CSU-Bezirkschef Steffen Vogel war am Wahlabend deutlich: Er gehe davon aus, dass es in der neuen Bundesregierung "jemanden aus Unterfranken mit größerer Verantwortung" geben wird, sagte Vogel. Ein Minister oder eine Ministerin aus Unterfranken sei "ein Nutzen" für die Region.

Tatsächlich darf die Unterfranken-CSU dank des erneut stärksten Ergebnisses aller Bezirksverbände in Bayern selbstbewusst in die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl gehen. Aber auch aus der unterfränkischen SPD könnte jemand künftig am Kabinettstisch sitzen, sollten sich Union und Sozialdemokraten auf eine Regierungsbildung in Berlin einigen.
Welche Ambitionen gibt es und wer aus Unterfranken hat echte Chancen? Eine Einschätzung dieser Redaktion:
1. Dorothee Bär (CSU), Wahlkreis Bad Kissingen: Wieder Digitalministerin?

Die CSU-Vize hat Regierungserfahrung: Dorothee Bär war bereits Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium (2013-2017) und Staatsministerin für Digitalisierung (2017-2021) im Kanzleramt. Am Wahlabend wollte die 46-Jährige nicht über ihre künftige Rolle spekulieren. Zuletzt hatte CSU-Chef Markus Söder seine Stellvertreterin bei einem Wahlkampfauftritt in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) auffällig gelobt - in Gegenwart möglicher Mitbewerberinnen.
Konkreter noch wurde Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen): "Doro Bär wird nach der Wahl noch eine stärkere Rolle in Berlin spielen", prophezeite er. Auffallend war im Wahlkampf Bärs starke Präsenz in Talkshows wie "Hart, aber fair" oder in überregionalen Medien wie "Zeit" und "Bunte".
Was zudem für die Abgeordnete aus Ebelsbach in den Haßbergen spricht: Nachdem die CSU-Männer Alexander Dobrindt und Günter Felßner als Minister quasi gesetzt sind, fehlt der CSU noch eine Frau für die Regierungsbank.
Mögliche Ressorts: Digitalisierung, Frauen/Familie
Minister-Wahrscheinlichkeit: hoch
2. Alexander Hoffmann (CSU), Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg: Neuer Landesgruppenchef?

Seit seiner Berufung zum Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU arbeitet Alexander Hoffmann direkt im Machtzentrum der Union. Spätestens nach dem Ampel-Aus war der Abgeordnete aus Main-Spessart bei allen wichtigen Weichenstellungen zwischen CDU und CSU an vorderster Stelle in Berlin dabei. Mit "seinen" Themen Migration und innerer Sicherheit gilt der 49-Jährige als ministrabel.
Weil aber schon viele CSU-Männer als Minister in die Regierung drängen, könnte es gut sein, dass Hoffmann anderweitig entschädigt wird - zum Beispiel als Nachfolger von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, falls dieser in die Bundesregierung eintritt.
Mögliche Ressorts: Innen, Justiz
Minister-Wahrscheinlichkeit: mittel, aber ein wichtiges Amt in der Fraktion ist drin
3. Andrea Lindholz (CSU), Wahlkreis Aschaffenburg: Nächste Justizministerin?

Andrea Lindholz gilt als diejenige, die Kanzlerkandidat Friedrich Merz massiv angetrieben hat, in der Migrationspolitik Härte zu zeigen - spätestens nach dem Messerattentat in ihrer Heimatstadt Aschaffenburg. Als fachkundig in Sachen Asyl und innerer Sicherheit gilt die 54-Jährige schon lange.
In Talkshows und in den sozialen Medien ist Lindholz lange nicht so präsent wie Kollegin Bär, doch in der CSU schätzt man ihr Fachwissen bei einem so komplexen Thema wie der Migration seit Jahren. Die Nominierung für CSU-Listenplatz zwei sahen viele schon als Hinweis auf höhere Aufgaben.
Mögliche Ressorts: Innen, Justiz
Minister-Wahrscheinlichkeit: hoch
4. Anja Weisgerber (CSU), Wahlkreis Schweinfurt/Kitzingen: Womöglich Umweltministerin?

Mit ihrem Fleiß und ihrer Akribie nervt Anja Weisgerber bisweilen ihre (männlichen) Parteifreunde. Dass die sich bei den Themen Umwelt und Verbraucherschutz bestens auskennt, bezweifelt indes niemand. Dass die 49-Jährige in der Debatte um wichtige Posten in der CSU seit Jahren im Schatten von Bär und Lindholz steht, würde sie sich niemals öffentlich anmerken lassen. Ihre zurückhaltende Loyalität ist denn auch Weisgerbers größter Pluspunkt.
Mögliches Ressort: Umwelt und Klimaschutz
Minister-Wahrscheinlichkeit: gering
5. Sabine Dittmar (SPD), Wahlkreis Bad Kissingen: Sprung ins Ministeramt?

Schon in der Ampel-Regierung saß Sabine Dittmar als Staatssekretärin im von Karl Lauterbach geführten Gesundheitsministerium mit am Kabinettstisch. Sollte das Ressort erneut an die SPD fallen, wäre die Ärztin wieder eine Option. Dass sie Lust hat, weitere Reformen in der Gesundheits- und Pflegepolitik anzuschieben, hat sie im Wahlkampf erklärt. Selbst mit Lauterbach hatte sich die 60-Jährige aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) zuletzt zusammengerauft, auch wenn es zu Beginn der Ampel-Regierung zwischen den beiden immer mal wieder geknirscht haben soll.
Mögliches Ressort: Gesundheit
Minister-Wahrscheinlichkeit: mittel, aber Staatssekretärin ist ja auch was
6. Bernd Rützel (SPD), Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg: Vielleicht ja Staatssekretär

Bernd Rützel hat sich mit den Jahren zu einem ebenso profilierten wie gefragten Sozialpolitiker gemausert. Die Sicherung der Renten ist sein Herzensthema. Die Ampel ist damit gescheitert, bei einem neuen Anlauf mit der Union würde der bisherige Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales gerne wieder an vorderer Stelle mitmischen.
Wenn die SPD erneut das Arbeitsministerium bekommt, könnte für den 56-jährigen Sozialdemokraten aus Main-Spessart deshalb ein Staatssekretärposten herausspringen.
Mögliches Ressort: Arbeit
Minister-Wahrscheinlichkeit: gering, aber Staatssekretär ist ja auch was