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MÜNCHEN: Lehrer kritisieren Inklusion

MÜNCHEN

Lehrer kritisieren Inklusion

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    Gemeinsamer Unterricht für Drittklässler mit und ohne Behinderung an einer Grundschule in Deggendorf. Lehrer aus bayerischen Grund-, Mittel-, Realschulen und Gymnasien beklagen, dass sie keine oder zu wenig Unterstützung für die Inklusion erhalten.
    Gemeinsamer Unterricht für Drittklässler mit und ohne Behinderung an einer Grundschule in Deggendorf. Lehrer aus bayerischen Grund-, Mittel-, Realschulen und Gymnasien beklagen, dass sie keine oder zu wenig Unterstützung für die Inklusion erhalten. Foto: Foto: Armin Weigel, dpa

    Bayerns Lehrer halten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen die Inklusion – den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern in Regelschulen – mehrheitlich für zum Scheitern verurteilt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und des bayerischen Lehrerverbandes BLLV.

    „Inklusion wird nicht gelingen, wenn Lehrkräfte alleine ohne professionelle Unterstützung in zu großen Klassen ohne Zeit für Differenzierung unterrichten müssen“, sagte die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in München. Nicht die Inklusion selbst sei aber das Problem: „Die Politik hat es verpennt, die Vorteile von Inklusion erlebbar zu machen“, findet Fleischmann.

    In der Erhebung beklagen die in Bayern befragten gut 500 Lehrer aus Grund-, Mittel-, Realschulen und Gymnasien zu rund 75 Prozent, dass sie keine oder zu wenig Unterstützung für die Inklusion erhalten. Nur elf Prozent der Befragten halten die personelle Ausstattung an den Schulen für ausreichend, um den Ansprüchen von Kindern mit Behinderung gerecht werden zu können.

    Zwar halten mehr als die Hälfte der Lehrer die Einbeziehung von Behinderten in Regelklassen im Grundsatz für richtig. Dies fördere Toleranz, soziale Kompetenzen, gemeinsames Lernen und sorge für eine bessere Integration von Behinderten in der Gesellschaft. Rund ein Fünftel der Lehrer habe aber auch grundsätzliche Bedenken, berichtete Fleischmann. „Vor allem, weil sie glauben, dass behinderte Kinder in den Regelklassen frustriert werden könnten.“

    Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen halten 53 Prozent der befragten Lehrer den Besuch einer Förderschule für Kinder mit speziellem Förderbedarf für besser als die Integration in eine Regelschule. Unter den Lehrern, die bereits eigene Erfahrung mit Inklusion gemacht haben, liegt diese Quote bei 35 Prozent.

    Auf Basis der UN-Behindertenrechtskonvention hatte der Landtag Inklusion ab 2011 zum Ziel bayerischer Bildungspolitik erklärt. Neben dem Weg in die Regelschulen können behinderte Schüler aber weiter auch Förderschulen nutzen.

    Anstrengungen nicht ausreichend

    Laut Kultusministerium gibt es inzwischen 240 Regelschulen mit dem Profil „Inklusion“. Zudem seien seit 2011 in Bayern 600 Lehrerplanstellen für die Inklusion geschaffen worden. Dieses Personal werde an den Profilschulen, aber auch zur Verstärkung des an mehreren Schulen genutzten „Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes“ (MSD) eingesetzt.

    Anstrengungen, die aus Sicht der vom BLLV befragten Lehrer bei Weitem nicht ausreichen: So finden 97 Prozent, dass inklusive Klassen grundsätzlich mit einem Lehrer und einem Sonderpädagogen besetzt sein sollten. 81 Prozent fordern sogar eine ständige Doppelbesetzung. Derzeit werden laut der Erhebung aber drei Viertel der inklusiven Lerngruppen nur von einem Lehrer betreut. Nicht einmal jede zweite Inklusionsklasse kann auf einen Sonderpädagogen oder Schulpsychologen zurückgreifen. Nur ein Viertel der Inklusionsklassen sei verkleinert worden. Und auch bei der Aus- und Fortbildung sehen die Lehrer erhebliche Mängel.

    Dabei steigt der spezielle Förderbedarf aus Sicht des BLLV enorm – an den Regelschulen wie auch an den Förderschulen. So sei etwa die Zahl der Kinder mit gestörter sozialer oder emotionaler Entwicklung seit 2011 von rund 6500 auf zuletzt 8200 gestiegen. Insgesamt haben rund 74 000 Kinder in Bayern speziellen Förderbedarf – etwa 20 000 davon besuchen derzeit eine Regelschule.

    „Ohne massive Investitionen wird es aber nicht gehen“, findet Fleischmann. Der derzeitige Zustand sei jedenfalls untragbar: „Weil es an allem fehlt, leiden alle: Kinder, Eltern und Lehrer.“

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