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BAD KISSINGEN: „Dinkel ist das beste Getreide“

BAD KISSINGEN

„Dinkel ist das beste Getreide“

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    Geheimnis Dinkel: Das alte Getreide erlebt seit einigen Jahren eine echte Renaissance. Es gilt als besonders robust, unempfindlich für Umwelteinflüsse und besonders schmackhaft. Sigrid Jäger schwört in ihrer basischen Küche darauf.
    Geheimnis Dinkel: Das alte Getreide erlebt seit einigen Jahren eine echte Renaissance. Es gilt als besonders robust, unempfindlich für Umwelteinflüsse und besonders schmackhaft. Sigrid Jäger schwört in ihrer basischen Küche darauf. Foto: Foto: Siegfried Farka

    Die neue leichte basische Küche, wie die Ernährungsberaterin Sigrid Jäger sie in ihrem Kochbuch vorschlägt, steht und fällt mit guten Ausgangsprodukten. Sie empfiehlt Bio-Produkte, allen voran Bio-Butter und Bio-Sahne, Bio-Schmand, Bio-Creme fraiche oder Soja-Sahne. „Keine Angst um das Gewicht. Dadurch dass die versteckten Fette in Wurst und Fleisch und in Fertigprodukten wegfallen und der Körper gut mit Nährstoffen versorgt ist, habe ich in kürzester Zeit über zehn Kilo abgenommen. Dazu gute Gewürze, ein gutes Bio-Meersalz und Kräutersalz. „Mit einem schmackhaften Kräutersalz steht und fällt die basische Küche, vor allem, wenn man die Familie durch langsame und vorsichtige Umstellung begeistern will“, sagt sie.

    Vor allem aber ist die Bedeutung von Dinkel in Jägers basischer Küche eine Neuerung. Dinkel, das klingt nach wenig schmackhafter Vollkornkost, nach trockenem Gebäck, nach gesundem, aber nur unter Überwindung verzehrbaren Kornmüslis. „Nein“, lacht Sigrid Jäger, „so ist das ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Der Dinkel ist zwar ungemein gesund, enthält viele Spurenelemente, Mineralien, Vitamine und sonstige Vitalstoffe, aber er rundet jedes Gericht mit seinem kernigen, nussigen Geschmack ab. Er hebt den Eigengeschmack von Gemüse hervor. Wenn man so will, ist er ein natürlicher Geschmacksverstärker.“

    Dinkel spielt sozusagen die Hauptrolle bei Jäger. Sie benutzt ihn zum Backen, für Pfannkuchen, Müsli, ja sogar für Klöße statt Kartoffelmehl, er dient zum Binden von Soßen und zum Panieren, zum Ersetzen eines Fleischanteils in Fleischküchle oder gefüllten Paprika. „An eine Soße gehört Sahne und geröstetes Dinkelmehl, das schmeckt hervorragend, mehr braucht man nicht. Wenn Sie basisch kochen, werden die Schränke leer, weil sie nicht lauter Spezial- oder Fertigprodukte brauchen. Vergessen Sie Soßenbinder!“

    „Er verschafft rechtes Fleisch und gutes Blut.“

    Hildegard von Bingen über Dinkel

    Mit dieser Wertschätzung des alten Getreides steht sie nicht allein. Seit Jahren genießt das lange in Vergessenheit geratene Getreide eine Renaissance, vor allem im ökologischen Anbau. Auch in der Region findet er auf den Feldern wieder Beachtung. Dinkel war jahrtausendelang das Grundgetreide in Europa – bis ins 20. Jahrhundert hinein. In Deutschland blies in den 30er Jahren die nationalsozialistische Regierung zum Angriff. Obwohl robust gegenüber Klima und Boden, selbst an ungünstigen Standorten, erwies er sich als zu wenig ertragreich gegenüber Weizen. Heute ist sortenreiner Dinkel (Urdinkel) kaum zu bekommen, meist ist Weizen eingekreuzt.

