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Würzburg: Piazolo: "Eine pauschale Senkung des Prüfungsniveaus wird es nicht geben"

Würzburg

Piazolo: "Eine pauschale Senkung des Prüfungsniveaus wird es nicht geben"

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    Schüler als Pandemie-Treiber? Das sieht Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nicht so, auch wenn Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten das gerade betont.
    Schüler als Pandemie-Treiber? Das sieht Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nicht so, auch wenn Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten das gerade betont. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Bundesweit fordern Schülersprecher eine Entlastung der Abschlussjahrgänge. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) aber hält das Niveau der bayerischen Abschlüsse weiter hoch und spricht sich klar gegen ein Absenken des Prüfungsniveaus aus. Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt er auch, warum jetzt Schulleiter entscheiden können, ob sie eine ganze Klasse nach Hause schicken, und warum er trotz Rekord-Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen Präsenzunterricht für sicherer hält als Distanzunterricht.

    Frage: Seit Mittwoch können Schulleiter bei Corona-Ausbrüchen eigenständig ganze Klassen nach Hause schicken. Bisher durfte darüber allein das Gesundheitsamt entscheiden. Weshalb die Neuregelung?

    Michael Piazolo: Die Schulleitungen können Distanzunterricht anordnen, etwa dann, wenn Präsenzunterricht aus organisatorischen Gründen nicht sinnhaft erscheint, weil die halbe Klasse infiziert ist. Quarantäne ordnet aber immer das Gesundheitsamt an. Wir haben derzeit die Situation, dass die Gesundheitsämter durch hohe Omikron-Zahlen an ihre Grenzen gekommen sind und deshalb auch weniger Kontaktverfolgung durchführen können. Um sie in ihrer Aufgabe zu unterstützen, haben wir präzisiert, dass die Schulleiter bei einem großen Ausbruch eine gesamte Klasse in den Distanzunterricht schicken können. Die Regelung greift bei etwa 50 Prozent betroffener Schüler.

    Meinen Sie 50 Prozent infizierte Schüler oder 50 Prozent quarantänepflichtige Schüler?

    Piazolo: Die Regelung greift grundsätzlich, wenn 50 Prozent der Schüler infiziert sind. Die 50 Prozent sind ein flexibler Richtwert. Letztlich ist es immer eine schulorganisatorische Entscheidung.

    Nehmen wir einen Fall aus Unterfranken, wo wegen Omikron von 24 Grundschulkindern einer Klasse drei doppelt geimpfte Kinder im Präsenzunterricht sind, drei infiziert sind und 18 in Quarantäne. Soll jetzt in so einem Fall der Schulleiter die gesamte Klasse in den Distanzunterricht schicken oder nicht?

    Piazolo: Das wäre ein Fall, in dem der Schulleiter jetzt Distanzunterricht anordnen kann, weil Unterricht mit drei übrig gebliebenen Schülern nicht mehr sinnvoll ist. Auch wenn in diesem Fall nicht wirklich 50 Prozent der Schüler infiziert sind.

    Angesichts der Omikron-Welle und starker Belastung der Lehrkräfte will der Bayerische Lehrer-und Lehrerinnenverband nicht "auf Biegen und Brechen am Präsenzunterricht festhalten". Sie schon?

    Piazolo: Uns bestätigen Schülerinnen und Schüler, Eltern und auch Kinderärzte, wie wichtig der Präsenzunterricht ist. Mir ist bewusst, dass gerade die Lehrkräfte über die letzten zwei Jahre mit besonderen Herausforderungen konfrontiert wurden. Ich habe den Eindruck , dass sie das hervorragend meistern. Tatsächlich sind in Bayern aktuell in 90 Prozent der Schulen immer noch alle Klassen im Präsenzunterricht. Das heißt, die Schule funktioniert. Es ist unser erklärtes Ziel, den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten. Das ist angesichts des hohen Sicherheitsnetzes, das wir an den Schulen haben, auch nach Einschätzung der Gesundheitsexperten aktuell noch zu verantworten.

    Der Virologe Christian Drosten hat am Mittwoch in der "Zeit" gesagt, dass "die Übertragungsnetzwerke im Moment aus dem Schulbetrieb gespeist werden". Gibt Ihnen das nicht zu denken?

    Piazolo: Wir haben eine ganze Reihe von Studien, die deutlich machen, dass das besondere Test-Regime an den Schulen – und da sind wir in Bayern ja Vorreiter – dazu beiträgt, die Corona-Wellen zu brechen und abzuflachen. Im Distanzunterricht blieben viele Schülerinnen und Schüler ungetestet. Es hat sich sehr bewährt, dass wir an den Schulen nicht nur testen, sondern durch das Testen an den Schulen Infizierte auch identifizieren.

