Auch im Land von „Laptop und Lederhose“ herrscht in vielen Schulen offenbar noch immer das Kreidezeitalter: Ein großer Teil des Unterrichts wird auch in bayerischen Klassenzimmern nach wie vor sehr klassisch mit weißer Kreide auf großen grünen Tafeln abgewickelt. Der Einsatz von Computern oder gar Tablets ist dagegen oft noch die Ausnahme.
Eine Realität, die nach Ansicht des Bayerischen Lehrerverbandes BLLV auch bei vielen Lehrern inzwischen auf großes Unverständnis stößt: „Denn für uns gehört die digitale Welt in die Schule. Wir müssen die Kinder auch auf die Digitalisierung vorbereiten“, findet BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.
Beim Thema „Digitalisierung des Unterrichts“ gehe es nämlich längst nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“, ist Fleischmann überzeugt. Schließlich müssten die Kinder so früh wie möglich lernen, auf die digitalen Veränderungen in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen „selbstbewusst und kompetent zu reagieren“.
Mit einem Fachkongress zum Thema „Digitalisierung und Schule“ an diesem Mittwoch in Augsburg will der BLLV deshalb der technischen Revolution in Bayerns Schulen auf die Sprünge helfen: Interessierte Lehrer können dort mit Experten von digitaler Unterrichtsplanung über Datenschutz und Haftungsfragen bis hin zum Umgang mit digitalem Mobbing unter Schülern viele Aspekte des Themas beleuchten.
Frustrierende digitale Realität
Das Interesse an dieser Diskussion sei riesengroß, erklärt Fleischmann. Denn die digitale Realität an vielen Schulen sei für viele Lehrer vor allem frustrierend: „Bayern präsentiert sich zwar sehr gerne als Land der digitalen Revolution, doch Schulwirklichkeit und Anspruch klaffen hier zu weit auseinander“, kritisiert sie.
So ergab etwa eine BLLV-Mitgliederbefragung unter 1319 Lehrern aller Schularten, dass fast alle Pädagogen dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht offen gegenüberstehen.
Auch werden positive Aspekte des digitalen Unterrichts wie eine hohe Motivation der Schüler durch den Einsatz von Laptops und Internet oder die bessere Individualisierung des Lernens mit multimedialen Hilfsmitteln offenbar von vielen Lehrern als große Chance gesehen.
Die digitale Realität wird dagegen von den befragten Pädagogen als weitgehend trist beschrieben: Knapp zwei Drittel halten die digitale Ausstattung der eigenen Schule nicht für ausreichend. Ebenso viele bemängeln einen unzureichenden Zugang zum Internet. Laptops oder Tablets stehen gar nur 18 Prozent der befragten Lehrer zur Verfügung.
Gar drei Viertel kritisieren die mangelnde Unterstützung bei technischen Problemen oder bei der Wartung der Computersysteme. Und 98,6 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie sich die technischen Kompetenzen für den Einsatz der digitalen Medien privat angeeignet hätten. Selbst die als „Systembetreuer“ beauftragten Lehrkräfte bekämen bisher so gut wie keine professionelle Unterstützung, beklagt der BLLV.
Lehrer sollen selbst entscheiden
„Was wir brauchen, ist vor allem ein klares digitales Grundkonzept für unsere Schulen auf Basis einer soliden und verlässlichen Finanzausstattung“, verlangt Verbandspräsidentin Fleischmann deshalb. Gefordert seien hier der Freistaat Bayern und die Kommunen, die als sogenannte Sachaufwandsträger für die Ausstattung der Schulen zuständig sind.
Doch von einer zentralen digitalen Zwangsbeglückung hält Fleischmann nichts: Im Detail müssten die Schulen selbst entscheiden können, welche technische Ausstattung sie wollten. Schließlich wüssten die Lehrer selbst am besten, „wie sie digitale Medien sinnvoll in ihren Unterricht integrieren können“.