    Dabei ist Dinkel deutlich vitamin- und wertstoffreicher. Die heilkundige Äbtissin aus dem zwölften Jahrhundert, Hildegard von Bingen, deren Erkenntnisse über Naturheilkunde wie Dinkel wiederentdeckt werden, nannte Dinkel „das beste Getreide, fettig und kraftvoll und leichter verträglich als alle anderen Körner. Es verschafft dem, der es isst, ein rechtes Fleisch und bereitet ihm gutes Blut. Die Seele des Menschen macht er froh und voll Heiterkeit. Und wie immer zubereitet man ihn isst, sei es als Brot, sei es als andere Speise, ist er gut und lieblich und süß.“ Sigrid Jäger, die sich ebenfalls auf Hildegard von Bingen und ihre Ratschläge beruft, glaubt, dass sich an dieser wohltuenden Wirkung nichts geändert hat. „Des Urdinkels wohlgemerkt, nicht des mit Weizen eingekreuzten Korns, wie es heute handelsüblich ist.“ Annegret Hager vom Verbraucherservice Bayern sieht die Bedeutung des Dinkels vor allem, wenn es um Weizenunverträglichkeit geht, die weitverbreitet ist. „Manche Leute vertragen Dinkel besser. Glutenfrei ist Dinkel aber nicht.“

    Dennoch erlebt Dinkel eine Renaissance. Nicht nur bei Naturkost-Freaks: Die Fußballer der deutschen Nationalmannschaft werden vor einem Spiel mit einer kohlenhydratreichen Mahlzeit versorgt, die oft aus Dinkelnudeln besteht. Das gilt auch für viele andere Sportler. In Bäckereien sind immer mehr Dinkelprodukte anzutreffen, selbst Bier wird gebraut.

    Die Distelhäuser Brauerei aus dem Main-Tauber-Kreis zum Beispiel bietet ein Saisondinkelbier an, das gebraut wird wie Weizenbier. Dafür erhielt sie beim „European Beer Star Award 2011“ eine Goldmedaille und den ersten Platz in der Sparte der „obergärigen Biere mit alternativen Getreidesorten“. Seit 2007 bietet die Brauerei das Bier an, etwa ein Dreivierteljahr wurde getüftelt. Die Auszeichnung sei eine Bestätigung dafür, Qualität und Neues auf der Basis des traditionellen Handwerks und regionaler Produkte zu produzieren, so Geschäftsführer Roland Andre.

    Im Landkreis Schweinfurt werden seit einigen Jahren auf dem ökologisch geführten Gut Obbach im Auftrag des Freistaats Landessortenversuche mit Dinkel unternommen, um Anbau und Erträge beurteilen zu können. Das Gut steht auch als Dienstleister für Ökobetriebe der Region zur Verfügung, um Saatgut aufzubereiten und Getreide zu lagern.

    Dinkel

    Das uralte Kulturgetreide war bis ins 20. Jahrhundert das wichtigste Brotgetreide. Dinkel ist eine Kreuzung aus Emmer und Zwergweizen. Dinkel enthält rund 28 Prozent unverdauliche Spelzen. Sie schützen das Korn und machen den Dinkel unempfindlicher gegen Pilz- und Unkrautbefall. Deshalb muss er weniger gespritzt werden, wird deshalb vor allem im Öko-Anbau eingesetzt. Er liefert nur etwa die Hälfte von modernen Weizensorten an Ertrag, davon müssen noch die Spelzen abgezogen werden. Dinkelmehl spielt in Jägers Küche eine große Rolle – aus Urdinkel, nicht aus handelsüblichen mit Weizen gekreuzten Sorten. Das sind heute Oberkulmer Rotkorn, Franckenkorn und Schwabenkorn.

    Ein Rezeptbeispiel aus Sigrid Jägers basischer Küche: Panierter Schafskäse (geht auch mit Fleisch, Geflügel oder Fisch). Schafskäse im gerösteten Dinkelmehl wenden und in reichlich gutem Öl goldgelb braten. Kein Ei verwenden, sonst wird die Panade zu dick. Noch ein Tipp: Bratkartoffeln vor dem Fertigwerden mit etwas gerösteten Dinkelmehl überstäuben und wenden. Sie werden besonders knusprig und rösch.

    Geröstetes Dinkelmehl herstellen: Ein Kilo Dinkelkörner eine Stunde bei 90 bis 100 Grad im Backofen rösten und unbedingt etwa acht Stunden auskühlen lassen und mahlen. Wem das zu viel Aufwand ist, geröstetes Dinkelmehl gibt es anlässlich des Erscheinens von Jägers Kochbuch in den Geschäftsstellen dieser Zeitung in Würzburg und Schweinfurt und im Online-Shop unter shop.mainpost.de

    Das Buch: Sigrid Jäger: Der neue Trend – basisch kochen, Main-Post 2012, 7,95 Euro.

    Das Buch gibt es in den Geschäftsstellen und im Onlineshop.

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