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Bad Staffelstein: CSU-Europapolitikerin Hohlmeier: "Putin ist ein größenwahnsinniger Potentat"

Bad Staffelstein

CSU-Europapolitikerin Hohlmeier: "Putin ist ein größenwahnsinniger Potentat"

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    Deutliche Worte über Fehleinschätzungen des Westens: Monika Hohlmeier, seit 2009 CSU/EVP-Abgeordnete im Europaparlament.
    Deutliche Worte über Fehleinschätzungen des Westens: Monika Hohlmeier, seit 2009 CSU/EVP-Abgeordnete im Europaparlament. Foto: Matthias Balk, dpa

    Für CSU-Europapolitikerin Monika Hohlmeier aus Bad Staffelstein (Lkr. Lichtenfels) kommt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht überraschend. Die 59-Jährige wirft dem Westen vor, Wladimir Putin zu lange unterschätzt zu haben. Man könne mit dem russischen Präsidenten keinen Dialog führen. Hohlmeier ist seit 2009 Abgeordnete im Europäischen Parlament. Davor engagierte sich die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in der Landespolitik, unter anderem war sie von 1998 bis 2005 bayerische Kultusministerin.

    Frage: Frau Hohlmeier, was haben Sie gedacht, als Sie am Donnerstagmorgen vom Angriff auf die Ukraine hörten?

    Monika Hohlmeier: Ich hatte schon länger Befürchtungen, angesichts der seit Monaten laufenden strategischen Vorbereitungen. In den letzten Tagen war mir klar, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine von Putin gestartet würde.

    Haben Sie tatsächlich mit Angriffen auf die gesamte Ukraine, bis nach Kiew und Lwiw gerechnet?

    Hohlmeier: Ja, ich habe damit gerechnet und habe dies auch mehrfach öffentlich gesagt. Die Truppenbewegungen auf russischer Seite, bis hinein nach Belarus, waren mehr als offensichtlich. Wir haben es bei Putin mit einem größenwahnsinnigen Potentaten zu tun, der aufgrund seines Alters jetzt die letzte Gelegenheit sieht, seine Wahnidee von einem großrussischen Reich umzusetzen.

    EVP-Fraktionschef Manfred Weber hat Putin einen Verbrecher und Mörder genannt. Sehen Sie das auch so?

    Hohlmeier: Ja.

    Hat der Westen Putins Skrupellosigkeit unterschätzt?

    Hohlmeier: Auch hier ein klares Ja. Die Europäische Union hat Putin unterschätzt, gerade auch Deutschland. Nach mancher Rede, auch der von 2001 vor dem Bundestag, haben viele tatsächlich geglaubt, dass es da jemanden gäbe, der unter Umständen die Linie Michail Gorbatschows fortsetzen könnte. Wenn man aber gesehen hat, wie er sein Militär in den vergangenen Jahren zu einer Angriffsarmee ausgebaut hat, wie er in Georgien, Aserbeidschan, in Belarus oder Moldawien vorgegangen ist, musste man das Schlimmste befürchten. So traurig es ist: Mit Putin kann man keinen Dialog führen, er hat die wirtschaftliche und jede sonstige Kooperation aufgekündigt.

    "Appeasement führt nicht weiter."

    Monika Hohlmeier, CSU-Europaabgeordnete

    War alle Diplomatie der vergangenen Wochen für die Katz?

    Hohlmeier: Nein, das würde ich nicht sagen. Weil jetzt auch die Menschen, die Putin hierzulande durch die rosarote Brille betrachtet haben, die seinen propagandistischen Sprüchen geglaubt haben, die Nato würde Russland zu nahe rücken, merken, dass man ihm nur mit Stärke und Konsequenz begegnen kann. Appeasement führt da nicht weiter.

    Was sind die Motive des russischen Präsidenten?

