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München: Kommentar: Warum Aiwanger Bayerns Energie-Kurs korrigieren muss

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Kommentar: Warum Aiwanger Bayerns Energie-Kurs korrigieren muss

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    Noch immer ist offen, woher auf Dauer billiger, sauberer und verlässlich verfügbarer Strom für Bayern kommen soll.
    Noch immer ist offen, woher auf Dauer billiger, sauberer und verlässlich verfügbarer Strom für Bayern kommen soll. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Ohne Plan, ohne Ziel, ohne Transparenz und ohne Kostenkontrolle: Bayerns Energiepolitik droht zur Belastung für den Wirtschaftsstandort zu werden. Fast neun Jahre nach dem Reaktorunglück von Fukushima und der deshalb verkündeten Energiewende ist nämlich immer noch unklar, woher in Zukunft genügend günstiger, sauberer und verlässlich verfügbarer Strom für Bayern kommen soll.

    Über eine Bestandsaufnahme der Probleme sind bislang weder die langjährigen CSU-Energieminister Ilse Aigner und Franz Josef Pschierer, noch der Freie-Wähler-Amtsinhaber Hubert Aiwanger je hinaus gekommen. Alles im Plan, alles im Griff, lautet gar gebetsmühlenhaft die Regierungsparole - dem massiven Einbruch beim Ausbau erneuerbarer Energien und der wachsenden bayerischen Strom-Lücke zum Trotz.

    Der Industrie-Standort Bayern muss längst Strom im großen Stil importieren

    Dabei sind die Fakten besorgniserregend: 2018 musste Bayern erstmals in großem Stil Strom importieren - rund zehn Terrawattstunden (TWh) oder etwa zwölf Prozent des regionalen Verbrauchs. Nach dem Abschalten der noch laufenden Atomreaktoren im schwäbischen Gundremmingen bis 2022 könnte diese Strom-Lücke auf bis zu 30 TWh oder rund einem Drittel des Strombedarfs anwachsen, befürchten Experten.

    Gleichzeitig kommt der Ausbau regenerativer Stromquellen nicht von der Stelle: 2018 fehlten der Staatsregierung zu den selbst formulierten Ausbauzielen für 2021 bei der Wasserkraft noch rund 20 Prozent, bei der Solarenergie rund ein Drittel und bei der Windkraft gar fast 40 Prozent. Das Ziel, bis 2025 in Bayern bis zu 60 TWh "grünen Strom" zu erzeugen, wurde bislang nur zu etwas mehr als der Hälfte erreicht.

    Trotz dieser massiven Defizite kämpft Bayerns Energieminister weiter unverdrossen gegen neue Stromtrassen - und damit auch gegen den erklärten Kurs der eigenen Regierung. Dezentrale Erzeugung lautet Aiwangers Energie-Zauberformel: Neue "Bürger-Windkrafträder" trotz 10-H-Abstandsregel, Biomasse oder Kraft-Wärme-Kopplung sollen die "Monster-Trassen" überflüssig machen. Das klingt zwar gut. Doch wie viele kleine Energie-Zentralen nötig wären, um nicht nur Bayerns Dörfer zu beleuchten, sondern auch einen Industriestandort am Laufen zu halten, lässt der Minister bislang ebenso offen wie einen Plan für die zeitnahe Realisierung.

    Höchste Zeit für Energieminister Aiwanger überfällige Kurskorrekturen vorzunehmen

    Zur Sicherheit will Aiwanger deshalb auch mehr Strom aus Gas. Dumm nur, dass schon die existierenden Gaskraftwerke nicht kostendeckend und die CO2-Emissionen sehr hoch sind. Nur schwer vorstellbar ist zudem, dass man im Norden Deutschlands zu Gunsten Bayerns auf die Chance neuer Industrieansiedlungen dank billigem Öko-Strom verzichtet, indem man den teuren bayerischen Gas-Strom mit subventioniert  - während gleichzeitig die eigenen Windräder mangels Trassen in den Süden jede Menge Strom für die Tonne produzieren.

    Bayerns wirtschaftlicher Aufstieg von Agrarland zum High-Tech-Standort war immer eng mit einer verlässlichen und günstigen Energieversorgung verbunden. Am Mittwoch will Aiwanger in einer Regierungserklärung im Landtag erklären, wie er sich Bayerns energiepolitische Zukunft vorstellt - eine gute Gelegenheit für klare Aussagen, überfällige Kurskorrekturen und ein paar unangenehme Wahrheiten.

    So wird es einen klimaneutralen Industriestandort Bayern auf Dauer ohne neue Stromtrassen genauso wenig geben können, wie ohne zusätzliche Windräder und Solaranlagen. Denn andernfalls drohen massive Nachteile im Wettbewerb etwa mit billigen Wind-Strom-Standorten an den Küsten und ein Auffüllen der bayerischen Versorgungslücke auch mit "dreckigem" Strom aus Gas und Kohle - oder gar aus tschechischen oder französischen Atomkraftwerken.

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