Tradition und Fortschritt – für die Leiterin des Oktoberfests und dienstälteste Tourismuschefin Deutschlands ist das weniger Spagat als Einheit. Gabriele Weishäupl hat mehr als ein Vierteljahrhundert das Image Münchens in der Welt mitgeprägt, die Stadt als erste deutsche Tourismusmetropole 1995 im Internet positioniert und zugleich gerade auf dem Oktoberfest für den Erhalt des Brauchtums gekämpft. An diesem Dienstag wird sie 65 Jahre alt, Ende März geht sie in den Ruhestand.
An die 10 000 Tage war sie dann im Amt, rechnet sie vor, rund 27 Jahre lang. Auch danach wird sie sich für den Tourismus und das Oktoberfest engagieren: Sie bleibt Vorsitzende des Vereins Oktoberfestmuseum, Vizepräsidentin des Deutschen Tourismusverbandes und Vizepräsidentin des Tourismusverbandes Oberbayern.
Die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin hatte sich 1985 als Parteilose bei der Wahl zur Tourismuschefin im Stadtrat gegen CSU und Grüne durchgesetzt – und gegen 40 männliche Mitbewerber. Im Tourismus setzte die alleinerziehende Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes Akzente auf für Bayern eher ungewöhnlichem Gebiet: Sie förderte den Schwulen- und Lesben-Tourismus. München wurde 1999 als erste Stadt Europas Mitglied in der „International Gay & Lesbian Travel Association“.
Mit einer Charme-Initiative bei Taxlern und Bedienungen bekämpfte sie Münchens Grantler-Image. Vor allem aber warb sie um Gäste aus dem Ausland. München gründete touristische Vertretungen weltweit, darunter die erste deutsche Vertretung in China. Anfangs war Weishäupl als „Botschafterin der Stadt“ im Businesskostüm unterwegs. „Ich habe aber sehr schnell festgestellt, dass es viel mehr Furore macht, wenn ich im Dirndl komme.“ Sie stellte die Garderobe um.
In den USA, in Afrika und Asien wurde sie nun als „President of the Octoberfest“ vorgestellt. Elegantes Seidendirndl oder festliches Dirndl mit Familienschmuck für den Abend – über die Zahl ihrer Trachtenkleider wurde viel spekuliert.
Mit Weishäupls Weggang wird das Tourismusamt umstrukturiert. Ihr Erbe bei der Wiesn tritt ihr Dienstherr an, Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD). Er will 2014 Christian Ude (SPD) als Oberbürgermeister beerben. Der Tourismus wird ein Fachbereich im Wirtschaftsreferat, die Leitung ist offen.