    Aktuell sind auch in Bayern Testlabore am Limit. Kann Bayern an den PCR-Pooltests in Grundschulen festhalten?

    Piazolo: Ich freue mich, dass wir diese Möglichkeit haben. Wir sind neben Nordrhein-Westfalen das einzige Land, das diese PCR-Tests an Grund- und Förderschulen anbietet. NRW kann die Testungen gerade nicht mehr durchhalten, aber wir in Bayern können das. Es stehen ausreichend Tests zur Verfügung. Laut Gesundheitsministerium sind die entsprechenden Kapazitäten da. Das ist wichtig bei dieser vergleichsweise wenig geimpften Altersgruppe.

    Mit Blick auf eine Häufung von Schulaufgaben mitten in der Omikron-Welle haben Sie alle Lehrkräfte aufgefordert, mit Augenmaß zu hantieren, also Leistungen zu erheben, aber die Schüler nicht zu überfordern. Führt das nicht zu Ungerechtigkeiten, weil in der einen Schule die Anforderungen gesenkt werden, in der anderen möglicherweise aber nicht?

    Piazolo: Ich bin der Auffassung, dass unsere Lehrkräfte nicht nur jetzt, sondern schon immer mit Augenmaß handeln. Das ist insbesondere auch in der jetzigen Situation angebracht. Wir haben ja sehr unterschiedliche Situationen: Schulen, in denen Klassen ein- oder mehrfach in Quarantäne waren oder sind, und Schulen, die davon verschont blieben. Wir haben auch ein unterschiedliches Leistungsbild. Aber klar ist auch, der Leistungsstand an Schulen ist nie gleich, es war das auch vor Corona nicht. Völlige Gleichheit wäre eine Utopie. Überall exakt die gleichen Leistungen und die gleichen Anforderungen zu haben, das geht nicht. Unterschiede wird es immer geben, aber diese Unterschiede gleichen sich meines Erachtens im Laufe einer Schulkarriere aus.

    Wird angesichts quarantänebedingter Ausfälle und daraus folgender Lerndefizite das Niveau der Abschlussprüfungen an Bayerns Schulen der Lernrealität angepasst?

    Piazolo: Wir haben in den letzten Jahren bei den Abschlussprüfungen genau darauf geschaut, dass die Bedingungen fair waren. Und anders als im letzten Schuljahr haben wir in 2021/22 bisher durchgehend Präsenzunterricht, auch wenn es an etlichen Schulen Quarantäne-Zeiten gab. Manche Schüler haben für die Schule sogar mehr Zeit als sonst, weil andere Aktivitäten wie etwa Ausflüge oder Klassenfahrten nicht stattgefunden haben. Uns ist mit Blick auf die Abschlussprüfungen wichtig, dass das Vorbereitungsniveau an den Schulen gleichwertig ist. Zur Unterstützung haben wir für alle Schülerinnen und Schüler das Programm "Gemeinsam Brücken bauen" aufgelegt, das Leistungsdefizite ausgleicht.

    Kann man Ihre Antwort so interpretieren, dass Sie das Niveau der Abschlussprüfungen nicht senken werden?

    Piazolo: Im letzten Jahr hatten wir Abschlussprüfungen auf einem hohen Niveau. Wir haben kenntlich gemacht, welche Stoffgebiete in den Prüfungen drankommen. Eine pauschale Senkung des Prüfungsniveaus hat es nie gegeben und wird es nicht geben. Wir wollen faire Prüfungsbedingungen für alle und haben das in den letzten zwei Jahren bewiesen, dass wir das gut hinbekommen haben.

    Aber wie gehen faire Bedingungen, wenn etwa das eine Gymnasium auf dem Land keine Ausfälle hatte und das andere Gymnasium in der Stadt eine Reihe von Quarantäne-Ausbrüchen?

    Piazolo: Aber das gibt es doch sonst auch. Auch in Nicht-Corona-Zeiten gab es in der einen Schule Ausfälle - wegen Schnee, wegen Grippe, wegen Erkrankung des Lehrers. Die Ausfälle durch die Pandemie sind für die Schulen in dieser Form zwar etwas Neues, aber vom Grundsatz her nicht. Die Lehrkräfte haben ihre Schüler schon immer verantwortungsbewusst auf Abschlussprüfungen vorbereitet und ich bin mir sicher, sie werden dies auch weiterhin tun.

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