Wird die umstrittene Wechselstromleitung "P43" von Mecklar in Hessen nach Bergrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) in der neuen Bedarfsplanung des Bundes für den Strom-Netzausbau enthalten sein? Davon geht zumindest Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) aus: "Ich bin überzeugt, dass dafür in Berlin die Würfel gefallen sind", sagte er nach einem Treffen mit unterfränkischen Politikern im Landtag in München. Das neue "Bundesbedarfsplangesetz" soll Ende November im Bundestag beschlossen werden.
Aus Aiwangers Sicht ist damit ein Bau der Trasse aber noch längst nicht ausgemachte Sache: "Die Planungen stehen noch jahrelang im Raum, bis die Bagger rollen", glaubt er. Technische Änderungen und ein Ausbau regionaler Stromerzeugung in Bayern könnten die Leitung zudem "bald schon überflüssig machen".
Töpper: Aiwanger soll Alternativen zu P43 intensiv prüfen
Nur darauf zu hoffen, dass sich das Problem von selbst löst, reicht den Politikern aus der Region allerdings nicht aus: "Ich erwarte vom bayerischen Wirtschaftsminister, dass er alle Alternativen zu P43 intensiv prüft", forderte etwa Schweinfurts Landrat Florian Töpper (SPD) nach dem Gespräch: "Das Ergebnis heute kann mich jedenfalls nicht zufrieden stellen."

Der Bad Kissinger CSU-Landtagsabgeordnete Sandro Kirchner stellt aufgrund einer höheren Kapazität der SuedLink-Trasse zudem infrage, ob die Leitung P43 überhaupt noch gebraucht wird. Falls aber die Notwendigkeit bestätigt werde, müsse die alternative Route "P43mod" durch Hessen wieder forciert werden: "Die Region erwartet von Aiwanger, dass er diese Punkte jetzt aufnimmt, prüft und auch in Berlin ernsthaft vertritt", sagt Kirchner. Das Gespräch mit dem Minister sei in diesem Sinn jedoch "konstruktiv" gewesen.

Hat sich Aiwanger von Hessen über den Tisch ziehen lassen?
Die Schweinfurter CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber hatte Aiwanger allerdings bereits im September dafür verantwortlich gemacht, dass P43 überhaupt noch auf der Tagesordnung steht. Hintergrund: Im Juni 2015 hatte der damalige CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin durchgesetzt, Alternativen für diese und eine weitere Leitung aus Thüringen ("P44") zu finden, um den Netzknoten Bergrheinfeld zu entlasten.

Im Sommer 2019 einigte sich Aiwanger jedoch mit seinen Amtskollegen aus Thüringen und Hessen auf einen neuen Kompromiss: P44 fällt komplett weg, dafür wird P43 durch Unterfranken gebaut – möglichst unter der Erde. Der Minister sprach damals von einer "großen Entlastung für Unterfranken". Aiwanger habe sich vor allem von den Hessen über den Tisch ziehen lassen, findet man dagegen in der CSU.
Freie Wähler schieben "Schwarzen Peter" zur CSU
Doch die Freien Wähler schieben den Schwarzen Peter für P43 nun an die Abgeordneten der CSU zurück: Aiwanger könne an der Bedarfsplanung des Bundes gar nichts ändern, glaubt etwa FW-Fraktionschef Florian Streibl. Er sagt, die CSU-Bundestagsabgeordneten seien gefordert, hier Verbesserungen zu erreichen.
In der Bundesregierung heiße es aber nur: "Euer Aiwanger hat P43 doch zugestimmt", entgegnet Weisgerber. Der FW-Chef müsse deshalb den Kampf gegen die Trasse endlich auch zu seiner Sache machen. "Wir müssen mit Wucht und mit einer Stimme sprechen, nur dann können wir in Berlin was erreichen", fordert die Schweinfurter CSU-Bundestagsabgeordnete.
"Wir müssen mit Wucht und mit einer Stimme sprechen."
Anja Weisgerber, CSU-Bundestagsabgeordnete aus Schweinfurt
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beteuert immer wieder, seine Regierung aus CSU und Freien Wählern stehe "ohne Wenn und Aber" hinter dem Netzausbau in Bayern. "Wir brauchen neue Trassen, aber wir haben deutliche Verbesserungen erreicht für die Bürger", lobte er etwa im Sommer 2019. In Söders Fokus liegt wohl aber vor allem der Ausbau der SuedLink-Trasse.
Drohen neue Klagen auch gegen SuedLink?
Doch neue Klagen gegen SuedLink in Unterfranken scheinen nicht ausgeschlossen, sollten die Bedenken gegen P43 in Berlin nicht gehört werden. Eine Überbelastung könne man "in der Region nicht einfach hinnehmen", warnt etwa die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär: "Ich habe daher volles Verständnis dafür, dass sich unsere Landkreise weiterhin den Rechtsweg offen halten."

Auch wenn P43 nun tatsächlich in die Bedarfsplanung komme, sei dies "kein Grund die Flinte ins Korn zu werfen", findet jedenfalls Landrat Töpper. Die Region sei sich in der Ablehnung dieser Trasse einig: "Der Kampf wäre auch dann sicher nicht zu Ende."