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HALLSTADT: Familienhilfe: Ersatz-Oma Anna und ihre Rasselbande

HALLSTADT

Familienhilfe: Ersatz-Oma Anna und ihre Rasselbande

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    „Wellcome“-Koordinatorin Anja Herold, Monika Lunkenbein und „Oma“ Anna Renier (von links) mit Eva, Marlene und Elias.
    „Wellcome“-Koordinatorin Anja Herold, Monika Lunkenbein und „Oma“ Anna Renier (von links) mit Eva, Marlene und Elias. Foto: Foto: Barbara Herbst

    Marlene tapst auf wackligen Beinchen durchs Wohnzimmer und weiß nicht so recht, ob sie weinen, lachen oder spielen soll. Ihre Mama Monika Lunkenbein entscheidet, Schnuller wäre nicht schlecht und schickt den großen Bruder Elias zum Nucki holen ins Badezimmer. Der Blondschopf flitzt zweimal hin und her, „ich finde ihn nicht“. Seine Zwillingsschwester Eva übernimmt und hat das Gewünschte sofort. So klein und schon ein bisschen typisch Mann-Frau. Oma Anna lacht und wird gleichzeitig ein bisschen traurig: „Ich werde die Kinder vermissen“, sagt sie.

    Oma Anna wird zwar von allen so genannt, ist aber nicht die „richtige“ Großmutter der einjährigen Marlene und ihrer dreijährigen Geschwister. Die 75-Jährige ist eine Ersatzoma – und ein Engel, wenn es nach Monika Lunkenbein geht. Die Frauen haben sich nach der Geburt der Zwillinge kennengelernt, weil die Mama auf der Suche nach Entlastung war und die Oma auf der Suche nach einer Beschäftigung. Zusammengebracht hat sie das Projekt „Wellcome“, das deutschlandweit Familien nach der Geburt eines Kindes unterstützt. In Bamberg hat Pro Familia im Mai 2012 die Trägerschaft dafür übernommen und wird von den Sozialpädagoginnen Anja Herold und Diana Hübner koordiniert.

    „Für Pro Familia hat sich das angeboten, weil wir ja auch schon in der Schwangerenberatung tätig sind. Da ist die praktische Begleitung nach der Geburt nur logisch“, sagt Herold. Sie ist an diesem Vormittag ebenfalls bei Familie Lunkenbein im oberfränkischen Hallstadt zu Besuch, um die praktische Umsetzung ihrer Vermittlung zu erleben. Belustigt beobachtet sie das quirlige Treiben und erklärt: „'Wellcome' soll eine punktuelle Hilfe in der Zeit nach der Geburt sein und ist auf maximal ein Jahr begrenzt. In diesem Fall ist die Oma länger als üblich bei der Familie, weil Marlene so kurz nach den Zwillingen geboren wurde.“

    Außer Omas sind es Frauen jeden Alters und auch Studentinnen, die sich für die Kinderbetreuung engagieren. „Man kann es als organisierte Nachbarschaftshilfe betrachten“, sagt Herold. Die Helfer besuchen ein- bis zweimal pro Woche für zwei bis drei Stunden „ihre“ Familien, bekommen eine Fahrtkostenerstattung und sind versichert.

    Ehrenamt – für Anna Renier ist das genau das Richtige. Sie sitzt beim Puzzeln mit den Zwillingen am Wohnzimmertisch und erzählt: „Ich habe mein Leben lang gearbeitet und wollte im Ruhestand nicht untätig und nur Zuhause sein. Außerdem habe ich meine Enkelkinder vermisst, die eine Zeit lang in den USA gelebt haben. Also habe ich mir eine Ersatzbeschäftigung gesucht.“

    Und gleich mehrere gefunden. „Mein Lebensgefährte beschwert sich manchmal, weil ich so viel unterwegs bin“, sagt Renier, lacht und schüttelt ihren grauen Lockenkopf. Denn ihre Kinder würde sie sich nicht nehmen lassen: Außer bei Familie Lunkenbein ist sie einmal pro Woche in einer Kinderkrippe und in einem Kindergarten „die Oma Anna“ für die Kleinen. „Dort lerne ich viel, zum Beispiel neue Lieder“, sagt Renier und stimmt mit den Zwillingen gleich ein Liedchen an.

    Dass in der Zwischenzeit ihre Enkel aus den USA zurückgekommen sind und sie brauchen – Ehrensache. „Jeden Morgen bringe ich meine Urenkel zum Schulbus“ sagt sie und lächelt. Danach geht es weiter zu all den anderen Kindern, um die sie sich gern und gut kümmert.

    Das kann Monika Lunkenbein nur bestätigen. „Ich hatte davon gehört, dass man sich da eine Oma ausleihen kann und habe mich bei 'Wellcome' gemeldet. Dort bekam ich die Nummer von Frau Renier und wir waren uns sofort sympathisch. Nach der Geburt der Zwillinge hat sich jede um ein Kind gekümmert, ich konnte das eine stillen und Oma Anna hat dem anderen die Flasche gegeben. Das war eine große Entlastung.“ Groß war deshalb auch die Freude, als Renier nach Marlenes Geburt zu ihrem zweiten Einsatz in die Familie kam. Sonst bringt immer der Papa die Zwillinge in den Kindergarten, mittwochs übernimmt das jetzt Oma Anna. Wenn sie zurückkommt, spielt sie mit der Jüngsten. „Herrlich“, sagt Monika Lunkenbein. „So kann ich mal durchatmen, in Ruhe etwas erledigen oder kochen.“ Oder sich in ihr Arbeitszimmer zurückziehen, denn Lunkenbein ist Lehrerin und arbeitet ein paar Stunden von Zuhause.

    Weil der Einsatz der Ehrenamtlichen zeitlich begrenzt ist, steht bald der Abschied bevor. Dann bleibt Monika Lunkenbein zwar noch einmal pro Woche ihre Babysitterin zur Entlastung, aber Oma Anna ist eben auch eine gute Gesprächspartnerin und irgendwie mehr als eine Ersatz-Großmutter.

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