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MÜNCHEN: Notstand bei den Kinderärzten

MÜNCHEN

Notstand bei den Kinderärzten

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    Der bayerische Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Martin Lang, untersucht einen Jungen.
    Der bayerische Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Martin Lang, untersucht einen Jungen. Foto: Foto: Stefan Puchner, dpa

    Der Landtag will den politischen Druck auf die ärztliche Selbstverwaltung und die Bundespolitik erhöhen, um eine bessere Versorgung mit Kinderärzten in Bayern zu erreichen. „Denn es brennt in den Praxen an allen Ecken und Enden, in der Stadt und auf dem Land“, sagte der Freie-Wähler-Abgeordnete Karl Vetter im Rahmen eines Fachgespräches im Maximilianeum.

    Zwar gibt es auf dem Papier in allen bayerischen Landesteilen eine rechnerische „Überversorgung“ mit Kinderärzten – bezogen auf ein in den 1990er Jahren festgelegtes „angemessenes“ Verhältnis zwischen Kindern und Kinderärzten in einer Region. Dieses liegt etwa in Städten mit großem Einzugsgebiet bei rund 2400 Kindern pro Kinderarzt, in Räumen mit guter Nahversorgung in benachbarten Ballungsräumen bei 4300 Kindern pro Kinderarzt.

    83 Kinderarztpraxen gibt es in der Region

    Diese Planung sei bundesweit vorgegeben und durch die bayerische ärztliche Selbstverwaltung nicht zu beeinflussen, sagte Jochen Maurer von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). So sei es etwa nicht möglich, bei einer rechnerischen Versorgung von mehr als 110 Prozent die Neuansiedlung weiterer Kinderärzte zuzulassen.

    In Unterfranken liegt die rechnerische Versorgung überall über dieser Schwelle – zwischen 116 Prozent im Landkreis Rhön-Grabfeld und 235 Prozent in der Stadt Würzburg. In der Region gibt es damit insgesamt 83 Kinderarztpraxen – für rund 206.000 Kinder unter 16 Jahren.

    Maurer räumte ein, „dass man darüber diskutieren kann, ob dieser Versorgungsgrad noch angemessen ist“. Denn auch der KVB sei nicht entgangen, „dass es überall in Bayern viele Beschwerden etwa über Terminvergaben gibt“.

    Eine Formulierung, die aus Sicht von Dr. Martin Lang vom Kinderärzteverband Bayern bei Weitem nicht ausreicht, um die reale Situation in den Praxen zu beschreiben: Diese sei vielerorts „unerträglich“, viele Kinderärzte würden von Patientenanfragen „überrannt“, so Lang. In einer internen Befragung hätten von 188 Kinderarzt-Praxen 60 angegeben, wegen Überlastung keine Neugeborenen mehr als Patienten aufzunehmen. Sogar 95 Praxen lehnen demnach die Aufnahme älterer Kinder – etwa nach einem Umzug – ab.

    Jeder vierte Kinderarzt ist älter als 60 Jahre

    „Die Bedarfsplanung ist völlig überholt“, schimpft Kinderarzt Lang deshalb. Dies gelte umso mehr, als sich die Versorgungssituation in den nächsten Jahren weiter zuspitze: Schon heute ist fast jeder vierte Kinderarzt älter als sechzig Jahre.

    Ein Grund für die angespannte Situation in den Praxen seien die stark gestiegenen Anforderungen: Allein die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen sei in den letzten 25 Jahren von sechs auf 14 gestiegen. Die Zahl der vorgeschriebenen Impfungen wuchs in diesem Zeitraum von sieben auf bis zu 19, so die Kinderärzte.

    Auch stark zunehmende Krankheitsbilder wie Verhaltensstörungen seien in der Behandlung sehr zeitintensiv. Berufstätige Eltern bräuchten zudem häufiger Krankschreibungen, um ihre Kinder auch bei leichteren Erkrankungen zu Hause versorgen zu können, erklärte Kinderarzt Lang.

    Drängen auf Veränderungen

    Eine Realität, die in der Zahlenwelt der KVB nicht mehr abgebildet werde, kritisierten die in den Landtag geladenen Experten. Weil die Vorgaben und Budgets für Kinderärzte aber nur auf Bundesebene geändert werden können, waren sich die Gesundheitsexperten aller Fraktionen im Landtag einig, dort mit deutlich mehr Nachdruck auf Veränderungen zu drängen. Hier sei auch die Bayerische Staatsregierung gefordert.

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