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München: Staatssekretär Kirchner zur Bezahlkarte für Asylbewerber: "Versprechen uns schon, damit bestimmte Anreize zu reduzieren"

München

Staatssekretär Kirchner zur Bezahlkarte für Asylbewerber: "Versprechen uns schon, damit bestimmte Anreize zu reduzieren"

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    Bei der Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geht Bayern einen Sonderweg. Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) will auf diese Weise falsche Asylanreize reduzieren.
    Bei der Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geht Bayern einen Sonderweg. Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) will auf diese Weise falsche Asylanreize reduzieren. Foto: Archivbild: Josef Lamber

    Statt Bargeld sollen Asylbewerber künftig überall in Deutschland digitales Geld auf einer Debit-Karte bekommen. In Bayern ist Innenstaatssekretär Sandro Kirchner aus Burkardroth (Lkr. Bad Kissingen) für die Einführung zuständig. Am Rande einer Sitzung des Landtags in München erklärt der 48-Jährige, warum Bayern bei der Asylkarte einen Sonderweg geht, der härter und schneller sein soll.

    Frage: Die Bezahlkarte für Asylbewerber soll laut Ministerpräsident Markus Söder in Bayern „schneller und härter“ kommen als anderswo in Deutschland. Warum dieser bayerische Sonderweg?

    Sandro Kirchner: Wir sind überzeugt: Diese Karte brauchen wir schnellstmöglich in Bayern. Der Bund hat mit 14 Bundesländern dagegen erst jetzt festgelegt, dass er so eine Karte überhaupt will. Wir sind da schon viel weiter. Wir sind bereits mitten im Vergabeverfahren und werden schon Ende März mit mehreren Pilotkommunen starten.

    Und was macht die Bezahlkarte in Bayern „härter“?

    Kirchner: Der Bund orientiert sich zwar an der bayerischen Ausschreibung. Wir werden aber mit unserer eigenen Karte bei unseren Vorgaben deutlich konsequenter sein. Bei unserer Bezahlkarte kann die Nutzung zum Beispiel auf einen Postleitzahlbereich beschränkt werden. Die bayerische Karte lässt auch keine Überweisungen oder Geldtransfers zu und sie schließt auch Online-Käufe aus.

    Wie sieht es mit Bargeld-Abhebungen mit dieser Karte aus?

    Kirchner: Man wird einen kleinen Anteil des Geldes bar abheben können. Dieser Betrag ist auf 50 Euro limitiert – das ist etwas mehr als zehn Prozent des monatlichen Asyl-Regelsatzes für eine Einzelperson von 460 Euro.

    Erklärtes Ziel der Karte ist es, Asylanreize zu beseitigen – etwa Geldüberweisungen in die Heimatländer. Sind diese Geldtransfers wirklich ein großes Problem?

    Kirchner: Alle Bundesländer sind sich einig, dass das für den Lebensunterhalt gedachte Geld nicht in andere Kanäle verschwinden soll. Es ist verständlich, Geld nach Hause schicken zu wollen. Aber dies widerspricht dem tatsächlichen Hilfszweck. Diese Möglichkeit ist deshalb künftig nicht mehr gegeben. Wir versprechen uns schon, damit bestimmte Anreize zu reduzieren.

    Richtig ist auch, dass Flüchtlinge oft viel Geld für Schleuser ausgeben – und oft auch noch nachträglich bezahlen müssen. Die für den Lebensunterhalt gedachten Gelder können künftig dafür nicht mehr verwendet werden, weil Geldtransfers und Überweisungen ausgeschlossen sind.

    Wie soll die Karte konkret funktionieren? Ist etwa auf dem Land sichergestellt, dass es genug wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten gibt?

    Kirchner: Für den Asylbewerber ändert sich eigentlich nicht viel. Er hat das gleiche Geld verfügbar – nur eben hauptsächlich auf der Debit-Karte und nicht mehr in bar. Er geht damit wie Sie und ich etwa zum Discounter, kauft dort ein und bezahlt an der Kasse mit der Karte.

    Und wenn man etwa in der Rhön mit einem Bus ohne Fahrkartenautomat unterwegs ist und das Ticket beim Busfahrer kauft oder einen Kaffee trinken will, dafür gibt es dann die 50 Euro Bargeld, die man mit der Karte abheben kann. Man muss sich sein Leben dafür ein wenig organisieren. Aber auch in meiner Heimat in der Rhön kann man an sehr vielen Orten mit der Karte bezahlen.

    Viele kleine Läden wie Bäcker oder Metzger bieten keine Debit-Zahlungen an. Ist in diesen Läden dann für Asylbewerber faktisch kein Einkaufen mehr möglich?

    Kirchner: Nein, man kann weiter überall einkaufen. Man muss sich nur überlegen, wo man mit dem Bargeld und wo man mit der Karte bezahlen kann.

    Sie wollen den Einsatz der Karte auf den Aufenthaltsbereich des Asylbewerbers beschränken. Was ist der Grund dafür?

    Kirchner: Asylbewerber unterliegen bundesrechtlichen Beschränkungen, das heißt, sie dürfen teils den Landkreis nicht verlassen. Deshalb ist es nur konsequent, dass die Karte auch nur dort einsetzbar ist, wo sich der Asylbewerber aufhalten darf. Das Geld, das auf der Karte verfügbar ist, bleibt zudem bis zum Ausgeben im Zugriff der zuständigen regionalen Behörde. Das heißt: Wenn die Karte verloren geht, ist das Geld nicht weg, sondern kann erneut bereitgestellt werden. Wenn die Person untertaucht oder verschwunden ist, sich also dem Staat entzieht, kann das Geld auf der Karte aber auch sofort gesperrt werden.

    Warum sollen keine Online-Käufe mit der Karte möglich sein?

    Kirchner: Mit Bargeld konnte man auch keine Online-Käufe machen – also ist die Karte hier kein Nachteil. Wir können zudem bestimmte Online-Käufe gezielt freischalten – zum Beispiel für das 49-Euro-Ticket der Bahn. Das wird man mit unserer Karte online kaufen können.

    Sie versprechen auch den Kommunen Entlastung durch die Karte. Inwiefern?

    Kirchner: Die Behörden müssen aktuell sehr umständlich Bargeld organisieren, in größeren Kommunen auch größere Mengen, um dieses Geld dann direkt in Ausländerbehörden, Sozialämtern oder in den Rathäusern auszubezahlen. Dieser Aufwand wird künftig entfallen.

    Zukünftig wird die Karte einmal konfiguriert für die jeweilige Person. Es wird auch weiter jeden Monat bei der Freischaltung des Geldes den persönlichen Kontakt in der Behörde geben, das ist auch wichtig. Aber es muss kein Geld mehr organisiert, abgesichert und ausbezahlt werden, weil dies dann alles digital abläuft.

    Anders, als in anderen Bundesländern offenbar geplant, übernimmt der Freistaat Bayern zudem die kompletten Kosten für die Einführung und den Betrieb der Karte. Die Kommunen haben damit also auch keinerlei finanzielle Belastung.

    Der Modellversuch soll bald starten. Wann ist die flächendeckende Einführung auch in Unterfranken geplant?

    Kirchner: Die Pilotversuche wollen wir Ende März starten. Die Pilotregionen Günzburg, Fürstenfeldbruck, Traunstein und Straubing liegen alle in Südbayern, weil wir in der Pilotphase kurze Wege brauchen, um die Dinge voranzubringen. Im zweiten Quartal 2024 wird die Bezahlkarte dann Bayern weit ausgerollt – auch in allen Landkreisen und Städten in Unterfranken.

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