    Hohlmeier: Putin hat Angst vor seinem Alter und vor dem Machtverlust im eigenen Land. Nicht die Nato ist ihm zu nahe gerückt, sondern der Wunsch der Menschen nach Demokratie, Freiheit, soziale Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit. Die Ukraine ist kein perfekter Rechtsstaat, aber sie hat sich in Richtung Demokratie bewegt. In Russland dagegen hat Putin ein kleptokratisches, oligarchisches System etabliert. Dabei hat es entsetzlich viele Tote gegeben. Ob es ehemalige Spione waren, kritische Journalisten, Oppositionelle oder Leute aus der Wirtschaft, die sich gegen ihn gewandt haben: Er hat sie mit aller Brutalität umbringen oder in Gefangenenlager deportieren lassen. Ich habe schon länger gesagt, der ehemalige KGB-Mann Putin ist hochgefährlich. Ich wünschte, ich hätte nicht recht behalten.

    Was sollte jetzt die Reaktion sein?

    Hohlmeier: Es hilft nichts anderes, als den finanziellen und wirtschaftlichen Preis für Putin in die Höhe zu treiben. Wir müssen ihm die Mittel versagen, die er für die Kriegsführung braucht, das heißt den Zugang zu den Finanzmärkten versperren, oligarchische Gelder identifizieren und einfrieren sowie wissenschaftliche Kooperationen sofort abbrechen. Kritische Infrastruktur in der EU, die russischen Oligarchen gehört, sollte wieder verstaatlicht beziehungsweise in EU-Hand zurückgeholt werden.

    Was sagen Sie der bayerischen Wirtschaft, die jetzt massive Einbrüche im Russland-Geschäft fürchtet?

    Hohlmeier: Es gehört zur bitteren Realität eines Krieges, der von Russland ausgeht, dass das vermutlich so kommen wird. Es wird davon abhängen, ob Putin bereit ist, aufgrund des internationalen Drucks einzulenken. Wenn nicht, dann gilt: Deutschland und die EU dürfen sich nicht kaufen lassen. Das ist schlimm für die deutsche Wirtschaft, aber auch dieser von Putin losgetretene Krieg hinterlässt bei vielen Unschuldigen Unrecht. Hier muss jedoch die EU gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung abfedern, wo immer dies möglich ist.

    "Ich war nie ein Anhänger von Nord Stream 2."

    Monika Hohlmeier, CSU-Europaabgeordnete

    Nord Stream 2 zu stoppen, war überfällig, oder?

    Hohlmeier: Ich war nie ein Anhänger von Nord Stream 2. Ich habe nicht verstanden, warum man nicht stattdessen Nord Stream 1 ertüchtigt. Das hätte genügt, passte aber nicht in die russische Strategie gegen die Ukraine und Polen.

    Was kann der Westen militärisch tun?

    Hohlmeier: In der Stunde der Not, des Krieges, zeigt sich, ob wir bereit sind, unseren Verbündeten beizustehen. Der Preis für Putin kriegerisch gegen EU- und Natoländer vorzugehen muss so hoch sein, dass er diesen Gedanken von vorneherein aufgeben muss. Es bedarf - neben dem wirtschaftlichen und menschlichen Beistand - auch eines militärischen Bekenntnisses für die Natomitglieder und EU-Mitgliedsstaaten, im besonderen für die baltischen Staaten und für Polen. Da müssen wir alle, auch Deutschland in der EU und der Nato unseren Beitrag leisten. Die Haltung der aktuellen deutschen Verteidigungsministerin ist extrem zögerlich, fachlich wenig kompetent und teilweise sogar peinlich. Ich hoffe, dass zumindest Bundeskanzler Olaf Scholz die notwendige Konsequenz zeigt.

    Und aktuell in der Ukraine? Müssen die EU-Staaten Waffen liefern?

    Hohlmeier: Viele EU-Staaten tun das – und ich kann sie absolut verstehen. Was die Ukraine angefragt hat, sind vor allem Verteidigungswaffen, um die Bevölkerung vor Raketenangriffen zu schützen.

    Müsste Deutschland da mehr tun?

    Hohlmeier: Ja. Wenn es um Abwehrsysteme zum Schutz der Zivilbevölkerung oder von Infrastruktur geht, wäre dies aus meiner Sicht mehr als gerechtfertigt. Deutschland muss ja keine Angriffswaffen liefern, aber Verteidigungswaffen, um Leib und Leben der Zivilbevölkerung zu schützen.

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