Eigentlich sollten die Corona-Regeln in Bayern ja einfacher werden: Jede durchgemachte Infektion zählt bei den Zugangsbeschränkungen künftig wie eine Impfung, erklärte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) Mitte Januar. Bei 2G-Plus heißt das also: Wer dreimal geimpft ist oder – in welcher Reihenfolge auch immer – zwei Mal geimpft und einmal genesen, erhält Zutritt zu Kino, Theater, Fitnessstudio oder Schwimmbad, und zwar ohne zusätzlichen Schnelltest.
Verwirrende Anzeige des Genesenen-Status in Covpass oder Corona-Warnapp
Die schöne Theorie funktioniert in der Praxis jedoch oft nicht, wie Betroffene berichten. Hauptgrund: Während die Covpass-App oder die Corona-Warnapp bei dreimal geimpften "Impfung 3/3" anzeigen, kann ein aktuelles Genesenen-Zertifikat zwar ebenfalls gescannt werden – die Impfstatus-Anzeige in der App ändert sich dadurch aber nicht. Und nicht jeder Kino-Kontrolleur weiß, dass "Impfung 2/2" plus Genesenen-Zertifikat auch als geboostert gilt.

"Wir dürfen eine Genesung nicht einfach zu einer Impfung umdeklarieren", erklärt Dr. Wolfgang Schiedermair von der Glocken-Apotheke in Würzburg. Allerdings kommt diese sehr flexible Regelauslegung in Bayern offenbar durchaus vor, wie Betroffene berichten. Auch ein Zusatz "Booster" ist in der App bislang nicht möglich.
"Damit ist der Genesene in der Praxis in der Tat schlechter gestellt als der Geimpfte."
Der Würzburger Apotheker Dr. Wolfgang Schiedermair
"Damit ist der Genesene in der Praxis in der Tat schlechter gestellt als der Geimpfte", kritisiert Schiedermair – obwohl inzwischen wissenschaftlich belegt sei, dass die Immunantwort des Körpers keinen Unterschied zwischen Infektion und Impfung mache. Er könne deshalb den Unmut Betroffener gut verstehen, das Problem ohne neue Software aber nicht lösen, bedauert der Apotheker: "Dabei sind die Daten eigentlich da, sie können aber nicht richtig angezeigt werden."
Wer schon vor längerer Zeit genesen ist, hat es mit dem Nachweis noch schwerer
Noch schwieriger ist der 2G-Plus-Nachweis für jene, die bereits in den ersten Corona-Wellen infiziert waren und sich danach haben impfen lassen. Ein Genesenen-Zertifikat habe es nach seiner Infektion im Sommer 2020 noch gar nicht gegeben, berichtet ein Betroffener. Sein einziger Nachweis: eine PCR-Bestätigung des Testlabors. Die aber hilft bei der 2G-Plus-Einlasskontrolle jetzt wenig, wenn die App trotz Boosterimpfung nur "2/2" anzeigt.
"Ich impfe mich ja nicht nur deshalb noch einmal, um der Bürokratie genüge zu leisten."
Ein Betroffener zum Problem Genesener mit dem 2G-Plus-Nachweis
Nachträglich kann ein digitales Genesenen-Zertifikat in diesen Fällen nicht erstellt werden: Technisch ist dies nur bis sechs Monate nach der Genesung vorgesehen. Sich noch ein weiteres Mal impfen zu lassen für die "3/3"-Anzeige in der App - das wäre zwar wohl möglich: "Aber ich impfe mich ja nicht nur deshalb noch einmal, um der Bürokratie genüge zu leisten", ärgert sich der Betroffene. Bleiben für 2G-Plus nur regelmäßige Schnelltest, auch wenn sie rechtlich gar nicht nötig wären.
Beim Gesundheitsministerium in München heißt es dazu nach mehrmaliger Nachfrage lapidar, der Genesenen-Status könne in Bayern entweder in Papierform oder digital nachgewiesen werden. Immerhin ist dort zu erfahren, dass der Booster-Status nach einer Genesung in Verbindung mit der zweifachen Impfung nach der derzeitigen Rechtslage nicht abläuft – egal wie lange die Infektion her ist.
Bundesgesundheitsministerium verspricht ein Update – Zeitpunkt unbekannt
Beim für die Corona-Apps zuständigen Bundesgesundheitsministerium räumt man das Problem der Anzeige ein: "In der Praxis besteht aktuell bei einer Kontrolle nur die Möglichkeit, den Status eines 'Geboosterten' anhand der gesamten Zertifikatshistorie aufzuzeigen", heißt es in Berlin. Ab 1. Februar soll jedoch europaweit "eine neue Systematik in den Impfzertifikaten" gelten, die für alle Geimpften - ob auch genesen oder nicht - als Booster-Kodierung "2/1" vorsieht. An der technischen Umsetzung werde gearbeitet, so das Ministerium. Wann das Update vorliegt, könne noch nicht gesagt werden.

Dabei ist das Nachweisproblem alles andere als banal: In Bayern sind inzwischen gut zehn Prozent der Bevölkerung von einer Corona-Infektion genesen – mehr als 1,3 Millionen Menschen. Und 2G-Plus ist nicht einfach nur ein Impfstatus – sondern die Eintrittskarte für weite Teile des öffentlichen Lebens.