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München: "Man erntet, was man sät": Paul Knoblach eröffnet mit leidenschaftlichem Plädoyer für Demokratie den Landtag

München

"Man erntet, was man sät": Paul Knoblach eröffnet mit leidenschaftlichem Plädoyer für Demokratie den Landtag

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    Der unterfränkische Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach hatte zur Eröffnung des neuen bayerischen Landtags als Alterspräsident und Sitzungsleiter die Glocke in der Hand.
    Der unterfränkische Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach hatte zur Eröffnung des neuen bayerischen Landtags als Alterspräsident und Sitzungsleiter die Glocke in der Hand. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Um 15:08 Uhr geht es mit ein paar Minuten Verspätung endlich los: Der unterfränkische Grüne Paul Knoblach eröffnet als Alterspräsident die erste Sitzung des neuen bayerischen Landtags. Links und rechts von ihm auf dem Podium sitzen die beiden jüngsten - anwesenden - Abgeordneten: Franz Schmid (AfD) und - anstatt des am Morgen wegen Verdachts der Volksverhetzung verhafteten unterfränkischen AfD-Manns Daniel Halemba - der CSU-Abgeordnete Kristan von Waldenfels.

    "Ich habe viel Respekt vor dieser Aufgabe", hatte Knoblach bereits ein paar Tage vor der Sitzung im Gespräch eingeräumt. Als kurz nach der Landtagswahl am 8. Oktober klar gewesen sei, dass er als ältester der 203 neu gewählten Abgeordneten den Landtag eröffnen wird, hatte der 69-Jährige keinen Hehl daraus gemacht, mit dieser Verantwortung ein Stück weit zu ringen: "Ich wusste, es kommt auf mich zu, aber ich habe es zunächst etwas verdrängt", sagte er.

    Vor der Rede im Landtag besuchte Knoblach einen Gottesdienst in der Frauenkirche

    Schon am Sonntag war Knoblach mit seiner Ehefrau nach München gereist – "um sicher da zu sein", schließlich fährt er stets mit der Bahn. Am Wochenende hatte er sogar noch auf seinem Bauernhof gearbeitet: "Beim Arbeiten fließen bei mir die Gedanken." Vor Beginn der Sitzung stand für ihn zudem noch die Teilnahme an einem Gottesdienst extra für die Landtagsabgeordneten in der Münchner Frauenkirche auf dem Programm: "Ein wenig Besinnung bevor es losgeht, das finde ich als Katholik sehr gut."

    Zumal der Abgeordnete aus Garstadt (Lkr. Schweinfurt) zwar schon in seine zweite Wahlperiode geht, das ganz große Rampenlicht wie nun als Alterspräsident jedoch nicht wirklich kennt. Knoblach ist ein guter Redner und er gehört zu den Abgeordneten, die sich auch über ihr Fachgebiet hinaus Gedanken zu Politik und Gesellschaft machen. Einer der gerne laut das große Wort führt, ist der gelernte Altenpfleger und langjährige Bio-Bauer aber nicht.

    Das Amt des Alterspräsidenten ist inhaltlich klar definiert und zeitlich eng begrenzt: Namen der Mitglieder des Landtags aufrufen, Beschlussfähigkeit feststellen, Wahl der Landtagspräsidentin durchführen. Dann ist der Auftrag auch schon wieder vorbei. Am Freitag vor der Sitzung hatte Knoblach von der Protokoll-Abteilung des Landtags sogar noch eine kleine Einweisung in sein Kurzzeit-Amt bekommen: "Es war das sehr freundliche Angebot, einem Mann zu helfen, der solche Abläufe nicht kennt", erzählte Knoblach hinterher vergnügt: "Man hat mir zudem versichert, dass man mir auch während der Sitzung immer zu Seite steht."

    "Man erntet, was man sät" - das gelte auch in der Politik, warnt Knoblach

    Zu den protokollarischen Pflichten des Alterspräsidenten kommt aber noch die freiwillige Möglichkeit das ersten Wortes im Plenum in einer Rede konstruktiv zu nutzen. Und so legt Knoblach im Plenarsaal auch gleich los: Als Bauer habe er eine Sache gelernt, beteuert er am Rednerpult: "Man erntet, was man sät." Politisch übersetzt heiße das: "Wer Zwietracht sät, wird Misstrauen ernten." Knoblach spricht ruhig, aber mit Herzblut, bemüht sich um ausgewogene Worte. "Etwas emotional, aber nicht im Übermaß", so hatte er seine Rede Tage zuvor angekündigt.

    Knoblach hält vor allem ein leidenschaftliches Plädoyer für die Demokratie, für sachlichen Meinungsstreit und gegen Hass und populistische Polarisierung. "Auch unsere Demokratie kann zerbrechen", warnt er – und fordert von allen Abgeordneten: "Lasst uns bei der Wahrheit bleiben und sie nicht verdrehen." Gemeinsam Lösungen suchen, Stadt und Land nicht auseinander dividieren, andere Parteien nicht zum Feind erklären, fordert er vom bayerischen Parlament. Gleichzeitig gelte aber allen, "die die Demokratie abschaffen wollen, denen müssen wir uns in den Weg stellen".

    Die erste Rede im neuen Landtag: Ein leidenschaftliches Plädoyer für Demokratie

    Die Stimmung im Land sei deutlich aggressiver geworden, beklagt Knoblach: "Ich weiß, wovon ich spreche." Am Wahlkampfstand in der Schweinfurter Innenstadt hatte ihm im Sommer ein Mann mit einer "Kugel in den Kopf" gedroht und später auch seine Mitarbeiter bedroht. "Seitdem schaue ich mich immer um, wenn ich das Büro abschließe." Die AfD speziell ins Visier nimmt Knoblach in seiner Rede aber nicht: "Ich hoffe, dass ich Sätze finde, in denen man hört, wer gemeint ist", hatte er zuvor jedoch angekündigt.

    Einen unfreiwilligen Lacher produziert Knoblach noch: "In fünf Jahren werde ich 74 Jahre alt sein", sagt er, als ihn ein kurzer Huster schüttelt. "Und ich spüre, ich werde älter", fügt er zum Amüsement der Abgeordneten an. Breiter Applaus von Grünen, SPD, Freien Wählern und CSU ist dem Alterspräsidenten am Ende seiner Ansprache sicher. Nur nicht von der AfD: Nur einzelne neue Abgeordnete dort klatschen lustlos in die Hände. Die meisten der Parlamentarier Rechtsaußen sitzen stumm auf ihren Sesseln.

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