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Fußball: Zehn Jahre 3x3-Projekt: Als die Würzburger Kickers Profis wurden

Fußball

Zehn Jahre 3x3-Projekt: Als die Würzburger Kickers Profis wurden

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    Trainer Bernd Hollerbach führte ab 2014 die Würzburger Kickers in drei Jahren in die 3. Fußball-Liga – allerdings mit einem Umweg über die 2. Bundesliga.
    Trainer Bernd Hollerbach führte ab 2014 die Würzburger Kickers in drei Jahren in die 3. Fußball-Liga – allerdings mit einem Umweg über die 2. Bundesliga. Foto: Fabian Frühwirth

    Was ist 3x3? Neun? Richtig! Aber nicht nur das. Die Zahlenkombination steht auch für eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte. Genau zehn Jahre ist es her, dass die Würzburger Kickers unter dem Motto 3x3 das Ziel ausriefen, den Profifußball in der Stadt zu etablieren.

    Und die Kickers erreichten ihr Ziel. Bis zum heutigen Tag ist der Wind zu spüren, den sie damals machten. Auch wenn der Höhenflug, der den Klub zwischenzeitlich bis in die 2. Bundesliga führte, mit einem steilen Absturz endete.

    Dass der Würzburger Dallenberg zu Heimspielen der Rothosen auch in der aktuellen Regionalliga-Saison ein Anziehungspunkt ist, dass die Kickers Topfavorit auf den Aufstieg in die 3. Liga sind – das war vor dem Frühjahr 2014 undenkbar.

    Die Idee: 1,2 Millionen Euro pro Jahr für den Aufstieg der Würzburger Kickers

    Würzburg ist keine Fußballstadt. Diese Behauptung stand jahrzehntelang wie in Stein gemeißelt. In den 1970er Jahren hatten mit dem FV 04 und den Kickers zeitweise zwei Mannschaften in der damaligen 2. Bundesliga Süd gespielt. Seitdem war es ruhig geworden um den Fußball in Würzburg.

    Der Einstieg von Thorsten Fischer und der von ihm gegründeten Online-Druckerei Flyeralarm als Geldgeber bei den Würzburger Kickers 2009 hatte bislang nicht richtig gezündet. Die Kickers hatten sich 2012 für die neu geschaffene Regionalliga Bayern qualifiziert. In Liga vier waren sie aber nicht mehr als Mittelmaß.

    Und wenn es nicht gerade gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern München oder gegen den FC 05 Schweinfurt ging, blieben auch die Zuschauerzahlen im übersichtlichen dreistelligen Bereich. Nicht genug für den damaligen Mäzen Fischer und seine Ambitionen.

    Zwei Füchse für die 3. Liga. Die Maskottchen gehörten zur Kampagne der Würzburger Kickers.
    Zwei Füchse für die 3. Liga. Die Maskottchen gehörten zur Kampagne der Würzburger Kickers. Foto: Fabian Frühwirth

    "Wir haben schnell gemerkt, dass wir mit unserem damaligen Etat niemals in der Regionalliga vorne mitspielen können. Wir hatten 400.000 Euro pro Saison. Selbst wenn du da 100.000 oder 200.000 Euro draufgelegt hättest, wäre es nicht möglich gewesen, oben anzugreifen", erinnert sich das damalige Vereinsoberhaupt Michael Schlagbauer. "Es war klar: Wir müssen mit professionellen Strukturen agieren. Sonst ist das nichts Halbes und nichts Ganzes und zum Scheitern verurteilt."

    Aber woher sollte das Geld dafür kommen? Für drei Jahre, so der Plan, sollten sich alle Unterstützer verpflichten – ob nun großer Sponsor, VIP-Karten-Besitzer oder Dauerkarten-Käufer. Wenn so am Ende insgesamt 3,6 Millionen Euro, also 1,2 Millionen Euro pro Jahr, zusammenkämen, dann könnte das Projekt starten. Wenn nicht, dann würde alles abgeblasen, so die damalige Erzählung. Der Plan vom Profifußball wäre zurückgewandert in die Mottenkiste.

