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Nach Angaben des Fischereiverbands Unterfranken enthielten die dieses Frühjahr untersuchten Aale rund 30 Pikogramm sogenanntes Toxizitäts-Äquivalent pro Gramm Frischgewicht (TEQ/g). Verkauft werden darf nur Aal mit höchstens 12 Pikogramm TEQ/g. Angler können den selbst gefangenen Fisch essen – „aber nur in Maßen“, empfiehlt Fischereiverbandspräsident Peter Wondrak.
Die sechs Proben mit jeweils drei Aalen wurden am 21. April bei Obertheres, Schweinfurt, Astheim, Frickenhausen, Randersacker und Würzburg aus dem Main gezogen. Nach Angaben einer Sprecherin des bayerischen Umweltministeriums wurden bayernweit Untersuchungen gestartet. Die Beprobung werde auch auf andere Flussfische und auf Seefische ausgeweitet.
In Unterfranken hat die Regierung nach Bekanntwerden der Ergebnisse die Kreisverwaltungsbehörden über die Kontamination informiert und angewiesen, die Mainfischer auf ihre Verantwortung und ihre Pflichten, die sie als Erzeuger beziehungsweise Verkäufer von Lebensmitteln haben, hinzuweisen. Ein Verkaufsverbot gibt es bislang nicht.
Dass der fettreiche Aal generell stärker als andere Flussfische mit den Umweltgiften Dioxin und PCB belastet ist, ist nicht neu. Neu sind die Kontaminationsgrenzwerte. Sie fußen auf einer EU-Verordnung vom Dezember 2006. Messungen in Baden-Württemberg, an Neckar, Rhein und an der Elbe ergaben ähnlich hohe Belastungen wie bei den Main-Aalen. Es handelt sich um ein bundesweites, ja vermutlich ein europaweites Problem.
Betroffen sind neben den Verbrauchern vor allem Berufsfischer und Angler. In Unterfranken mit dem Main als klassischem Aal-Fluss werden nach Angaben des Fischereiverbandes pro Jahr etwa 24 Tonnen Aal gefangen. Der größere Teil, etwa 15 Tonnen, werde in andere Bundesländer verkauft, etwa 10 000 Kilogramm werden in der Region verspeist, schätzt Wondrak.
Werner Schäfer (Aschaffenburg), stellvertretender Obmann der Berufsfischer im Fischereiverband Unterfranken, hat bisher rund 60 Prozent seines Umsatzes mit dem „Brotfisch“ Aal gemacht. „Jetzt brauche ich die Aale gar nicht mehr zu fangen“, sagt er. Denn ein Labor verlangt rund 300 Euro für die Untersuchung einer Probe. Und ohne Probe kann er nicht gewährleisten, dass der Grenzwert nicht überschritten ist.
Der Fischereiverband kritisiert den neuen Dioxin-Höchstwert für das Lebensmittel Aal. „Diese 12-Pikogramm-Grenze hebelt die gesamte Fließgewässerfischerei aus“, sagt Wondrak. Er warnt vor den ökologischen Folgen, denn die Berufsfischerei habe „eine wichtige Hegefunktion“. Im übrigen sei der Aal im Lebensmittelsegment ungefähr „so bedeutend wie die Weinbergsschnecke“, eine Verzehrempfehlung mit Mengenangabe wäre nach Wondraks Meinung sinnvoller.
Im Blickpunkt
Dioxin und dl-PCB
Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB) entstehen bei Verbrennungsprozessen und bei bestimmten Herstellungsprozessen. Sie reichern sich im Fettgewebe von Mensch und Tier an und gefährden die Gesundheit.