Viele Menschen in Bayern haben sich das Ende der Pfingstferien und das verlängerte Wochenende sicherlich anders vorgestellt. Zumindest was das Wetter angeht. Doch seit Donnerstag hat Dauerregen den Freistaat fest im Griff. Auch die Vorhersagen für das Wochenende sind extrem nass: Bis Sonntag soll es in weiten Teilen Bayerns weiterregnen. Die Wetterlage sorgte bereits am Donnerstag und Freitag für erste Warnungen vor Überschwemmungen. Einige Regionen Bayerns müssen sich am Wochenende Prognosen zufolge sogar auf höchste Meldestufen für Hochwasser einstellen.
Für Schwaben und Oberbayern gab der Deutsche Wetterdienst (DWD) für die nächsten Tage Unwetterwarnungen heraus. In Franken und Teilen der Oberpfalz sei mit Starkregen und am Samstag mit Gewitter zu rechnen. Am Sonntag soll es weiterhin regnen, von Norden her könne es sich in Franken dann allmählich auflockern. Im Allgäu wird es Voraussagen zufolge auch am Montag nass bleiben, erklärt Dirk Mewes, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes in Bayern. "Aber bei Weitem nicht so stark wie wir das aktuell haben."
Grund für den anhalten Regen ist Mewes zufolge kältere Luft aus dem Norden, die sich unter wärmere Luft aus dem Süden schiebt, die wiederum viel Wasserdampf transportiert. Dadurch bilden sich Wolken und es fängt an, viel zu regnen. "Es ist schon eine Lage, die besonders ist", sagt Mewes. Aber sie komme im Jahr doch mehrmals vor. Ob sie in den vergangenen Jahren häufiger wurden, dazu liegen dem DWD-Sprecher zufolge keine Statistiken vor.
Höchste Hochwasser-Meldestufen in Neu-Ulm und Donauwörth erwartet
Mithilfe der Wetterprognosen des DWD berechnen die Hochwasserzentralen die Gefährdungslagen. Und die sind in einigen Regionen Bayerns durchaus ernst zu nehmen. Die Prognosen des Hochwassernachrichtendiensts (HND) für die kommenden zwei Tage zeigen am Freitagnachmittag, dass besonders die Orte entlang der Donau bedroht sind. Für die Messstellen in Neu-Ulm, Donauwörth und Kelheim wird die Meldestufe vier, also die höchste Stufe, vorhergesagt. Das bedeutet, bebaute Gebiete können in größerem Umfang überflutet sein. Im Unterallgäu galt bereits am Freitagnachmittag die höchste Stufe für Hochwasserwarnungen.
In Neuburg, Günzburg, Offingen, Nattenhausen und Lauben wird in den kommenden Tagen Meldestufe drei erwartet. Dort sollte mit Überflutungen einzelner bebauter Grundstücke oder Keller sowie Straßensperrungen gerechnet werden. Die Stadt Leipheim im Landkreis Günzburg teilte am Freitag mit, sicherheitshalber das Donau-Wasserwerk abzuschalten. Die Wasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kündigten an, mit ihren Helfern bereitzustehen.
Dass es zu Überschwemmungen kommen kann, liegt auch am Wetter im vergangenen Monat: Mewes vom DWD spricht von zum Teil "sehr heftigen Starkregen und Dauerregen" in der zweiten Maihälfte. Dies habe den Boden gewissermaßen schon mit Wasser gesättigt, weswegen dieser die neuen Wassermassen nicht mehr aufnehmen könne.
2024 laut DWD wärmster Frühling seit Beginn der Aufzeichnungen
In seiner Frühlingsbilanz verwies der DWD am Freitag auch auf die Veränderungen durch den Klimawandel. Dieser lasse sich "nicht mehr ausblenden", so der Wetterdienst. Der diesjährige Frühling war der Wärmste in Deutschland seit Beginn der Messungen im Jahr 1881. Mit 10,8 Grad Durchschnittstemperatur lag er um 3,1 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Zu den extremen Temperaturunterschieden – mit fast 30 Grad Anfang April und bis zu minus 8 Grad Ende April – kommen noch die regionalen Extremniederschläge, wie derzeit in Bayern. DWD-Sprecher Mewes erklärt, woran das liegt: "Je wärmer die Atmosphäre ist, desto mehr Wasserdampf kann sie speichern." Solche Stark- und Dauerregenereignisse würden mit der Klimaerwärmung noch häufiger, so Mewes.
Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurkammer in München, befasst sich viel mit dem Thema Hochwasserschutz. Er empfiehlt: "Diejenigen, die im Starkregenbereich sind, müssen schauen, ob sie baulich gefährdet sind." Informationen dazu gebe es bei Hochwasser- und Sturzflutengefährdungskarten im Internet oder über entsprechende Warnapplikationen auf dem Smartphone. Alles was niedrig liege, also Kellereingänge und Kellerfenster oder Garageneinfahrten, sollten Hausbesitzer lieber frühzeitig prüfen und sich eventuell Sandsäcke besorgen, empfiehlt der Professor. Könnte im Keller Wasser eindringen, sollten die Bewohner alles Wichtige rechtzeitig herausholen. "Sofern der Keller noch trocken ist", betont Gebbeken. Denn bereits ab einer Wasserhöhe von zehn Zentimetern könnten Türen sich nicht mehr aufdrücken lassen, was lebensbedrohlich werden könne.
In Situationen wie diesen wird plötzlich viel über den Hochwasserschutz gesprochen. Gebbeken plädiert dafür, sich auch abseits von solchen Wetterlagen mehr Gedanken dazu zu machen. "Wir müssen umdenken beim Bauen, auch beim Neubau." Viele Flächen seien versiegelt, besonders in Städten, zudem bräuchte es noch mehr Wasserrückhaltebecken. Auch auf dem Land brauche es Lösungen gegen Sturzfluten. "Wenn wir Stürme und Starkregen haben, machen die nicht an Kreisgrenzen Halt", betont Gebbeken.