    Die Kampagne: 3x3 sollte Fußball in Würzburg zu einem gesellschaftlichen Ereignis machen

    Drei Jahre wollten sich die Kickers Zeit geben für den Sprung in die 3. Liga. "Eigentlich", verrät Schlagbauer heute, "hätte die Kampagne ja 'drei hoch drei' heißen sollen. Das hätte irgendwie viel besser gepasst."Aber wer weiß schon, wo auf einer Tastatur die Taste für eine Hochzahl ist? Und dann kann man die kleine Ziffer kaum lesen. "Deshalb haben wir und dann für 3x3 entschieden", sagt Schlagbauer, der inzwischen Kickers-Ehrenpräsident ist.

    "Fußball ist ein sehr emotionales Thema", sagt Thorsten Fischer im Januar 2023 über den Start seiner Unterstützung für die Kickers. "Beim Fußball sind immer gleich mehrere Leute zusammen, wollen mithelfen, da bildet sich ein Team. So etwas motiviert ungemein. Und so war ich dann eben mutig, vielleicht auch ein bisschen verrückt."

    Fußball sollte auch in Würzburg zu einem gesellschaftlichen Ereignis werden. Die zu begeistern, die schon damals auf den Amateurplätzen der Umgebung standen, das hätte nicht gereicht. Die Kickers wollten mehr. Mehr Sponsoren, mehr Aufmerksamkeit, mehr Thema in der Stadt werden.

    Schon die Auswahl an prominenten Unterstützern zeigte das. Da warben Ex-Fußball-Profis wie Bernhard Winkler oder Claus Reitmaier, Schwimm-Weltmeister Thomas Lurz oder Basketball-Profi Maximilian Kleber für die Kickers. Auch Ex-Bundes-Postminister Wolfgang Bötsch, Spitzenkoch Bernhard Reiser oder Schauspieler Ingo Klünder waren von Beginn an dabei.

    Prominente Unterstützer für das Projekt 3x3 der Würzburger Kickers (von links): Spitzenkoch Bernhard Reiser, der damalige OB-Kandidat Christian Schuchardt, Schauspieler Ingo Klünder, Ex-Fußball-Profi Bernhard Winkler, Weltklasse-Schwimmer Thomas Lurz, der spätere Trainer Bernd Hollerbach, Squah-Profi Simon Rösner, Ex-Bundes-Postminister Wolfgang Bötsch, Basketball-Profi Maximilian Kleber, OB-Kandidat Muchtar Al Ghusain und Sängerin Ursula James.
    Prominente Unterstützer für das Projekt 3x3 der Würzburger Kickers (von links): Spitzenkoch Bernhard Reiser, der damalige OB-Kandidat Christian Schuchardt, Schauspieler Ingo Klünder, Ex-Fußball-Profi Bernhard Winkler, Weltklasse-Schwimmer Thomas Lurz, der spätere Trainer Bernd Hollerbach, Squah-Profi Simon Rösner, Ex-Bundes-Postminister Wolfgang Bötsch, Basketball-Profi Maximilian Kleber, OB-Kandidat Muchtar Al Ghusain und Sängerin Ursula James. Foto: FC Würzburger Kickers

    Auf dem Marktplatz errichteten die Kickers einen Glas-Pavillon. "Es war verrückt, wer da plötzlich alles mitmachen wollte", erinnert sich Ariane Keupp. Sie war aus Fischers Firma an den Dallenberg gewechselt und hatte das Marketing der Kampagne übernommen. Einer ihrer Coups war ein spontanes Unterstützerkonzert der Würzburger Philharmoniker auf dem Marktplatz. Was das mit Fußball zu tun hatte? Nichts! Aber die Kickers waren Gesprächsstoff.

    Ein aufwendig produziertes Werbevideo sorgte für Staunen. Die Kickers, die nach Jahren in den Tiefen des Amateurfußballs womöglich zunächst belächelt wurden, schienen es ernst zu meinen mit ihren Ambitionen. 

