt für die Musik, wofür ich auch ein Faible habe. Daher habe ich mich für eine andere berufliche Laufbahn entschieden." Die Liebe zum Sport aber blieb, "und die Rasanz und Dynamik des Basketballs haben mich immer fasziniert".

Zwei Freikarten zu einem Basketball-Spiel der DJK Würzburg brachten ihn schließlich mit dem Klub in Kontakt, dessen Abteilungsleitung er wenig später übernehmen sollte. "Weil es keiner machen wollte", wie Malisch schmunzelnd erzählt: "Ich hatte das an den Hacken ohne jede Kenntnis. Ich habe öfters beim DBB (Deutscher Basketball-Bund, Anm. d. Red.) in Hagen angerufen, wo mir ein paar nette Mädels und Jungs immer weitergeholfen haben."
Mit 40.000 D-Mark für die Frauen- und Männer-Zweitliga-Mannschaften, 15 Jugend-Teams und vielen Widerständen begann eine Erfolgsgeschichte, die Malisch als unermüdlicher Antreiber und "Spiritus Rector" der späteren X-Rays maßgeblich prägte.

Mit "Blut, Schweiß und Tränen" beschreibt Malisch, der 2004 für seine Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde, heute rückblickend jene Zeit, in der er täglich mit vier Stunden Schlaf ausgekommen ist. Ein Höhepunkt war 1998 der Aufstieg der DJK s. Oliver Würzburg in die Bundesliga, angeführt vom 19-jährigen Dirk Nowitzki. Dort hielten sich die "jungen Wilden", wie das Team um die Eigengewächse und späteren Nationalspieler wie Robert Garrett und Demond Greene bundesweit genannt wurde, bis 2005.
Abstieg und Insolvenz beendeten diese Ära, die Malisch mit hohem eigenen Einsatz noch zu verhindern suchte. Doch Groll ob des unschönen Endes hegte Malisch nicht. "Es war eine aufregende und gute Zeit, und ich habe keinen Schaden davongetragen, außer finanziell ein bisschen", sagte der in der Szene respektvoll und anerkennend "Basketball-Professor" genannte Jubilar anlässlich seines 75. Geburtstags.
Wolfgang Malisch sieht die personelle Situation bei den Baskets "exzellent wie selten"
Die aktuelle Entwicklung der Würzburg Baskets verfolgt Malisch, der nach dem Bundesliga-Aufstieg 2011 eine Zeit lang auch Mit-Gesellschafter war, nach wie vor aufmerksam. Abermals steht der Profi-Basketball in der Domstadt am Scheideweg, kämpft um eine tragfähige Perspektive mit den dafür nötigen Rahmenbedingungen. "Ich hoffe, alle Verantwortlichen ziehen an einem Strang im Sinne der Sache und nehmen die angebotene Unterstützung an", sagt Malisch.
Denn personell seien die Baskets "exzellent wie selten" aufgestellt. Cheftrainer Saša Filipovski und sein Coaching-Staff, Sportdirektor Krešimir Lončar, den Malisch im Jahr 2000 als 17-jährigen Leihspieler aus Treviso nach Würzburg lotste, dazu Bundesliga-Rekordspieler Alex King im Nachwuchsbereich: "Besser geht es eigentlich nicht."
Seinen Ehrentag an diesem Dienstag wird Malisch übrigens im kleinen Kreis feiern. "Ich brauche das ganze Zinnober nicht, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Ich gehe mit ein paar guten Freunden essen, das reicht."