Denn sie seien „aufs Höchste verärgert gewesen, dass sie von einem Wildfremden in ihre Schranken gewiesen wurden“.
Das Gericht verurteilte deshalb den heute 19-jährigen Haupttäter Markus S. zu einer Jugendhaft von neun Jahren und zehn Monaten – und blieb damit nur zwei Monate unter der Höchststrafe. Der heute 18-jährige Sebastian L. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu sieben Jahren Jugendhaft verurteilt. Damit folgte das Gericht weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die zehn und acht Jahre Haft gefordert hatte.
Gericht: Notwehr von Brunner
Die beiden Täter hatten mit einem weiteren Kumpel zunächst versucht, von vier Schülern Geld zu erpressen. Nach Ansicht des Gerichts bedrohten sie die Jugendlichen in einer S-Bahn weiter, wo sich Brunner zunächst schützend einmischte und dann die Polizei informierte. Am S-Bahnhof Solln kam es schließlich zu dem tödlichen Gewaltexzess.
Bereits in der S-Bahn hätten sich die Täter „rüpelhaft und provozierend“ verhalten, erklärte Richter Baier. Brunner habe deshalb am Bahnsteig mit gutem Grund davon ausgehen können, „dass nun der angedrohte Angriff stattfinden sollte“. Die „Boxhaltung“ Brunners und sein erster Schlag in das Gesicht von Markus S. sei deshalb durch Notwehr gerechtfertigt gewesen.
Der darauf folgende Angriff der beiden Täter auf den 50-Jährigen sei deshalb „nicht in Verteidigungsabsicht, sondern wie von vorneherein vorgesehen als Abstrafung für die Einmischung Brunners erfolgt“, so Richter Baier. Dabei sei den Angeklagten bewusst gewesen, dass ihr „rücksichtsloses und erbarmungsloses Vorgehen in krassem Missverhältnis zur Vorgeschichte stand“.
Der Angriff auf Brunner sei „zunächst mit Körperverletzungsvorsatz“ erfolgt. Als das Opfer schließlich am Boden lag, habe Markus S. mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz mehrfach auf Brunner eingetreten, weshalb er wegen Mordes zu verurteilen sei. Dass Brunner letztlich an Herzversagen starb, spielte für das Gericht dabei keine Rolle: Der Herztod sei schließlich nur die Folge der Schläge und Tritte gewesen.
„Sittlich niedrigste Stufe“
Sebastian L. habe dagegen von dem Opfer abgelassen und schließlich versucht, seinen Freund wegzuziehen – was ihm ein Mordurteil ersparte. Zudem habe er vor Gericht ein Geständnis abgelegt, „dass von echter Reue gekennzeichnet ist“. Weil aber auch er aus niedrigen Beweggründen gehandelt habe, sei eine „erhebliche Jugendstrafe“ von sieben Jahren angemessen, so Baier.
Markus S. habe dagegen zu „keinem Zeitpunkt Worte des ehrlichen Bedauerns“ gefunden und ein „Verhalten auf sittlich niedrigster Stufe“ gezeigt. Obwohl er bei der Tat 18 Jahre alt war, sei wegen „Reifeverzögerungen“ eine „sehr hohe Jugendstrafe schuldangemessen und erzieherisch geboten“, so das Gericht. Die Verteidiger, die für ihre Mandanten sieben beziehungsweise dreieinhalb Jahre Jugendhaft gefordert hatten, kündigten dagegen an, in Revision zu gehen: „Es war kein Mord“, so Rechtsanwalt Maximilian Pauls.