Bayerns Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) glaubt nicht, dass die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kürzlich angekündigte Anwerbekampagne in anderen Bundesländern den Lehrermangel in Bayern entscheidend beheben kann: "Das ist eine Idee, die jetzt entwickelt worden ist", sagte er in München. Letztlich gehe es aber beim Zuzug von Lehrern "um relativ geringe Zahlen".

Söder hatte auf einer CSU-Klausur gezielte Anwerbekampagnen angekündigt, um die von ihm bis 2028 versprochenen zusätzlichen 6000 Lehrerstellen auch besetzen zu können. Der Ministerpräsident kündigte etwa Umzugshilfen und ein finanzielles "Starterpaket" für Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Teilen Deutschlands an. Der Vorstoß hatte zu Kritik in anderen Bundesländern, aber auch in Bayern geführt: So sprach etwa die Gewerkschaft GEW von einer "reinen Problem-Verschiebung", die die soziale Ungleichheit in Deutschland nur verschärfe.
Piazolo: Lehrerausbildung nicht mit einem "Praxissemester" verlängern
"Der Ministerpräsident spricht nicht mit mir ab, wie er ein Thema intoniert", sagte Piazolo zu Söders breitbeiniger Ankündigung: "Das muss er auch nicht." Auch das von Söder angekündigte "Praxissemester" in der Lehrerausbildung kommentierte der Schulminister zurückhaltend: Niemand könne ein Interesse haben, die Lehrerausbildung zu verlängern, warnte er. Aber auch die bisherige Ausbildung für ein Praxissemester zu kürzen, sei kein sinnvoller Weg.
"Mit Lehramtsstudenten allein werden wir den Gesamtbedarf nicht abdecken können."
Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) zum Lehrermangel in Bayern
Doch woher sollen die versprochenen zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer dann kommen? "Mit Lehramtsstudenten allein werden wir den Gesamtbedarf nicht abdecken können", räumt Piazolo ein. Der Minister setzt deshalb vor allem auf Quereinsteiger in den Lehrerberuf: Anstatt in anderen Bundesländern zu werben, sei es "leichter in Bayern neue Lehrer zu gewinnen", hofft er.
Quereinsteiger sollen als Referendare beginnen und ein reguläres Staatsexamen machen
Gezielt angesprochen werden sollen Hochschulabsolventen von Physik bis Germanistik, gerne auch mit einigen Jahren Berufserfahrung. Die Interessenten sollen in den Schulen als Referendare beginnen und nach zwei Jahren und einer pädagogischen Zusatzausbildung mit einem regulären zweiten Staatsexamen vollwertige Lehrer werden können. Auf "250 Bewerber plus X" hofft der Minister pro Jahr.
Lehrerverbände: Quereinsteiger und Anwerbung von außerhalb "nur eine Notlösung"
Die Lehrerverbände reagierten skeptisch: Sowohl die Anwerbung von außerhalb wie auch die Quereinsteiger seien "nur eine Notlösung", findet etwa Michael Schwägerl vom Philologenverband. Stattdessen müsse die Attraktivität des Lehrerberufs gesteigert werden, um den Lehrermangel zu bekämpfen.

Piazolo verweist hier auf die Ankündigung der Söder-Regierung, auch in Grund- und Mittelschulen stufenweise die Besoldungsstufe A13 einzuführen, die aktuell bei monatlich gut 4.600 Euro beginnt. Zudem sollen bis zu 2000 Unterstützungskräfte etwa in Verwaltung und Sozialarbeit an den Schulen eingestellt werden.
Piazolo: Lehrermangel soll nicht zu Mehrarbeit oder zu größeren Klassen führen
Verpflichtende Mehrarbeit für Lehrer oder eine Einschränkung des weitreichenden Teilzeitanspruchs lehnt der Schulminister zur Bekämpfung des Lehrermangels ab: "Ich setze hier auf Freiwilligkeit", sagt er. Auch größere Klassen soll es in Bayern trotz des Personalmangels nicht geben.
In den letzten fünf Jahren habe die Staatsregierung bereits 5780 neue Lehrerstellen geschaffen, davon allein 1150 in diesem Jahr. Rund 15 Milliarden Euro wendet der Freistatt inzwischen für die Schulen auf. Die nun angekündigten 6000 zusätzlichen Stellen seien aber kein teures Wahlgeschenk, beteuert Piazolo: "Sie sind nötig, um die höheren Schülerzahlen in den nächsten Jahren abzufedern."