Es war kurz nach 21 Uhr, als an diesem frühlingshaften Sonntag endgültig alle Dämme brachen in der damals noch Carl-Diem-Halle heißenden s. Oliver Arena. Auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 5. April 1998, glückte den Korbjägern der DJK s. Oliver Würzburg im dritten Anlauf der Sprung in die Basketball-Bundesliga. Zweimal waren sie in der Aufstiegsrunde knapp am großen Traum vorbeigeschrammt, doch dieses Mal führte kein Weg vorbei an den „X-Rays“, den „Röntgenstrahlen“, wie sich der Klub in Anlehnung an einen der berühmtesten Söhne der Stadt nannte. „Das miterleben zu dürfen war der Wahnsinn, einfach eine tolle Geschichte“, erinnert sich Aufstiegscoach Klaus Perneker (52), heute Lehrer und Mitglied der Schulleitung am Riemenschneider-Gymnasium, an jenen Tag, als Würzburger Sportgeschichte geschrieben wurde.
Kern aus einheimischen Spielern
Zwei Dinge machten den Aufstieg außergewöhnlich: Der Kern der Mannschaft bestand aus einheimischen Spielern, die der Klub kontinuierlich aufgebaut hatte – bis hin zur Erstliga-Reife: Robert Garrett aus Ochsenfurt, damals 21 Jahre jung, Demond Greene aus Aschaffenburg, seinerzeit gerade volljährig geworden oder natürlich Dirk Nowitzki, ein 19-jähriger Schlacks aus Heidingsfeld, starteten ihre Karrieren in der Domstadt. „Man hat es den Jungs damals einfach zugetraut“, sagt rückblickend Burkhard Steinbach. Der „Koloss aus Moos“, wie der 2,12-Meter-Hüne von den Fans liebevoll genannt wurde, war damals mit 27 Jahren der „Senior“ im Team.
Bemerkenswert war die Spielweise der „X-Rays“, die mit Tempo-Basketball und ungezügelter Offensive begeisterten. Wie ein ICE übers flache Land rauschten die Würzburger über die gegnerische Abwehr hinweg, über 105 Punkte im Schnitt hatten sie durchschnittlich pro Partie erzielt – ein Zweitliga-Rekord für die Ewigkeit. „Das war einfach eine geile Zeit und hat unglaublich viel Spaß gemacht. Ich habe mich später nie mehr so frei auf dem Basketball-Feld gefühlt wie seinerzeit in Würzburg“, resümierte Garrett, später unter anderem Meister mit Bamberg und Frankfurt, kürzlich im Sonderheft „50 Jahre Basketball-Bundesliga“.
Jahrelange Aufbauarbeit
Der Aufstieg war das logische Ergebnis der jahrelangen Aufbauarbeit, der Höhepunkt einer an Höhepunkten reichen Saison – aber an jenem 5. April 1998 gegen Erstligist Freiburg dann doch nicht so selbstverständlich, wie es erwartet worden war. Dabei war alles angerichtet, die Halle mit 3350 Zuschauern ausverkauft, eine elektrisierende Stimmung hatte sich breitgemacht, wie sich Steinbach erinnert. „Die Hütte war brechend voll, alle hielten vor Spielbeginn die Zeitungsbeilage mit Dirks Bild hoch. Das sind unvergessliche Bilder“. 3500 Sonderdrucke mit dem Slogan „Erste Liga – wir sind dabei“ hatte diese Zeitung verteilt, „und im Nachhinein habe ich mir manchmal gedacht, wie die Reaktion auf diese Aktion gewesen wäre, wenn wir die Partie verloren hätten“, sagt Perneker schmunzelnd: „Aber letztlich gab uns das den entscheidenden Kick. Alle waren schon heiß auf die Begegnung, aber jetzt wussten wir, dass es passieren muss.“
Ein hartes Stück Arbeit. Die Breisgauer wehrten sich nach Kräften, führten zur Halbzeit 51:50. Erst als Drazan Salavarda, neben dem Kroaten Ivo Nakic der einzige Profi im Team, 41,2 Sekunden vor Schluss einen Korbleger mit Foul zum 91:86 verwandelte, waren alle Zweifel beseitigt. Bester Werfer war Dirk Nowitzki, der mit Nakic ein kongeniales Duo bildete und 26 Punkte beisteuerte. „Ivo war ein Glücksgriff für uns, aber was Dirk damals schon gerissen hat, war unfassbar“, so Steinbach.
Feiern bis in die Morgenstunden
Noch in der Halle startete die Sause, Fans schnitten die Korbnetze vom Ring, die Mannschaft feierte erst in der Kabine und später bis in die frühen Morgenstunden im „Time-out“ in der Frankfurter Straße. Nur einer fehlte: Manager Wolfgang Malisch, der unermüdliche Macher im Hintergrund, hatte sich mit ein paar Getreuen in die TGW-Gaststätte in der Feggrube zurückgezogen, um die erste Erstliga-Saison planerisch in Angriff zu nehmen. „Wolfgang hatte mit seinem selbstlosen Einsatz großen Anteil am Aufstieg, ohne ihn hätte es das alles vermutlich nicht gegeben“, sagt Perneker.
An diesem Wochenende wird sich ein Teil der damaligen Aufstiegsmannschaft übrigens wiedertreffen. Nicht anlässlich des Jubiläums, sondern um bei der südostdeutschen Ü-40-Meisterschaft an den Start zu gehen. „Da wird sicher aber auch die eine oder andere Anekdote erzählt werden“, ist sich Steinbach sicher.
Das Aufstiegsteam Kader: Jürgen Dobrzanski, Thomas Glasauer, Robert Garrett, Demond Greene, Marko Laine (Kapitän), Ivo Nakic, Dirk Nowitzki, Hagen Reichelt, Drazan Salavarda, Burkhard Steinbach, Nico Wucherer Cheftrainer: Klaus Perneker Individualtrainer: Holger Geschwindner Manager: Wolfgang Malisch