    Startschuss für die 3x3-Kampagne: (von links) Christian Papay, Ariane Keupp, Benjamin Hirsch, Bernd Hollerbach und Michael Schlagbauer bei der Vorstellung der Profipläne.
    Startschuss für die 3x3-Kampagne: (von links) Christian Papay, Ariane Keupp, Benjamin Hirsch, Bernd Hollerbach und Michael Schlagbauer bei der Vorstellung der Profipläne. Foto: Fabian Frühwirth

    Und dann war da noch die Sache mit den Füchsen. In Fuchs-Kostümen versteckte Menschen tauchten mal hier, mal da in Würzburg auf. Ihre Verbindung zu den Kickers konnte man allenfalls erahnen. Zwischen den Plakaten des damaligen Kommunalwahlkampfs tauchte immer wieder ein Bild eines Fuchses auf. Der Slogan: "Würzburg braucht Profis".

    "Die Leute haben gerätselt, wer oder was da gemeint war. Das war echt ein großer Spaß", erinnert sich Christian Papay, der damals als Gründer des Online-Portals Würzburg erleben mit den Kickers die Werbetrommel rührte und auch selbst ins Fuchs-Kostüm schlüpfte. Auffallen um jeden Preis, schien bisweilen das Motto der Kampagne zu sein.

    Der Erfolg: Würzburger Kickers schaffen es mit Bernd Hollerbach in zwei Jahren in die 2. Bundesliga

    Bernd Hollerbach war der Vollprofi, der die Sache für die Würzburger Kickers regeln sollte. Die Auswahl eines Trainers sei eine der ersten und dringlichsten Aufgaben gewesen, sagt der heutige Kickers-Ehrenpräsident Schlagbauer. "Wir brauchten Know-how." Kandidaten gab es einige. Michael Wiesinger zum Beispiel, heute Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim 1. FC Nürnberg, oder Alexander Schmidt, später Trainer bei 1860 München.

    Die Wahl fiel aber auf Bernd Hollerbach, aus gutem Grund. "Bernd hatte die lokale Hausmacht. Du hättest zwölf Brasilianer holen können und noch immer Lokalkolorit gehabt", sagt Schlagbauer. Und tatsächlich war Hollerbach viel mehr als Fußballtrainer. Er coachte sozusagen den ganzen Verein. "Er hat uns einen Crashkurs in Sachen Profifußball gegeben", sagt Schlagbauer. Nach wenigen Monate erkannten sich die Kickers selbst kaum wieder. 

    Das 3x3-Projekt wurde zum Erfolg. Wie viel Geld tatsächlich durch die Aktion zusammenkam? Wie viel am Ende Thorsten Fischer und Flyeralarm beisteuerten? Das blieb und bleibt auch heute auf Nachfrage ein Geheimnis.

    Die Wirkung verfehlte der Kickers-Wirbel in Würzburg aber nicht. Die Zustimmung der Mitglieder zur Ausgliederung der Kickers-Profiabteilung in eine Aktiengesellschaft war letztlich nur noch eine Randnotiz. Bis Flyeralarm auch 49 Prozent der Anteile erwarb, sollten noch drei Jahre vergehen.

    Schneller triumph: Bereits nach zwei Jahren unter Profibedingungen feierten die Würzburger Kickers mit ihren Fans in Duisburg den Aufstieg in die 2. Bundesliga.
    Schneller triumph: Bereits nach zwei Jahren unter Profibedingungen feierten die Würzburger Kickers mit ihren Fans in Duisburg den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Foto: Roland Weihrauch, dpa

    Drei Jahre, die voll waren von sportlichen Triumphen. Aus 3x3 wurde nämlich 2x2. Die Kickers schafften es in zwei Jahren in die 2. Bundesliga. "Eine einmalige Erfolgsgeschichte im deutschen Fußball", findet Bernd Hollerbach noch heute.

    Inzwischen sind die Kickers wieder in der Regionalliga Bayern angekommen. Flyeralarm hat seine Anteile an den Bad Mergentheimer Unternehmer Dominik Möhler abgegeben. Zehn Jahre nach dem Startschuss für die Professionalisierung der Kickers geht es in dieser Saison wieder um den Aufstieg in die 3. Liga.

    Aber das Selbstverständnis der Würzburger Kickers ist inzwischen ein anderes. Das 3x3-Projekt hat den Fußball und Würzburg verändert – bis heute. Heute ist Würzburg auch Fußballstadt.

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